„Mein Herz schlägt links, doch mein Kopf ist rechts und meine Brieftasche schon längst in Amerika!“. Wer diesem Ratschlag vom Börsen-Altmeister André Kostolany in den letzten Jahren zu strikt gefolgt ist, hat vergleichsweise schlecht abgeschnitten: Während der US-amerikanische S&P 500 Index seit März 2003 um 15,8 Prozent pro Jahr zulegte, kam der MSCI Europe auf 28,3 Prozent, der japanische TOPIX auf 25,3 Prozent und der MSCI AC Asia Pacific ex Japan sogar auf 31,3 Prozent.
„Energiepreise werden sich abschwächen“
„Steigende Leitzinsen, Inflationsängste, Doppeldefizit in US-Haushalt und Handelsbilanz. Alles auf den ersten Blick keine positiven Fakten“, fasst Samuel Wardwell, US-Experte bei Pioneer Investments die Lage zusammen. Trotzdem sei das kein ausreichender Grund, US-Aktien ganz aus den Augen zu verlieren. „Die konjunkturelle Situation ist vergleichbar mit der Situation in den Jahren 1995-1997. Damals begann sich das Wirtschaftswachstum auch langsam abzuschwächen, blieb aber robust. Die Börse stieg in diesem Zeitraum aber rasant an“, vergleicht Wardwell. In diesem Jahr rechnet Pioneer mit einem US-Wirtschaftswachstum zwischen drei und vier Prozent: „Die Arbeitslosenquote dürfte von 6,2 Prozent vor zwei Jahren auf nur noch fünf Prozent sinken, die Kerninflation um die zwei Prozent betragen. Außerdem dürfte sich der Ölpreis bei unter 50 US-Dollar pro Barrel einpendeln“, prognostiziert der Experte. Denn das Aufgeld das derzeit für Energiepreise gezahlt werde, sei fundamental nicht gerechtfertigt. „Viele Unsicherheiten und eine noch gespannte Angebotssituation halten die Preise derzeit noch hoch, was aber nicht nachhaltig ist.“
„US-Aktien historisch günstig bewertet“
Und teuer seien US-Aktien auch nicht: „Im Vergleich zu den langfristigen Anleihenrenditen – 10-jährige-Treasuries rentieren bei 4,5 Prozent, beträgt die Gewinnrendite bei Aktien rund sechs Prozent - sind Aktien günstig bewertet“. Außerdem liege das Kurs-Gewinn-Verhältnis der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen mit 17 deutlich unter dem Schnitt der letzten Jahre. Im Vergleich zu anderen Weltbörsen, sei das zwar nicht ausgesprochen billig. „Das KGV fällt aber deutlich niedriger aus, wenn man die Technologiebranche nicht mitrechnet“, so Wardwell. Dem stehen die Gewinne der Unternehmen gegenüber: „Pro Aktie verdienen die S&P 500 Unternehmen dieses Jahr knapp 80 US-Dollar. Im Vergleich dazu fällt der Gewinn pro Aktie aus dem Boomjahr 1999 mit 55 US-Dollar geradezu bescheiden aus“.
USA: Paradies für Unternehmer
International anlegende Investoren kämen um den US-Markt kaum vorbei: „Die USA stellen mit einem Anteil von 51 Prozent am MSCI World Index etwa die Hälfte der weltweiten Marktkapitalisierung dar“. Und Amerikas Wirtschaft durchlebe gerade eine Art industrielle Revolution: „Aber sie wird ein weiteres Mal ihre Flexibilität unter Beweis stellen, denn nirgendwo sonst gibt es derart gute Bedingungen. Firmen können bei uns viel schneller und unbürokratischer gegründet werden als anderswo auf der Welt“.
Gesundheit und Technologie mit dem größten Potential
Die Pioneer-Fondsmanager stocken zurzeit jedenfalls verstärkt US-Titel aus dem Gesundheitsbereich auf. „Die einzelnen Beispiele sind vielfältig: Betreibergesellschaften von Krankenhäuser, Pharma- und Biotechfirmen etc.“. Aber auch zu Technologie-Aktien greifen die Pioneer-Manager immer öfter. „Unternehmen aus dem Sektor zyklische Konsumgüter, etwa im Luxussegment, oder Firmen die stark von der Entwicklung des Ölpreises profitiert haben werden dagegen verstärkt verkauft“, verrät Wardwell.
Fazit
Die US-Unternehmen der USA seien im Vergleich zu den vergangenen Jahren nicht hoch, sondern niedrig bewertet. „Sie erwirtschaften hohe Erträge, verfügen über volle Kassen und zahlen ansehnliche Dividenden“, so der US-Experte von Pioneer. Die relative Underperformance der USA gegenüber anderen Weltbörsen sollten Investoren nutzen, um jetzt in den USA zu investieren. „Gerade weil die USA bei vielen nicht en vogue sind: Antizyklisch eben“, so der Ratschlag von Wardwell.