Krisensichere Immofonds aus der Schweiz

Die neuen Richtlinien für Schweizer Immobilienfonds, die seit Anfang letzten Jahres in Kraft sind, zeigen beispielhaft das Prinzip der Selbstregulierung auf. Die Schweiz verfügt damit über höchste Standards in Bezug auf Sorgfalts-, Treue- und Informationspflichten bei Immobilienfonds. Funds | 22.03.2006 11:34 Uhr
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Die schweizerischen Immobilienfonds sind eine «stille Kraft» im schweizerischen Fondsmarkt. Sie machen bedauerlicherweise fast nur dann von sich reden, wenn – wie derzeit in unserem nördlichen Nachbarland – Bewertungsprobleme und eine Lawine von Rücknahmebegehren für negative Schlagzeilen sorgen. Dabei wird leicht vergessen, dass gewisse, von der Krise in Deutschland ohnehin nicht tangierte, schweizerische Immobilienfonds zu den ältesten Anlagefonds Europas gehören und daher eine beeindruckende Performance ausweisen, mit Track Records von bis zu 60 Jahren!

Unter dem ältesten in Europa zugelassenen Fonds finden sich acht schweizerische Immobilienfonds. Der UBS (CH) Property Fund - Swiss Mixed «Sima» etwa investiert nur in Schweizer Stadtimmobilien und sammelte damit bereits 2.2 Mrd. Euro. Eine Anlage, die wie andere in der Vergangenheit aber auch dem Investor Freude machte: seit 1985 liegt die durchschnittliche Rendite der acht erwähnten Schweizer Immobilienfonds zwischen 6.3% und 13%.

Nebst den gesetzlichen Rahmenbedingungen leistet auch die Selbstregulierung der Swiss Funds Association (SFA) einen immer wichtigeren Beitrag zur Qualitätssicherung im Immobilienfondsgeschäft.

Neue Richtlinien

Das selbstregulatorische «Grundgesetz» der Fondsbranche, die «Verhaltensregeln für die schweizerische Fondswirtschaft» aus dem Jahre 2000, gilt zwar auch für die Immobilienfonds. Da es aber in diesem Segment ganz andere Schwerpunkte gibt als bei den Wertschriftenfonds, sahen bereits die Verhaltensregeln vor, dass die SFA für einzelne Fondskategorien (speziell Immobilienfonds) ergänzende Richtlinien erlässt. Die Immobilienfonds-Spezialisten der SFA erarbeiteten daraufhin eigene spezifische «Richtlinien für die Immobilienfonds», welche von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) im Herbst 2004 als Mindeststandard anerkannt worden sind.

Seit dem 1. Januar 2005 sind sie in Kraft – die Umsetzungsfrist lief Ende 2005 aus – und enthalten Vorgaben zu den Sorgfalts-, Treue- und Informationspflichten der Fondsleitung sowie zu den Sorgfalts- und Treuepflichten im Fondsvertrieb. Für Vertreter ausländischer Immobilienfonds gelten die Informationspflichten sowie die Sorgfalts- und Treuepflichten im Fondsvertrieb sinngemäss.

Mit diesen Richtlinien werden für schweizerische Immobilienfonds in Anknüpfung an die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften hohe Standards gesetzt und auf dem Wege der Selbstregulierung regulatorische Lücken geschlossen. Zudem profitieren der Anleger und die Anlegerin von mehr Sicherheit und Transparenz.

Gewaltentrennung und Kontrolle

Die Fondsleitung wird verpflichtet, Entscheidungs- und Kontrollfunktionen organisatorisch klar zu trennen. Von den leitenden Personen wird eine mehrjährige, adäquate Erfahrung im Immobilienbereich und im Geschäft mit Kollektivanlagen verlangt. Werden Teilaufgaben delegiert (z.B. Bewirtschaftung, Portfoliomanagement, Transaktionen oder Rechnungswesen), so sind die Schnittstellen und Anforderungen vertraglich zu regeln und Interessenskonflikte zu vermeiden. Der Fondsleitung obliegt zudem die entsprechende Kontrollfunktion. Im Vertrag mit der Depotbank werden die Verantwortlichkeiten und Schnittstellen definiert. Der freie und regelmässige Handel mit Anteilen muss gewährleistet sein.

Mindestens zwei unabhängige Schätzungsexperten müssen pro Fonds eingesetzt werden. Diese haben den gesetzlichen und reglementarischen Anforderungen betreffend Unabhängigkeit, Ausbildung, Erfahrung und Marktkenntnissen zu genügen. Für deren Honorare besteht zudem eine gesetzliche Maximalhöhe, wobei jährlich zu bestätigen ist, dass die Grenze nicht überschritten wurde. Die Zusammenarbeit mit den Experten wird ebenfalls in einem Vertrag definiert, in welchem auch die Bewertungsmethode festgehalten wird. Die Organisationsstruktur und die Verträge mit Drittparteien müssen die klare Trennung der Funktionen und deren Zusammenwirken sicherstellen.

Dynamische Bewertungsmethode

Die neuen Richtlinien messen der korrekten Bewertung der Immobilien – ein zentrales Qualitätsmerkmal für Immobilienfonds – besondere Bedeutung bei. Neu hat die Fondsleitung die Verkehrswerte der Grundstücke mit Hilfe einer dynamischen Ertragswertmethode zu bewerten. Als solche sind zurzeit von der EBK die Barwertmethode und jene der Discounted Cash-flows anerkannt. Ausnahmen wie zum Beispiel für Bauland und Abbruchobjekte, welche durch eine dynamische Ertragswertmethode nicht erfasst werden können, sind möglich.

Als Grundlage für die Schätzungen gelten die Marktverhältnisse (Wirtschaftssituation, Lage am Kapital- und Immobilienmarkt) sowie die Beschaffenheit des Grundstücks (Lage, Grössen, Nutzung, Alter, Zustand, usw.). Die Schätzungen sind detailliert und nachvollziehbar in Protokollen festzuhalten. Die Höhe der Diskontsätze und anderer Parameter der Schätzung sowie deren Veränderungen zum Vorjahr sind gesamthaft zu begründen und zu beglaubigen.

Umstellung der Bewertung

Für die Umstellung auf eine der dynamischen Bewertungsmethoden besteht derzeit noch eine Übergangsfrist bis Ende 2007, wobei schätzungsweise 80% der Fondsleitungen diesen Schritt bereits vollzogen haben. Wird die Bewertungsmethode umgestellt, müssen alle Liegenschaften durch die Experten besichtigt werden. Die Anleger und Anlegerinnen müssen darüber vorab informiert werden – mit dem Hinweis, dass sich eine Wertveränderung nach oben oder unten ergeben kann.

Neben der externen Information müssen in einer internen Weisung zur Berechnung des Nettoinventarwertes (NAV) mindestens folgende Punkte geregelt sein:

Umschreibung der Schätzungsmethode
Fälle für Abweichungen von der Schätzungsmethode
Schnittstellen, Prozesse und Verantwortlichkeiten gegenüber Experten
Plausibilisierung der Schätzungswerte und Vorgehen bei Abweichungen
Validierung des ermittelten NAV
Interner Informationsfluss.

Vermeidung von Interessenkonflikten

Im Bereich der Treuepflichten steht die Vermeidung von Interessenkonflikten im Mittelpunkt. So werden in den neuen Richtlinien Geschäfte mit sog. nahe stehenden Personen, die genau definiert werden, untersagt. Beim Kauf oder Verkauf muss eine entsprechende Negativbestätigung unterzeichnet werden. Vermietung und andere Geschäfte haben zu marktüblichen Bedingungen zu erfolgen; dabei sollen zum Beispiel Konkurrenzofferten bei Finanzierungen, Renovationen, Planungen und Bautreu¬handarbeiten eingeholt werden. Zudem wird eine Unternehmerliste geführt, in welcher alle Firmen, mit denen Geschäftsbeziehungen bestehen, erwähnt werden müssen.

Bei Geschäften zwischen mehreren Immobilienfonds, die von der gleichen Fondsleitung verwaltet werden, ist deren Gleichbehandlung sicherzustellen. Dies kann zum Beispiel durch das Rotationsprinzip bei der Zuteilung von Investitionsmöglichkeiten oder mittels Definition von Musskriterien gemäss Fondsstrategie geschehen. Bei der Anlage des Fondsvermögens müssen ausserdem alle Produkte sowie Anleger und Anlegerinnen gleich behandelt werden. Dieses Prinzip gilt für die Vergabe von Unterhalts- und Renovationsarbeiten genauso wie für gemeinsame Bauprojekte mit nahe stehenden Personen. Es umfasst auch marktübliche Bedingungen für andere Anlagen. Für Eigengeschäfte von Mitarbeitenden bestehen Verhaltensregeln, deren Einhaltung ebenfalls regelmässig überwacht wird.

Umfassende Informationspflichten

Bei den Informationspflichten wird zwischen Informationen zum ordentlichen Geschäft und Informationen zu ausserordentlichen Ereignissen unterschieden. In die erste Kategorie fallen Hinweise zum Anlagecharakter des Immobilienfonds, die allgemein verständlich formuliert sein müssen und keine Angaben zur zukünftigen Ertragsentwicklung enthalten dürfen. Die grössten Mieter (Anteile über 5%) müssen namentlich genannt werden, aber auch die Tatsache, dass kein Mieter 5% erreicht, muss bekannt gegeben werden. Zudem ist die Bewertungsmethode offen zu legen. Bei der zweiten Kategorie werden die Fondsleitungen – über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehend – dazu verpflichtet, in den Fondsinformationen Kennzahlen zu publizieren, die überall identisch bezeichnet und berechnet werden. Auch über kursrelevante Veränderungen muss informiert werden: Darunter fallen beispielsweise eine Erhöhung/Reduktion des NAV von mehr als 5%, der Ausfall eines wichtigen Mieters oder die Kündigung von mehr als 20% der Anteile.

Mit dieser Regelung will die SFA eine einheitliche und vergleichbare Information der Anleger sicherstellen und zu einer möglichst hohen Transparenz sowie Gleichbehandlung beitragen. Da die wichtigsten Kennzahlen auch in der Unternehmens- und Aktienanalyse gebräuchlich sind, ermöglichen sie erstmals einen echten Vergleich der Anteile von Immobilienfonds mit den Aktien von Immobiliengesellschaften. Die Kennzahlen sind in den Halbjahres- und Jahresberichten des Fonds zu ve¬öffentlichen, vorzugsweise auf einer Seite, um dem Anleger einen raschen Überblick zu ermöglichen. Dabei ist ein Mehrjahresvergleich anzustreben (zum Beispiel über 5 Jahre).

Fazit: Schutzvorkehrungen intakt

Die neuen Richtlinien bilden die Basis für den umfassenden Schutz und die Gleichbehandlung der Anleger und Anlegerinnen in Immobilienfonds. Deren Umsetzung bewirkt eine Standardisierung der Immobilienfondsindustrie in der Schweiz, wodurch die Transparenz erhöht und das Vertrauen der Investoren in die Immobilienfonds gestärkt wird. Es ist unbestritten, dass die einzelnen Fondsleitungen einen beträchtlichen Aufwand zur Umsetzung der Richtlinien erbracht haben und teilweise noch erbringen müssen. Von den positiven Auswirkungen der Richtlinien profitieren jedoch alle: Anlegerinnen und Anleger, Immobilienfonds und Fondsanbieter sowie schlussendlich der Schweizer Fondsplatz als Ganzes. 



Quelle:
Dr. Matthaeus Den Otter ist Geschäftsführer der Swiss Fund Association (SFA)



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