Sind Emissionsausgleiche die nächste Stufe der ESG-Investitionen?

CO2-Ausgleiche nehmen einen relativ kleinen Platz im Spektrum der Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsfragen (ESG) ein. Da sich jedoch immer mehr Länder und Unternehmen zur Klimaneutralität verpflichten, gewinnen sie bei den Anlegern als Instrument zur Beschleunigung der CO2-Reduzierung immer mehr an Aufmerksamkeit. Die wachsende Nachfrage hat auf einigen Märkten zu rekordhohen Preisen geführt. AllianceBernstein | 07.07.2022 09:00 Uhr
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Unternehmen verlassen sich schon seit Jahrzehnten auf Ausgleichsmaßnahmen, um Emissionen zu vermeiden oder zu reduzieren. Sie wurden lange Zeit mit dem Markt für Emissionsbegrenzungen und -handel in Verbindung gebracht und werden weltweit auf zwei Arten gehandelt: als Zertifikate zwischen Unternehmen, um die vorgeschriebenen Emissionsobergrenzen einzuhalten, oder als Teil verschiedener Reduzierungsinitiativen auf den freiwilligen Märkten. Ausgleiche werden durch Aktivitäten zur Verringerung von CO2-Emissionen in zwei großen Kategorien erzeugt: Industrie und Natur. Solar- und Windenergie sind Beispiele für industrielle Initiativen zur Vermeidung von CO2-Emissionen, während das Pflanzen von Bäumen eine naturbasierte Initiative zur Beseitigung von CO2-Emissionen darstellt (Abbildung).

Ausgleiche helfen, CO2-Emissionen zu vermeiden und zu beseitigen 

Quelle: AllianceBernstein (AB)

Derzeit gibt es weltweit 68 Märkte für die Einhaltung der Vorschriften, auf die etwa 23 % der gesamten Treibhausgasemissionen entfallen. Die starke Nachfrage übersteigt inzwischen das Angebot, und die Preise haben auf einigen Märkten neue Höchststände erreicht. Im Jahr 2021 wurden weltweit Einnahmen in Höhe von etwa 84 Milliarden US-Dollar erzielt, gegenüber 53 Milliarden US-Dollar im Jahr zuvor. Ein rasches Wachstum wird vor allem auf dem Markt für freiwillige Kompensationsmaßnahmen erwartet, auf dem Unternehmen Gutschriften aus Initiativen zur CO2-Reduzierung erwerben, die nicht unbedingt an gesetzliche Regelungen gebunden sind. Nach Angaben der Weltbank werden die Ausgleichsaktivitäten auf dem freiwilligen Markt im Jahr 2021 zum ersten Mal die Marke von 1 Billion US-Dollar erreichen.

Die Marktparameter und -regeln beginnen sich zu verfestigen

Ausgleichsmaßnahmen befinden sich als eigenständige Anlageklasse noch in der Entwicklungsphase. Die Märkte nehmen allmählich Gestalt an, da Regulierungsbehörden und andere Gruppen dazu beitragen, einige Regeln zu kodifizieren.

Der noch ausstehende Leitfaden der Institutional Investors Group on Climate Change (IIGCC) beschreibt beispielsweise die besten Praktiken für das Engagement von Unternehmen und die Kapitalallokation. Die jüngste globale UN-Klimakonferenz „COP26“ endete mit einer erstmaligen multinationalen Vereinbarung über Handelsstandards. Dazu gehören klarere Regeln zur Erleichterung der Arbitrage zwischen den Rechtsordnungen der Industrie- und Schwellenländer, was als entscheidend für eine weltweite Akzeptanz angesehen wird.

Anleger sind sich der Rolle von Ausgleichsgeschäften bei ESG stärker bewusst

Auch das Interesse der Anleger an Ausgleichsmaßnahmen nimmt stetig zu, da die Verpflichtungen der Unternehmen zur Bewältigung des Klimawandels immer stärker in den Vordergrund rücken und mehr Lösungen auf den Tisch gelegt werden. Es wird erwartet, dass der Aktionärsaktivismus im Bereich ESG in den kommenden Jahren stark zunehmen wird, wobei der Faktor „E“ unter erheblichen Druck geraten wird. In diesem Sinne sind sich immer mehr Anleger bewusst, wie sich Ausgleiche unter anderem direkt auf den Cashflow, den Ruf und das rechtliche Ansehen eines Unternehmens auswirken können (Abbildung). Wenn also das Carbon Disclosure Project (CDP) berichtet, dass nur 100 Unternehmen für 71 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, sind die Aktionäre hoch motiviert, sich für wirksame Gegenmaßnahmen einzusetzen.  

Warum Emissionsausgleiche für Anleger wichtig sind 

Quelle: AllianceBernstein (AB)

Überprüfung weiterhin lückenhaft

Neue Richtlinien und das wachsende Anlegerbewusstsein tragen dazu bei, dass Emissionsausgleiche an Bedeutung gewinnen. Wir halten es jedoch für wichtig, sowohl auf Qualität als auch auf Quantität zu achten. Einige Kompensationsprojekte werden von einer Regulierungsbehörde oder einem staatlich anerkannten Zertifizierer überprüft wie etwa der Australian Carbon Farming Initiative oder dem California Air Resources Board. Andere Kompensationen werden von gemeinnützigen Zertifizierern überprüft.

Damit sich Ausgleiche jedoch durchsetzen können, brauchen die Anleger viel mehr Orientierungshilfe. Lässt sich beispielsweise einschätzen, ob ein Ausgleich zu einer echten CO₂-Reduzierung beitragen wird? Oder wird damit nur der wachsende Emissionsausstoß eines Unternehmens ausgeglichen?

Darüber hinaus ist es für Anleger wichtig, die Auswirkungen von Ausgleichen auf die Interessengruppen zu beurteilen. Emissionsreduktionsmaßnahmen mit lokalem Zusatznutzen (Schaffung von Arbeitsplätzen, Erhaltung der biologischen Vielfalt) werden von den lokalen Interessengruppen wahrscheinlich gut angenommen. Das kann zu einer größeren Beständigkeit und Legitimität führen und dazu beitragen, externe Bedrohungen zu minimieren. Solche Projekte können zwar mehr kosten, sind aber möglicherweise mit weniger Risiken verbunden.

Einige der neuen Kennzahlenkriterien sehen vielversprechend aus. Eine Handvoll Anbieter von ESG-Daten beziehen die CO2-Preise in verschiedene Temperaturszenarien ein, um die Umstellung eines Unternehmens auf Klimaneutralität zu bewerten. Auch die Wissenschaft ist mit an Bord. Dazu gehört die Columbia Climate School, die mit AllianceBernstein zusammenarbeitet, um Anleger und Manager über CO2-Kompensationen und andere klimarelevante Themen aufzuklären. Das CoolClimate Network der University of California in Berkeley stellt seinen umfassenden Qualitätsbewertungsrahmen zur Verfügung (Abbildung). Zu den Schwachstellen in der Rubrik gehört die Doppelzählung, die aufgrund unklarer Bilanzierungsregeln häufig vorkommt. Ein geplanter Schritt hin zu einer einheitlicheren globalen Verwaltung – ein weiteres Ergebnis der „COP26“ – sollte das jedoch unterbinden. 

Bewertung von CO2-Ausgleichsmaßnahmen 

Quelle: University of California in Berkeley und AllianceBernstein (AB)

Es wird einige Zeit dauern, bis CO₂-Kompensationen für den durchschnittlichen Anleger zu einer Option werden. Bessere Transparenz, Preisgestaltung und andere Marktstandards haben ihnen jedoch eine wohlverdiente Aufmerksamkeit beschert. Wir glauben, dass sie es wert sind, in einem breiteren ESG-Investitionskontext aktiv untersucht zu werden. Ihr globaler Umfang kann insbesondere Kapitalflüsse an Interessengruppen in Entwicklungsländern fördern und dazu beitragen, die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) zu erleichtern. Richtig umgesetzt, spielen Ausgleiche eine wichtige unterstützende Rolle im Kampf gegen die globale Erwärmung, insbesondere weil die Verringerung der CO2-Emissionen ein Kampf der kleinen Schritte ist und nicht von heute auf morgen zu erreichen ist.

Sara Rosner, Director Environmental Research and Engagement—Responsible Investment
Satyajit Bose|, Associate Director — Program in Sustainability Management at Columbia University

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