Thomas Fahey, Senior Global Macro Strategist, Loomis, Sayles & Company
"Eine der größten Überraschungen des ersten Halbjahres war für uns der Rückgang der Renditen von US-Staatsanleihen und Bundesanleihen. Dies hatte zur Folge, dass nahezu alle Segmente der Anleihenmärkte hervorragende Erträge generieren konnten. Sogar 30-jährige US-Staatsanleihen haben sich mit einem Plus von zwölf Prozent zuletzt besser entwickelt als Aktien, denn der S&P 500® hat im gleichen Zeitraum lediglich sechs Prozent hinzugewonnen (Stand: 20.06.2014). Nur sehr wenige Experten hatten erwartet, dass sich Anleihen im Jahr 2014 besser entwickeln würden als Aktien.
Allerdings dürften ähnlich positive Erträge in der zweiten Jahreshälfte ausbleiben. Stattdessen sollten die Renditen infolge der positiveren Wirtschaftsdaten und des größeren Kaufinteresses an Risikopapieren weltweit wieder kräftig anziehen. Denn offenbar vollzieht die Inflationstendenz in den USA sowie in anderen Industriestaaten inzwischen eine Bodenbildung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) klettert dabei wieder nach oben. So hat die Bank of England bereits signalisiert, dass schon für 2015 erste Zinsanhebungen möglich sind. Gleichzeitig erwarten wir, dass auch die US-Notenbank den Markt mit Blick auf das Jahr 2015 auf Zinserhöhungen vorbereiten wird. Diese Faktoren dürften zu steigenden Zinsen der globalen Anleihekurse führen. Dies wiederum könnte niedrigere Gesamterträge im zweiten Halbjahr 2014 ergeben.
Künftige Geldmarktpolitik der Fed
Wir gehen nicht von einer Anhebung des Leitzinses durch die US-Notenbank vor Ende 2015 aus. Doch allein in Erwartung höherer Kurzfristzinsen könnten andere Segmente der Zinskurve früher wieder zulegen. Die US-Wirtschaft dürfte auf Zinsanhebungen ungewohnt empfindlich reagieren. Deshalb wird die Fed die Zinsen vermutlich nur sehr langsam nach oben schleusen – vielleicht bei jeder Sitzung des Offenmarktausschusses um 25 Basispunkte. Solange nicht klar ist, ob die Wirtschaft diese verschärfte Geldmarktpolitik verkraftet, dürften die Währungshüter ihre Aktivitäten nicht beschleunigen. Übrigens ist die zuletzt nachhaltige Wachstumsrate der US-Wirtschaft inzwischen gesunken. Die Fed dürfte die Zinsen im Rahmen dieses Zyklus lediglich schrittweise erhöhen. Die US-Notenbank wird zudem den Aufwärtstrend umgehend wieder stoppen, sobald der US-Leitzins die 3%-Marke überschreitet. Wir rechnen also für die nächsten sechs bis neun Monate bei 10-jährigen Papieren mit einer Rendite von etwa 3,0% bis 3,25%.
Zinstendenz
Am deutlichsten dürften die Langfristzinsen in den weltweit stabilen Volkswirtschaften steigen. Obwohl die Konjunktur in China derzeit an Fahrt verliert, dürften die meisten asiatischen Notenbanken die Zinsen erhöhen. Neuseeland, Kolumbien und Südafrika könnten ihre Geldmarktpolitik in den kommenden sechs bis neun Monaten am deutlichsten verschärfen. Gleichzeitig sollten die monetären Zügel auch in Brasilien, der Türkei und Indien wieder angezogen werden. Aufgrund des politischen Drucks in diesen Ländern könnten konkrete Zinsanhebungen aber noch etwas aufgeschoben werden.
In Europa werden die Zinsen hingegen vermutlich niedrig bleiben, weil die EZB ihre lockere Geldmarktpolitik noch vier weitere Jahre beibehalten möchte. Außerdem könnte ein quantitatives Lockerungsprogramm die Renditen von Staatsanleihen noch zusätzlich nach unten treiben. Norwegen, Schweden sowie einige osteuropäische Staaten mit derzeit mäßiger Inflation könnten die Zinsen noch weiter senken. Innerhalb dieser Region bildet Großbritannien eine Ausnahme. Dort gibt es Überlegungen, die Zinsen bereits Anfang 2015 – und damit noch vor der US-Notenbank – wieder zu erhöhen. Was Japan betrifft, rechnen wir nicht mit einer Anhebung der Zinsen auf absehbare Zeit. Vielmehr könnten dort sogar in Zukunft weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen umgesetzt werden.
Volkswirtschaftliche Risiken, die man im Blick haben sollte Geopolitische Risiken sehen wir beim Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Es gibt jedoch noch weitere politische Brandherde, etwa die Lage im Irak und der damit verbundene Anstieg der Ölpreise. Besonders aufmerksam beobachten wir auch die Entwicklung im südchinesischen Meer. So gibt China derzeit am meisten Anlass zur Sorge. China muss derzeit zweifellos mit einer massiven Überschuldung fertig werden. Da das Bankensystem von der Regierung nicht nur gesteuert, sondern auch gestützt wird, hat China in nur kurzer Zeit hohe Schulden angehäuft. Aufgrund dieser staatlichen Kontrolle ist jedoch ein weiterer Zusammenbruch einer Bank ähnlich wie der Fall der Lehman Brothers eher unwahrscheinlich. Allerdings müssen sich die Chinesen permanent zwischen einem Schuldenabbau einerseits und der Ankurbelung ihrer Wirtschaft andererseits entscheiden. Im Moment vermeiden sie allerdings einen zügigen Schuldenabbau, der mit unangenehmen Folgen verbunden wäre.
Derzeitige Anlagechancen
Einige Segmente der Schwellenländermärkte weisen zurzeit hohe Risikoprämien auf, von denen Anleger in den nächsten 12 bis 18 Monaten profitieren dürften. Uns gefallen dabei besonders Schwellenländer-Unternehmensanleihen in US-Dollar. Insbesondere die Lokalwährungsanleihen vieler Schwellenländer, bieten derzeit sehr hohe nominale Renditen. Anleger sollten bei diesen Papieren allerdings auch das Währungsrisiko berücksichtigen. Wir sehen zudem Anlagechancen beim europäischen Bankensektor, weil sich dieser weiter erholt und sukzessiv Schulden abbaut."