Schwellenländer-Aktien: Raus aus China – und dann?

Schwächeres Wachstum, eine straffere Geld- und Fiskalpolitik, Eingriffe in den Privatsektor sowie anhaltende COVID-Effekte lassen die chinesischen Wirtschaftsprognosen nicht gerade rosig erscheinen – ein Grund für Investoren, bei chinesischen Unternehmenswerten zunehmend zurückhaltend zu agieren. James Syme, Senior Fund Manager bei J O Hambro Capital Management, erklärt, vor welchen Herausforderungen China steht und welche attraktiven Alternativen sich für das Schwellenländer-Portfolio bieten. J O Hambro Capital Management | 09.11.2023 08:13 Uhr
James Syme, Senior Fondsmanager von J O Hambro Capital Management / © e-fundresearch.com / J O Hambro
James Syme, Senior Fondsmanager von J O Hambro Capital Management / © e-fundresearch.com / J O Hambro

„Im Oktober 2023 prognostizierte die Weltbank ein Wachstum des Bruttosozialprodukts (BIP) von nur 4,5 Prozent für Ostasien. Verglichen mit historischen Daten ist das ein äußerst schwacher Wirtschaftsausblick für die Region. Grund dafür ist neben einer anhaltenden Verlangsamung der asiatischen Exporte auch die weiterhin schwächelnde chinesische Wirtschaft. Vor allem bei den Immobilieninvestitionen und den US-Dollar-Exporten musste die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im Jahresverlauf deutliche Rückgänge hinnehmen. Die Prognosen für das künftige BIP-Wachstum Chinas werden sowohl von multilateralen Institutionen wie der Weltbank als auch vom Privatsektor weiter nach unten korrigiert. Wir blicken mit Sorge auf den chinesischen Markt und beobachten zunehmend, dass Investoren chinesische Unternehmenswerte in ihren Portfolios untergewichten oder sogar ganz meiden.

Die 4 D’s – Chinas größte Herausforderungen

Demand, Debt, Demographics, Decoupling: Diese vier Faktoren stellen den chinesischen Markt derzeit wohl vor seine größten Herausforderungen. Als weltgrößter Exporteur hat die Weltmacht aktuell eine relativ schwache Binnennachfrage (Demand): So machen die Konsumausgaben privater Haushalte nur einen geringen Teil des chinesischen Bruttoinlandsprodukts aus – anders als in anderen Industrie- und auch Schwellenländern. Ein weiterer Faktor ist die Verschuldung (Debt). In den vergangenen 10 bis 15 Jahren ist die sie im Verhältnis zum BIP extrem angestiegen – und dass, obwohl China zwischen 2013 und 2023 einen regelrechten Kreditboom erlebt hat. Nun scheint sich dahingehend ein Ende anzukündigen. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Verschuldung fast ausschließlich in der Landeswährung besteht und nicht durch Fremdwährungen finanziert wird. Dies eröffnet China einen weitaus größeren politischen Handlungsspielraum. Hinzu kommt die demographische Entwicklung (Demograhics): Der Wirtschaft fehlen junge Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängen. 

Regionale Veränderungen in der Handelswelt: Abkopplung von China

Das aus unserer Sicht wohl größte Risiko für die chinesische Wirtschaft und ausländische Investoren ist der vierte Faktor Decoupling, also die Entkopplung der Weltmärkte von China. Dieser Trend wurde durch eine zunehmende Regionalisierung der Handelswelt sowie neue Handels- und Investitionsbarrieren ausgelöst. So ist der Anteil Chinas an US-Importen in den vergangenen fünf Jahren (Stand Juli 2023) um rund ein Drittel gesunken: von 21,4 Prozent auf 14,7 Prozent. Hierfür sehen wir vor allem vier Ursachen. 

Zum einen die 2018 von der Trump-Administration eingeführten Zölle auf chinesische Exporte, die den Handel zwischen den beiden Ländern unter Druck setzen. Zweitens die weltweite COVID-Pandemie. Hafenschließungen und massive Einschränkungen im Luftverkehr haben zu einer Unterbrechung der globalen Handelsnetze geführt. Im Jahr 2021 verhinderte zudem die Havarie des Frachtschiffs Evergiven im Suezkanal die Durchfahrt von rund 400 Schiffen mit Waren im Wert von etwa 12 Milliarden US-Dollar. Beide Ereignisse haben dazu geführt, dass Unternehmen ihre Lieferketten überdenken. Vierter Punkt ist der Klimawandel: Wetterbedingte Hafenschließungen oder eine Dürre wie derzeit in Panama führen zu einem enormen Kapazitätsverlust durch den Panamakanal.

Indien und Japan bieten interessante Alternativen 

Wir beobachten eindeutig eine Umstrukturierung des globalen Handels hin zu einer Welt, die regionaler ist und neue Herausforderungen mit sich bringt. Einige Märkte können davon eindeutig profitieren. Politisch gesehen ist Japan eine Alternative für Investoren, die sich von China abwenden wollen. Allerdings ist zu beachten, dass ein Großteil des Umsatzes japanischer Unternehmen in China generiert wird. Auch in Indien sehen wir großes Potential. Bislang hat vor allem der Export von Software- und IT-Dienstleistungen Geld ins Land gespült. In den letzten Jahren beobachten wir jedoch einen rasanten Anstieg des Business Process Outsourcing. Viele der großen Investmentfirmen, aber auch E-Commerce-Unternehmen, haben ihr administratives Backoffice nach Indien ausgelagert und sorgen für ein starkes Beschäftigungswachstum. Die indischen Dienstleistungsexporte sind im Jahresvergleich um 8,4 Prozent gestiegen (August 2023).

Die aktuellen Entwicklungen bedeuten nicht zwangsläufig, dass China auf eine Krise zusteuert. Aber die Volksrepublik muss ihre Wirtschaft wieder ankurbeln. Dies wird vor allem durch quantitative Lockerung geschehen – erste Anzeichen dafür waren in den vergangenen Wochen zu beobachten. Es scheint also nur eine Frage der Zeit zu sein, wann und ob die Politik der Wirtschaft diese Impulse geben wird. Bis dahin werden wir chinesische Unternehmenswerte in unserem Portfolio untergewichten und uns auf die genannten Alternativen konzentrieren.“

Von James Syme, Senior Fondsmanager von J O Hambro Capital Management

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