Nach beispiellosen Hilfs- und Stimuluspaketen: Ist die gestiegene Staatsverschuldung langfristig tragbar?

Invesco | 23.10.2020 12:04 Uhr
John Greenwood, Invesco-Chefökonom / © Invesco
John Greenwood, Invesco-Chefökonom / © Invesco
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Die globalen Regierungen haben auf die Covid-19-Pandemie reagiert, indem sie beispiellose Hilfs- und Stimuluspakete geschnürt haben, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Gleichzeitig sind die Steuereinnahmen eingebrochen. Dadurch ist die Staatsverschuldung enorm gestiegen. Unterdessen haben sich Unternehmen die nötige Liquidität gesichert, um die Krise zu überstehen, indem sie Kreditlinien bei Banken ausgeschöpft oder Unternehmensanleihen begeben haben. Invesco-Chefökonom John Greenwood geht davon aus, dass der private Sektor seine Schulden in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder zurückführen wird, die staatliche Schuldenlast aber noch viele Jahre erhöht bleiben wird.

Regierungen in aller Welt müssen sich auf eine Gratwanderung einstellen: Auf der einen Seite müssen sie versuchen, ihre rekordhohen Haushaltsdefizite wieder zu reduzieren, auf der anderen aber die Wirtschaft auf den Wachstumspfad zurückführen. Greenwood zufolge stellen sich aus Anlegersicht vor diesem Hintergrund drei zentrale Fragen: Ist der Anstieg der Staatsverschuldung tragbar? Wie groß wird die Last sein, die Steuerzahler dadurch in Zukunft zu schultern haben werden? Und ist eine Rückkehr der Volkswirtschaften auf einen normalen Wachstumspfad in absehbarer Zeit denkbar?

Nach zehn Jahren des Schuldenabbaus im Nachgang der globalen Finanzkrise hat der Covid-19-Schock dazu geführt, dass die Verschuldung des privaten Sektors in den USA von Q4 2019 bis Q2 2020 von 224% auf 262% hochgeschnellt ist. Im gleichen Zeitraum hat sich die US-Staatsverschuldung von 102% auf 131% erhöht, wobei der pandemiebedingte Anstieg der Schuldenquote im Verhältnis zum BIP sowohl auf die höhere Kreditaufnahme (im Zähler) als auch auf den Einbruch des BIP (im Nenner) zurückzuführen ist. Der Chefökonom von Invesco rechnet damit, dass sich das BIP in den USA bis zum Jahresende auf rund 95% des Niveaus vor Ausbruch der Pandemie erholen wird. Damit würde der Nenner größer, wodurch die Schuldenquote wieder sinken würde.

Allerdings geht er davon aus, dass der Rückgang der Schuldenquote im öffentlichen Sektor geringer ausfallen wird als im privaten Sektor. Beim Anstieg der Privatsektorschulden handele es sich generell um einen Anstieg der Bruttoschulden, da die Unternehmen Kredite aufgenommen hätten, um sich genug Liquidität für die Dauer der Pandemie zu beschaffen. Dagegen handele es sich bei den zusätzlichen, schuldenfinanzierten Staatsausgaben größtenteils um direkte Barmittelabflüsse ohne Aussicht auf eine Rückzahlung. Daher werde der größere Schuldenberg hier von Dauer sein.

Mit Blick auf die Frage nach der Tragfähigkeit der zusätzlichen Verschuldung stellt der Chefökonom von Invesco in Frage, wie sinnvoll die Regeln, die in der Vergangenheit in Phasen höherer Zinsen und Inflation aufgestellt wurden, heute noch sind – zum Beispiel die im Maastricht-Vertrag festgelegte Obergrenze für die Gesamtverschuldung der EU-Mitgliedstaaten von 60% in Relation zum BIP.

„Die seit einigen Jahren und vermutlich auch künftig weiterhin niedrige Inflation und sehr niedrige Zinsen sprechen dafür, dass eine höhere Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP akzeptabler sein könnte als in der Vergangenheit, solange die Geldpolitik für einen anhaltend geringen Inflationsdruck sorgt und die staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft minimal gehalten werden, um eine optimale Allokation privaten Kapitals und privatwirtschaftlicher Ressourcen zu ermöglichen. Dadurch würden die Regierungen mit einem höheren BIP-Wachstum auch wieder höhere Einnahmen erzielen.“

Wenn beide Regeln beachtet werden, hält Greenwood es für möglich, dass die Industrieländer ihren Verschuldungsgrad im Verhältnis zum BIP bei jährlichen Haushaltsdefiziten von 2-3% des BIP reduzieren können. „Regierungen zahlen ihre Schulden, wenn überhaupt, nur selten zurück“, sagt er. „Auch wenn sie das so explizit nicht sagen, setzen sie generell auf eine Ausweitung des nominalen BIP im Nenner und eine schrittweise Reduktion der zusätzlichen Schulden im Zähler, indem sie das jährliche Haushaltsdefizit nach und nach reduzieren. Die relevante Faustregel lautet: Solange das staatliche Haushaltsdefizit – im Verhältnis zum BIP – unter der nominalen BIP-Wachstumsrate bleibt, geht die Schuldenquote mit der Zeit allmählich zurück.“

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