Iggo´s Insight | Dollar/Yen: Doppeltop?

AXA Investment Managers | 01.11.2023 08:00 Uhr
Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers / © e-fundresearch.com / AXA Investment Managers
Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers / © e-fundresearch.com / AXA Investment Managers

Auch nach der letzten Zinserhöhung der Fed blieb der US-Dollar stark. Die amerikanische Wirtschaft ist so stabil, dass man kaum gegen den Greenback wetten mag. Weil Europas Wirtschaft schwächer wächst, könnte die EZB ihre Geldpolitik lockern. Am ehesten noch könnte der Dollar gegenüber dem Yen abwerten. Die japanische Währung ist schwach; der Dollar notiert hier auf einem Mehrjahreshoch. Aber die japanische Geldpolitik wird sich ändern, und für japanische Aktien sind wir vorsichtig optimistisch. Ist der Yen bald wieder gefragt?

Amerika, Amerika! Oft war dieses Jahr von der amerikanischen Ausnahmestellung die Rede. US-Aktien haben die meisten anderen Aktienmärkte hinter sich gelassen, vor allem dank der hohen Kursgewinne von Technologietiteln im 2. Quartal. Wesentlichen Anteil daran hatten die KI-Euphorie und die Erwartung, dass der breite Einsatz generativer KI amerikanischen Technologieunternehmen nur nützen kann. Zur Halbzeit der laufenden Berichtssaison wird das Gewinnwachstum der S&P-500-Unternehmen auf 13 Prozent geschätzt, während die bisher vorliegenden Gewinne der Euro-Stoxx-Unternehmen sieben Prozent niedriger sind als vor einem Jahr.

US-Unternehmen scheinen die höhere Inflation, die höheren Zinsen und die politische Unsicherheit im Land sehr gut zu verkraften. Trotz des Anstiegs des Übernacht-Einlagenzinses um über 500 Basispunkte und höherer Fremdkapitalkosten ist die Konjunktur außergewöhnlich stabil. Nichts zeigt das eindrucksvoller als das BIP-Wachstum von 4,9 Prozent (annualisiert) im 3. Quartal, obwohl viele schon eine Rezession vorhergesagt hatten. Dagegen scheint Europa wesentlich stärker unter den höheren Zinsen zu leiden. Die politisch sensibelste Kennziffer, die Arbeitslosenquote, liegt in den USA noch immer nur knapp über ihrem Allzeittief. Die Löhne steigen stärker, Hauspreise und Aktienkurse legen zu und die Ersparnisse sind hoch. Das ist wirklich außergewöhnlich.

Starker Dollar: Zur starken US-Konjunktur passt der starke Dollar. Der Dollar-Index, der seine Entwicklung gegenüber einem Korb aus anderen Industrieländerwährungen misst, ist seit Jahresbeginn um 3,2 Prozent gestiegen. Mittlerweile liegt er um 7,1 Prozent über dem Tiefststand von Mitte Juli, kurz vor der letzten Zinserhöhung. Auch 2022 hatte der Dollar ordentlich zugelegt, weil die Fed schon vor anderen Notenbanken mit Zinserhöhungen begonnen hatte. Als sie nachzogen, wertete der Dollar zunächst ab, doch Ende Juli kehrte sich das wieder um: „Higher for Longer”, die Dauerbotschaft der amerikanischen Notenbank, ließ die Langfristzinsen und den Dollar steigen. Am Spotmarkt war dieses Jahr nur der Schweizer Franken stärker. Beim Gesamtertrag war der Dollar aber nicht zu schlagen.

Auf die Geld- und Fiskalpolitik kommt es an: Die Kombination aus straffer Geld- und lockerer Fiskalpolitik ist für eine Währung meist gut. Da die Märkte aber nach vorn schauen, kommt es vor allem auf die Erwartungen an. Einstweilen äußert sich die Fed zum Thema Zinsen recht eindeutig. Sie müssten hoch bleiben, damit die Inflation auf den Zielwert fällt und sich die Inflationserwartungen wieder mäßigen. Die anhaltend straffe Geldpolitik stützt die US-Währung. Am Markt rechnet man frühestens Mitte 2024 mit niedrigeren Zinsen. Warum also sollte man gegen den Dollar wetten, solange sich die Zinserwartungen nicht ändern und die US-Wirtschaft nicht schwächelt?

Hinzu kommt die Fiskalpolitik. Anleiheinvestoren mögen hohe Defizite und große Staatsanleihenemissionen fürchten, aber sie lassen die Renditen steigen und könnten den Dollar daher stärken. Nichts spricht dafür, dass sich die amerikanische Fiskalpolitik bald radikal ändert. Vor den Präsidentschaftswahlen im nächsten November sind massive Ausgabenkürzungen kaum vorstellbar. Bei der Auktion siebenjähriger US-Staatsanleihen mit einem Coupon von 4,9% war das Anlegerinteresse diese Woche groß. Hohe Renditen sind gut für den Dollar.

Lockere Geldpolitik der EZB? Die jüngste Dollarstärke hat viel mit dem Zinsvorsprung gegenüber anderen wichtigen Währungen, dem klaren Bekenntnis der Fed zu hohen Zinsen und der im Vergleich zu Europa sehr stabilen US-Wirtschaft zu tun. Der Dollar notiert daher nur knapp über 1,05 US-Dollar je Euro und bis zum Jahresende könnte durchaus wieder die Parität getestet werden. Am 26. Oktober ließ die EZB den Leitzins unverändert bei 4,0%, doch fanden sich in Christine Lagardes Pressekonferenz erste Andeutungen einer absehbaren Lockerung. Am Staatsanleihenmarkt beginnt man damit zu rechnen, dass die EZB ihre Zinsen früher senkt als die Fed.

Schwacher Yen: Besonders interessant ist aber ein anderes Währungspaar: Dollar/Yen. Diese Woche kostete der Dollar zeitweise mehr als 150 Yen. Am Markt ging man davon aus, dass die Bank of Japan dies nicht akzeptieren würde. Schon im Oktober hatte der Dollar die 150-Yen-Marke touchiert, sodass wir es jetzt mit einer Doppelspitze zu tun haben. Seit 1998 war der Dollar gegenüber dem Yen nicht mehr so teuer, und davor zuletzt 1991, auf dem Höhepunkt des amerikanisch-japanischen Handelskonflikts. Natürlich ist der Yen real heute stärker als damals, weil die japanische Inflation seitdem meist niedriger war als die Inflation der wichtigsten japanischen Handelspartner. Das Tempo der Yen-Abwertung gegenüber Dollar, Euro und Pfund ist dennoch bemerkenswert. Die Deutsche Bank schätzt seit 2000 die handelsgewichteten Bewertungen von Währungen. Demnach ist der Yen so schwach wie noch nie seit Beginn der Berechnungen.

Geheimnisvoller Osten: Japans Wirtschaft und Märkte waren schon immer ein Rätsel. Seit dem Platzen der Immobilienblase Anfang der 1990er Jahre kämpft das Land mit Deflation, steigenden Staatsschulden, einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung und oft schwer nachvollziehbaren geld- und fiskalpolitischen Entscheidungen. Schon oft haben Anleger die Wende ausgerufen, japanische Aktien gekauft und sich von japanischen Staatsanleihen getrennt. Mehr als einmal lagen sie damit falsch. In den letzten 30 Jahren hat man mit japanischen Aktien nur 2,9 Prozent p.a. verdient, aber 9,9 Prozent mit US-Aktien. Natürlich sind japanische Titel auch manchmal gestiegen, doch in lokaler Währung lagen sie seit 1991 nur in einem von vier Jahren vor dem US-Markt.

Aufgehender Yen? Aber vielleicht ändert sich das jetzt. Seit Jahren kämpft die Bank of Japan gegen die Deflation – mit negativen Übernacht-Einlagenzinssätzen und einer enormen Bilanzsummenausweitung. Sie kauft in großem Umfang Staatsanleihen, damit deren Renditen nicht steigen. Laut Bloomberg beträgt die Bilanzsumme der japanischen Notenbank jetzt 130% des BIP, gegenüber 30% in den USA und 50% im Euroraum. Auf Dauer muss sich also etwas tun. Die Bank of Japan hat signalisiert, dass sie ihre Zinsstrukturkurvensteuerung irgendwann ändert. Dann könnten die Staatsanleihenrenditen steigen. Die Zehnjahresrendite hat in der ersten Jahreshälfte 2023 schon von 50 auf 88 Basispunkte zugelegt, während der Anstieg von 2016 bis Ende letzten Jahres nur 10 bis 20 Basispunkte betrug. Die Tagesgeldzinsen legen vermutlich noch nicht zu, doch in anderen Laufzeitbereichen könnte es in den nächsten Monaten zu einem Anstieg kommen. Die Zinsdifferenz gegenüber amerikanischen und europäischen Anleihen dürfte also zurückgehen.

Veränderungen: Die japanische Geldpolitik ändert sich deshalb, weil sich das Land nicht vollständig vom weltweiten Inflationsanstieg der letzten zwei Jahre abkoppeln kann. Jahrelang gab es in Japan so gut wie keinen Preisauftrieb, doch letztes Jahr stieg die Teuerung auf 2,2 Prozent und für dieses Jahr werden sogar knapp drei Prozent erwartet. Das ist zwar sehr viel weniger als in den USA und Europa, und auch für 2024 und 2025 wird für Japan ein deutlich geringerer Preisauftrieb prognostiziert. Dennoch ist es für das Land eine große Veränderung. Die Geldpolitik muss deshalb nicht massiv gestrafft werden. Dennoch scheint es sinnvoll, die Zinsen mehr als zuvor vom Markt bestimmen zu lassen und die Aufblähung der Notenbankbilanz zu beenden.

Aktienwetten: Eine Änderung der Geldpolitik – und sei sie noch so klein – könnte dem Yen helfen. Außerdem interessiert man sich wieder mehr für japanische Aktien, allerdings aus anderen Gründen als früher. Regierung und Aufsichtsbehörden bemühen sich um mehr Markteffizienz; man will wechselseitige Unternehmensbeteiligungen verringern und Börsennotierungen attraktiver machen. Auch die Veränderungen der internationalen Lieferketten könnten für mehr japanische Aktien im Portfolio sprechen. In Land gibt es viele wichtige Technologiefirmen, mit der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) wurde bereits der Bau einer Halbleiterfabrik in Japan vereinbart, und Toyota ist führend bei der Entwicklung von Feststoffbatterien für Elektroautos, einer möglichen Alternative zu klassischen Lithiumbatterien. Nach den Konsenserwartungen werden die japanischen Unternehmensgewinne 2024 um sieben Prozent und 2025 um mehr als neun Prozent je Aktie steigen. Auf Basis der 12-Monats-Erwartungen notieren Aktien zurzeit bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14. Das ist zwar mehr als in Europa, spricht aber angesichts des japanischen Zinsniveaus für eine attraktivere Aktienrisikoprämie.

Ich bin nicht plötzlich zu einem Japanbullen geworden, aber mit Blick auf den Wechselkurs könnte es für eine Yen-Aufwertung in den nächsten Monaten gute Argumente geben. Eine Änderung der japanischen Geldpolitik, eine positivere Langfristeinschätzung japanischer Aktien und nicht zuletzt die Rolle Japans in der geopolitischen Allianz zwischen den USA und Europa sind entscheidende Faktoren für die künftige Entwicklung globaler Lieferketten. Ich bin mir nicht sicher, dass die Bank of Japan einen noch schwächeren Yen will. Sonst würde sie sich nicht immer wieder um klare Aussagen zur Geldpolitik drücken. Der Yen ist schwach, aber noch viel schwächer wird er kaum werden.

Von Chris Iggo, CIO Core Investments, AXA Investment Managers

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