Acht provokante Thesen für 2024

KI-Krise als Black Swan 2024? Die Saxo Bank legt heute die „Outrageous Predictions“ für 2024 vor. Bei diesen Prognosen geht es um unwahrscheinliche, aber nicht zu unterschätzende Ereignisse, deren Eintreten die Finanzmärkte in Aufruhr versetzen würde. Markets | 05.12.2023 12:45 Uhr
© von Leopardinatree von Getty Images Signature
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Zu Beginn des Jahres 2024 sieht die Saxo Bank die Welt an einem Wendepunkt, an dem der vertraute Weg des letzten Jahrzehnts zu Ende geht. Steen Jakobsen, Chief Investment Officer der Saxo Bank, meint zu den ungeheuerlichen Prognosen seines Instituts: „Nach der großen Finanzkrise profitierte die Weltwirtschaft von stabiler Geopolitik, niedriger Inflation und tiefen Zinssätzen. Infolge der Pandemie ist dieser Weg aber deutlich mühsamer geworden.“ Mit diesen einleitenden Worten verdeutlicht die Saxo Bank, wie unwägbar die vor uns liegende Zeit ist.

Die ungeheuerlichen Prognosen der Saxo Bank für 2024:

1. Dank eines Ölpreises von 150 US-Dollar gönnen die Saudis sich die Champions League

Die steigenden Ölpreise bieten Saudi-Arabien die Möglichkeit, seinen Einfluss in der Sportwelt noch weiter auszubauen. Das Land erwirbt die Rechte an der Champions League und baut sie zu einem weltweiten Wettbewerb aus: „Saudi-Arabien strukturiert seine Wirtschaft radikal um: weg von der Abhängigkeit von den Öleinnahmen, hin zu einer Hochburg für Tourismus, Freizeit und Unterhaltung. Da kommt der steile Anstieg des Ölpreises, der aufgrund der unerwartet hohen Nachfrage um die Jahresmitte herum 150 US-Dollar pro Barrel erreicht, gerade recht. Jetzt, da die Saudis sich mit der Champions League einen der attraktivsten Wettbewerbe überhaupt gesichert haben, machen sie daraus umgehend ein globales Turnier.“

Der Aktienkurs von Manchester United verdoppelt sich, der Preis für die Rohölsorte Brent steigt auf 150 Dollar pro Barrel.

2. Medikamente gegen Fettleibigkeit bewirken eine weltweite Gesundheitskrise, da viele Menschen sich nun noch weniger bewegen

GLP-1-Medikamente gegen Fettleibigkeit gelten als Lösung für die weltweite Adipositas- Epidemie. Allerdings führt die Möglichkeit, das Gewicht einfach durch die Einnahme einer Pille zu regulieren, dazu, dass viele Menschen keinen Sport mehr treiben und noch weniger auf gesunde Ernährung achten: „Das Angebot an GLP-1-Medikamenten gegen Fettleibigkeit wird größer, und entsprechend sinken die Preise. Staatliche Stellen propagieren diese Medikamente verstärkt als entscheidendes Mittel zur Verbesserung der Gesundheit und zur Eindämmung der Adipositas-Problematik. Noch kann das Angebot an solchen Medikamenten die immense Nachfrage nicht decken; es wird noch Jahre dauern, bis sämtliche Patienten die gewünschte Therapie erhalten. Da sie aber wissen, dass ihr Gewicht sich mit einer einfachen Pille in Schach halten lässt, treiben sie keinen Sport mehr und ernähren sich weniger gesund. Ergebnis ist eine massive Gesundheitskrise. Die weltweite Adipositasrate bei Erwachsenen macht einen Sprung von derzeit 39% auf 45% im Jahr 2024.

Die Industrie für verarbeitete Lebensmittel erlebt einen deutlichen Anstieg der Nachfrage; die Aktienkurse von McDonald's und Coca-Cola entwickeln sich um jeweils 60% besser als der Allgemeinmarkt.

3. Die USA läuten mit steuerfreien Staatsanleihen das Ende des Kapitalismus ein

Um ihre wirtschaftlichen Herausforderungen finanzieren zu können, verfolgen die USA eine radikale finanzpolitische Strategie und schaffen Anreize für den Erwerb von Staatsanleihen.

„Im Vorfeld der Wahlen 2024 sieht die US-Regierung sich gezwungen, die Staatsausgaben exponentiell zu erhöhen, um die Wirtschaft in Gang zu halten und soziale Unruhen zu vermeiden. Aufgrund des anhaltenden Inflationsdrucks und des Abzugs von Kapital ausländischer Anleger bleibt die Nachfrage nach US-Schatzpapieren träge. Entsprechend sind die Renditen von US-Schatzpapieren gestiegen. In einem verzweifelten Versuch, die Kreditkosten wieder auf ein normales Niveau zu bringen, stellt die US-Regierung Erträge aus Staatsanleihen steuerfrei.“

Die Kurse von US-Schatzpapieren ziehen über alle Laufzeiten hinweg an, und die Renditekurve flacht am langen Ende ab. Schließlich können die Anleger sich so hohe Renditen sichern wie seit Jahrzehnten nicht mehr, ohne steuerlich belastet zu werden. Während der Aktienmarkt abstürzt, profitiert eine kleine Gruppe von Unternehmen mit hoher Liquidität von einer umgekehrten Zinskurve.

4. Deepfake mit generativer KI löst nationale Sicherheitskrise aus

Generative KI wird als enormer Produktivitätsschub gepriesen. Nun aber wird sie zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit: In einem Industrieland wird ein hochrangiger Staatsbeschäftigter Opfer einer Deepfake-Attacke mittels KI. Die Regierungen versuchen, KI mit einer Vielzahl neuer Vorschriften zu bändigen. Wagniskapitalgeber suchen das Weite, und dem Hype rund um Künstliche Intelligenz geht schnell die Luft aus:

„Mit dem überzeugendsten Deepfake, das die Welt je gesehen hat, bringt eine kriminelle Gruppe einen hochrangigen Staatsbeschäftigten dazu, streng geheime Informationen aus einem Industrieland preiszugeben. Der Erfolg dieses gewagten Manövers löst die größte nationale Sicherheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg aus und leitet eine Ära weitreichender KI-Regulierung ein. In einem historischen Schritt, mit dem man den enormen Kollateralschäden generativer Künstlicher Intelligenz Herr werden will, legen die USA und die EU fest, dass alle von einer generativen KI produzierten Inhalte mit ‚Made by AI‘ gekennzeichnet werden sollen. Folge dieser nationalen Sicherheitskrise ist zudem, dass die Öffentlichkeit Informationen im Internet generell misstraut: Schließlich machen KI- produzierte Inhalte mittlerweile 90% aller veröffentlichten Informationen aus.“

Die Titel traditioneller Medienhäuser, die eine Genehmigung zur Verbreitung regierungsamtlicher Nachrichten besitzen, steigen im Wert. Der Aktienkurs der The New York Times Company verdoppelt sich. Die Aktien von Adobe hingegen stürzen ins Bodenlose – die Regierung straft das Unternehmen ab, mit dessen Software das katastrophale Deepfake geschaffen wurde.

5. Defizitäre Länder gründen den „Club of Rome“, um neue Bedingungen im Handel zu vereinbaren

Eine Koalition defizitärer Länder will die Dynamik des Welthandels zu ihren Gunsten umgestalten:

„Da die Verschuldung der USA unkontrollierbar geworden ist, gründet eine Gruppe von sechs defizitären Ländern einen ‚Club of Rome‘, um mit den Ländern, die Überschüsse erzielen, neue Bedingungen für den Welthandel zu vereinbaren und so ihr Defizit zu verringern. Mithilfe der Rückführung von Defiziten durch schrittweise Anpassungen der Wechselkurse von Überschussländern will man einen globalen Neustart erzwingen und so ein gerechteres und stabileres Wirtschaftsmodell schaffen. Die sechs Gründungsländer des ‚Club of Rome‘ sind die USA, das Vereinigte Königreich, Indien, Brasilien, Kanada und Frankreich. Die Anpassung der Leistungsbilanzdivergenz zwischen den wichtigsten Ländern wird für diejenigen mit den höchsten Überschüssen – China, Deutschland, Norwegen, Japan, die Niederlande und Singapur – schmerzhaft werden.“ Die Tatsache, dass die Weltreservewährung außer Kontrolle gerät, schwächt das Vertrauen in das Fiat-Geldsystem. Große Gewinne hingegen sind bei Gold, Silber und Kryptowährungen zu verzeichnen.

6. Robert F. Kennedy Jr. gewinnt die US-Präsidentschaftswahlen 2024

Mit einem politischen Erdbeben gewinnt RFK Jr. die Präsidentschaft und sorgt für einen politischen Richtungswechsel in den USA: „2024 gewinnt mit Robert F. Kennedy Jr. zum ersten Mal in der Geschichte der USA ein unabhängiger Kandidat die Präsidentschaftswahlen. Sein populistisches Programm gegen die kriegslüsternen Demokraten und gegen die abgehobenen Eliten in den Konzernen findet sowohl bei verärgerten traditionellen Demokraten als auch bei Trump-Anhängern Anklang. Die Plutokratie in den USA macht einer neuen politischen Ära Platz: Die Wähler verlangen ein Ende von Ungleichheit und Ungerechtigkeit ebenso wie ein Ende der ewigen Kriege.“

Kennedys Friedensbotschaft und sein Versprechen, die Missstände im US- Gesundheitssystem zu beenden und die Macht der Konzerne zu brechen, schicken die Kurse von Rüstungs-, Pharma- und Gesundheitsunternehmen auf Talfahrt. Die Kurse von Internet- und Infotech-Titeln unterliegen ständigen Schwankungen, da die Anleger befürchten, dass die Regierung auf breiter Front gegen Unternehmen mit monopolartiger Stellung vorgehen wird.

7. Japan freut sich über 7 Prozent Wachstum, die BoJ verliert die Kontrolle über die Zinskurve

Japan erlebt einen überraschenden Konjunkturaufschwung, der einen deutlichen Kurswechsel der Bank of Japan bewirkt. „Die Ära der Deflation in Japan ist zu Ende, und die Löhne wachsen wieder. Die japanische Wirtschaft wird durch die bisher gängige Steuerung der Zinskurve übermäßig stimuliert. Die Realzinsen schmelzen dahin, da die nominalen Renditen gedeckelt sind und die Inflationserwartungen steigen. Die BoJ ist daher gezwungen, 2024 ihre Politik einer Steuerung der Zinskurve zu beenden. Dies führt auf den weltweiten Anleihemärkten zu Verwerfungen, da japanische Anleger ihr Geld nach Hause bringen.“

Dadurch wertet der Yen auf, und der USDJPY-Kurs sinkt unter die Marke von 130, der EURJPY-Kurs unter 140 und der AUDJPY-Kurs unter 88.

8. Die Nachfrage nach Luxusgütern bricht ein, nachdem die EU auf den Spuren von Robin Hood wandelt und eine Vermögenssteuer einführt

Die neue Vermögenssteuer der Europäischen Union bewirkt einen Einbruch am Luxusmarkt, mit erheblichen Auswirkungen auf Highend-Marken: „Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die EU als größtes Wohlfahrtssystem der Welt 499 USD-Milliardäre hervorgebracht hat, die – gemessen am Vermögen – im Vergleich mit ihren Pendants aus Nordamerika und Ostasien die niedrigsten persönlichen Steuern zahlen.

Da in Europa ständig soziale Unruhen zu befürchten sind und die Kosten für die grüne Transformation, für den Krieg in der Ukraine und im Zuge der allgemeinen Inflation steigen, macht die EU-Kommission sich den Vorschlag der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) vom Juli 2023 zur „Einführung einer Vermögenssteuer zur Finanzierung des ökologischen und sozialen Wandels“ zu eigen.

Die EU-Kommission setzt einen Rechtsakt um, nach dem das Vermögen von Milliardären jährlich mit 2% besteuert wird. Dieser moderne Robin-Hood-Ansatz schockiert die europäische Luxusindustrie. Immerhin haben jüngste Studien einen starken Zusammenhang zwischen dem Konsum von Luxusgütern und dem Ausmaß der Einkommens- und Vermögensungleichheit aufgezeigt.“

Die Aktie von LVMH stürzt wegen der neuen Vermögenssteuer der EU-Kommission um 40% ab. Auch in anderen Bereichen des Luxussegments, darunter Porsche und Ferrari, kommen die Aktienkurse unter die Räder.

Auswirkungen für Märkte und Anleger

Dies sind keine offiziellen Marktprognosen der Saxo Bank. Vielmehr sollen sie die Anleger anregen, eine große Bandbreite möglicher Entwicklungen in Betracht zu ziehen, auch solche, die zunächst abwegig erscheinen. Die ungeheuerlichen Prognosen sind ein bewusster Versuch, die Vorstellungskraft der Marktteilnehmer zu erweitern und sie auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

P.S.: Ob sich eine der Provokanten Thesen für 2023 bewahrheiten konnte, können interessierte Leser in folgendem Archivartikel nachlesen: 

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
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