Experten-Interview: Künstliche Intelligenz im Portfoliomanagement

Bereits seit über einem Jahrzehnt setzen sich Michael Günther und Pablo Hess, die beiden Fondsmanager des Tungsten TRYCON Basic Invest HAIG, intensiv mit Forschungen und Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz auseinander. Wo und wie dieses Forschungsgebiet die Arbeit eines aktiven Portfoliomanagers unterstützen oder möglicherweise sogar überflüssig machen kann, das diskutierte Michael Günther im Interview mit e-fundresearch.com Managers | 04.08.2016 10:20 Uhr
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e-fundresearch.com: Herr Günther, seit Jahren beschäftigt sich Tungsten Capital Management mit sogenannten „Liquid Alternatives“, nun entdecken auch große konventionelle Asset Manager zunehmend diese Assetklasse für sich: Wie schätzen Sie diesen Trend ein? Belebt auch hier die Konkurrenz das Geschäft? Wie grenzen Sie sich von dieser größer werdenden Masse ab?
"Konkurrenz durch nachziehende „Me-too“-Produkte fürchten wir nicht, sondern freuen uns über die Öffentlichkeitsarbeit."
Michael Günther: Natürlich freut es uns, dass „Liquid Alternatives“ nun vermehrt Aufmerksamkeit bekommen. Die Analyse- und Marketingabteilungen der großen Häuser bereiten das Thema zielgruppengerecht auf und vergrößern damit die Investorenbasis. Als Investmentboutique profitieren davon, weil wir in bestimmten Themen wie Multi Asset Long/Short, Equity Long/Short oder Volatilität bereits etabliert sind, mit langen Lernkurven, teilweise ausgezeichnetem Track Record, sehr stringenten Prozessen und direkten Verantwortlichkeiten. Am Ende kommen die Investoren bei solchen Spezialthemen nicht um die Spezialisten herum. Konkurrenz durch nachziehende „Me-too“-Produkte fürchten wir nicht, sondern freuen uns über die Öffentlichkeitsarbeit.

e-fundresearch.com: „Life is BETA with ALPHA“ ist einer Ihrer persönlichen Leitsätze: Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Michael Günther: Der Fokus all unserer Produkte liegt auf einer klaren Definition und Trennung der Wertschöpfungsketten. Einerseits produzieren wir robustes, unkorreliertes ALPHA, andererseits bieten wir spezielle Lösungen, die äußerst effizient Risikoprämien verdienen, das BETA.

"Investoren raten wir generell, ALPHA und BETA nicht zu vermischen, sondern klar separiert nebeneinander zu investieren."

Investoren raten wir generell, ALPHA und BETA nicht zu vermischen, sondern klar separiert nebeneinander zu investieren. Nur so bleiben bei „Liquid Alternative“ Investments die grundsätzlich verschiedenen Ertragsquellen sauber allokierbar, und nur so kann der Investor letztlich die Qualität der Manager überprüfen und sehen, woher die Performance wirklich kommt. 

e-fundresearch.com: Seit mehr als einem Jahrzehnt setzt sich Tungsten auch intensiv mit Forschungen im Bereich Künstliche Intelligenz auseinander: Welche Erfolge konnten hier bislang verzeichnet werden und inwieweit werden diese Modelle beziehungsweise Erkenntnisse in weiterer Folge auch in der Praxis und im täglichen Portfoliomanagement eingesetzt?

"(...) wir beschäftigen uns schon seit geraumen Zeit mit der Forschung und Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz. Übrigens mit sehr praxisrelevanten Ergebnissen (...)"

Michael Günther: In der Tat, wir beschäftigen uns schon seit geraumen Zeit mit der Forschung und Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz. Übrigens mit sehr praxisrelevanten Ergebnissen: in unserem short-term CTA Tungsten TRYCON basieren bereits seit September 2013 nur noch ca. 20% des Portfolios auf Trendfolgemodellen – was ja der klassische CTA-Ansatz wäre. Etwa 80% der täglichen Handelsentscheidungen dagegen geht auf Modelle aus der Künstlichen Intelligenz zurück.

Der Handel mit diesen Modellen ist deutlich dynamischer und zeigt seine Stärken häufig in Phasen, wenn Trendfolgemodelle Schwächen zeigen. Wir schätzen an den Modellen besonders ihre Fähigkeit, auch non-lineare Zusammenhänge abzubilden und Handelsgelegenheiten jenseits der herkömmlichen Marktanalysen aufzuzeigen. Im Ergebnis haben wir für den Tungsten TRYCON einen Ansatz entwickelt, der es vermag, dynamisch zwischen „Momentum“ (also mit dem Trend) und „Contrarian“ (gegen den Trend) hin- und herzuschalten.

Dass künstliche Intelligenz dem Praxistest in unserem konkreten Anwendungsfall standhält, verdeutlicht das Sharpe Ratio, das nach fast 3 Jahren bei ungefähr 1 liegt.

Michael Günther, Tungsten Capital Management
Michael Günther, Tungsten Capital Management

e-fundresearch.com: Wie konnte sich der von Ihnen mitverantwortete Tungsten TRYCON Basic Invest HAIG (ISIN: LU0451958309) im - durchaus volatilen - ersten Halbjahr 2016 entwickeln? 

Michael Günther: Der Fonds konnte dieses Jahr bis Ende Juni ein Plus von ca. 4,67% erzielen – und das mit einer recht gleichmäßigen Wertentwicklung, wenn man sich die Wertentwicklung der Mitbewerber anschaut. Die Gewinne während der schwachen Marktphase zu Beginn des Jahres konnte die Strategie in den Folgemonaten gut verteidigen, und sie hat sich auch über den Brexit hinweg robust gezeigt. 

e-fundresearch.com: Abschließend ein weiter Blick in die Zukunft: Wie realistisch halten Sie es, dass aktive Fondsmanager in 5-10 Jahren neben der bereits heute bestehenden Ersetzung durch passive Konstrukte auch mit der drohenden Ersetzung durch Künstliche Intelligenz zu kämpfen haben werden?

"Die Steuerung traditioneller Portfolios nach einem vorgegebenen Risikoprofil kann bereits heute von Computern erledigt werden (...)"

Michael Günther: Die Steuerung traditioneller Portfolios nach einem vorgegebenen Risikoprofil kann bereits heute von Computern erledigt werden; das Aufkommen zahlreicher RoboAdvisors ist hierfür ein Beleg. Da dies Kostenvorteile verspricht, ist sicherlich davon auszugehen, dass sich hier Marktanteile gewinnen lassen, zulasten der von „natürlicher Intelligenz“ gesteuerten Portfolios.

Die Verwaltung komplexer, aktiver Handelsstrategien inklusive der Antizipation zukünftiger Marktentwicklungen dagegen ist ein anderer Anwendungsfall, der in absehbarer Zeit wohl eher vereinzelte Erfolgsgeschichten hervorbringen dürfte, statt zum Massenphänomen zu werden. Für uns steht beim Einsatz von KI nicht die Rationalisierung im Vordergrund. Vielmehr sehen wir darin einen – im Gegenteil sogar recht arbeitsintensiven – Weg, Marktinformationen andersartig auszuwerten und neue Handelsgelegenheiten bwz. Ineffizienzen zu identifizieren. Das ist insofern auch eine ganz andere Aufgabenstellung, als die preiswertere Replikation bestehender Prozesse, und hier muss man meines Erachtens differenzieren. 

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Günther!


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