Die größten Fondslügen

Ein Thema, dass die Fondsbranche schon seit Bestehen immer wieder beschäftigt, ist die Diskussion um die Produktklarheit und –wahrheit. Nach wie vor werden immer noch Äpfel mit Birnen verglichen, Fachbegriffe dem Marketinggedanken geopfert oder mit dem Unwissen der Anleger gute Geschäfte gemacht. Funds | 05.01.2006 07:13 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der wohl klassischste Fall der Anlegerverwirrung ist die willkürliche Einordnung der Aktienfonds in sogenannte Assetklassen oder Peergroups. Nach dieser Zuordnung sind dann alle Fonds in Gruppen wie z.B. „Aktienfonds Deutschland“, „Aktien Biotechnologie“ oder „Aktien Europa Nebenwerte“ aufgeteilt. Hier tritt dann leider vielfach der oft zitierte Fall des „Äpfel mit Birnen Vergleichs“ auf. Denn die Angaben der Kapitalanlagegesellschaften, die den meisten Ratinganbietern und dem Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften (BVI) als Basis zur Zuordnung dienen, gehen von unterschiedlichen Prämissen aus. So muss bei einer namhaften Ratingagentur ein Fonds zu mindestens 80% in einem Zielmarkt vertreten sein, um entsprechend zugeordnet zu werden. Das Problem ist jedoch, dass viele KAG´s diese Grenzen im Verkaufsprospekt gar nicht erst angeben, historisch gesehen diese Möglichkeiten nicht ausnutzen oder sich selbst anders charakterisieren als der Verkaufsprospekt es ausdrückt. Ist dies der Fall, so kann es nicht ausgeschlossen werden, dass Fonds in den Datenbanken nicht korrekt klassifiziert sind. Beim BVI können die Gesellschaften sogar selbst bestimmen, in welche Vergleichsgruppe Sie eingeordnet werden.

Ein Beispiel für die Problematik der Einordnung ist der Morgen-Portfolio-Universal-Fonds. Liest man den aktuellen Verkaufsprospekt, so wird dem Fonds eine „breit gestreute, internationale Anlagepolitik“ zugestanden und die Möglichkeit bis zu 49% Liquidität zu halten (sogar mit dem Hinweis, dass dies auch aktiv genutzt wird). Insofern müsste der Fonds im global anlegenden Bereich kategorisiert werden. Das monatliche Factsheet hingegen weist auf eine Konzentration auf deutsche Unternehmen hin, wobei auch explizit die Möglichkeit der Investition in Nebenwerte genannt wird. Die Kategorisierung nach einer 80/20 Regel ist hier also eigentlich nicht möglich. Bei einer Ratingagentur wird der Fonds in der Vergleichsgruppe „Aktien Deutschland“ geführt. Die Unterscheidung bezüglich der Kapitalisierung wird nicht gemacht. Eine zweite Ratingagentur gibt hingegen an, die Fonds aufgrund der tatsächlichen Portfoliopositionen zu kategorisieren. Momentan ist der Morgen-Fonds zu über 80% in deutschen Werten investiert, was lt. Angaben der Gesellschaft auch historisch gesehen immer ungefähr der Fall war. Somit wird hier der Fonds in der Klasse „Aktien Euroland mittelgroß“ geführt, da keine Vergleichsgruppe für Deutschlandfonds existiert. Die Verwirrung wird dadurch natürlich nicht kleiner, die Aussagekraft eines Fondsvergleichs hingegen schon.

Ein weiteres Beispiel für den Bereich Produktwahrheit bzw. -klarheit ist der von Dr. Jens Ehrhardt gemanagte UBAM German Equity, sogar in doppelter Hinsicht. Aktiv als Deutschland Fonds verkauft, offenbart sich sich bei genauerer Analyse ein etwas anderes Bild. Laut Verkaufsprospekt muss der Fonds lediglich 2/3 seiner Mittel in deutsche Aktien investieren. Von dieser Regelung wird sehr aktiv Gebrauch gemacht. So finden sich im Fonds südafrikanische Goldminenaktien, japanische Titel, Hongkonger REIT´s und verschiedene Zertifikate. Ebenso wird ein aktives Cash-Management betrieben sowie Futures und Währungshedging genutzt. Zudem sind im Fonds nicht nur Blue-Chips enthalten, sondern auch viele Werte aus den nachfolgenden Börsensegmenten wie MDAX oder SDAX. Alles in allem ein mit sehr viel "Freiheiten" ausgestattetes Produkt, das seinem Namen -aus Produktklarheits- und wahrheitsaspekten heraus- nicht unbedingt "Ehre macht". Der vorgenommene Vergleich mit dem DAX als Benchmark ist in Anbetracht dieser Fakten offensichtlich nicht geeignet und die gute Performance muss folglich sehr viel differenzierter betrachtet werden. Ebenso ist eine Einordnung in eine Vergleichsgruppe "Deutschland" nicht nur unmöglich, sondern auch schlichtweg falsch.

Was sagt der Name?

Auch schon die reine Bezeichnung der Produkte kann für einige Verwirrung sorgen. In Deutschland sind z.B. Namen wie Fondak, Concentra, Investa oder Thesaurus zu finden. Hier wird dem Anleger nicht geholfen, wenn er versucht, aus dem Namen den Anlageschwerpunkt oder den Investmentstil des Fonds zu ergründen. Dass im Fondsnamen das –zumindest dominierende- Anlageuniversum genannt werden sollte, bedarf eigentlich keiner weiteren Begründung. Zusätzlich macht es durchaus auch Sinn, bereits in der Fondsbezeichnung die Marktkapitalisierung der im Fonds enthaltenen Titel zu erwähnen, da auch hier –besonders in den letzten drei Jahren zu bemerken- enorme Performance- und Risikounterschiede zu verzeichnen sind. Der Investmentstil eines Fonds ist ebenso wichtig für seine Ergebnisse. Unterschieden wird hauptsächlich in Value- und Growth-orientierte Fonds, die sich i.d.R. auch gegenläufig verhalten. Erschwerend kommt bei diesem Punkt hinzu, das oftmals „Value“ nicht gleich “Value“ und „Growth“ nicht gleich “Growth“ ist. Jede Gesellschaft hat hier ihre eigene Definition. Auch sehr bekannte Fonds wie der Templeton Growth oder der Fidelity European Growth sind an dieser Stelle als „unglückliche“ Beispiele zu erwähnen. Beide Produkte sind vom Investmentstil her klassische Value-Vertreter, die Bezeichnung „Growth“ ist historisch bedingt. Im angelsächsischen Raum gab es früher nur „Income“ und „Growth“ Produkte, wobei ersteres Rentenfonds und zweiteres Aktienfonds bezeichnete.

In den letzten Jahren ist der sog. GARP-Ansatz („growth at a reasonable price“) vielfach erwähnt und als neuer, innovativer Ansatz vertrieben worden. Dass es sich hier um eine Marketingidee handelt, dürfte schon die reine Übersetzung verdeutlichen. „Wachstum zu einem vernünftigen Preis“: welcher Fondsmanager oder Anleger sucht das nicht?  Marketingschöpfungen und Themenbezeichnungen wie z.B. Uni 21. Jahrhundert tragen ebenfalls nicht gerade zur Transparenz bei.

Wünschenswert wäre eine einheitliche Bezeichnung von Fonds zumindest nach den Kriterien KAG, Anlageuniversum, Größenzuordnung der Portfoliounternehmen und Stil, wie es z.B. Morgan Stanley bei vielen seiner Aktienprodukte vormacht: Morgan Stanley European Small Cap Value.

Kosten als heikelster Punkt

Die Kostenstruktur ist natürlich die heikelste Komponente für die Gesellschaften, wenn es um Transparenz geht. Natürlich müssen laut Gesetz alle Kosten, die zu Lasten des Fondsvermögens gehen, im Prospekt aufgeführt werden. Wie verständlich dies ist, steht auf einem anderen Blatt. So setzen sich die Kosten auf Fondsebene aus der Verwaltungsvergütung, der Depotbankgebühr (die oft nicht extra ausgewiesen wird bzw. in der Managementgebühr enthalten ist), den Transaktionskosten und den sonstigen (administrativen) Kosten zusammen. Von Seiten der Branchenvertreter sind erste Schritte unternommen worden, um diesem Makel entgegenzutreten. So wurde die sog. Total Expense Ratio (TER) zur besseren Vergleichbarkeit eingeführt. Der Teufel steckt jedoch wie immer im Detail. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um die „Gesamtkostenquote“, wie die Übersetzung suggeriert. Transaktionskosten und erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile werden nicht erfasst. Vor allem große Schweizer Anbieter wie die UBS haben sich dieser Problematik angenommen und haben viele Ihrer Fonds mit einer „All-in-Fee“ ausgestattet, die dann auch wirklich alle Kosten enthält.

Gerade die Gestaltung der erfolgsabhängigen Vergütung, wird oft in den „Tiefen“ des Verkaufsprospektes versteckt und kaum verständlich. So wird zum Beispiel bei den Typ O-Aktienfonds der DWS eine Gebühr von bis zu ¼ der relativen Outperformance über dem Vergleichsindex abzüglich der fixen Managementgebühr erhoben. Allein die Höhe (immerhin 25%!) selbst ist schon zu kritisieren, da dies eher den Dimensionen für Hedgefonds entspricht, die jedoch i.d.R. eine deutlich geringere fixe Vergütung haben, als die Typ O-Fonds der DWS. Diese Vergütung wird täglich berechnet und um eventuelle Underperfomance-Zeiträume bereinigt. Jedoch beginnt die Berechnung immer am Geschäftsjahresende neu, d.h. Verluste aus den Vorjahren müssen nicht erst wieder aufgeholt werden. Auch bereits erreichte Höchststände im Fondspreis (sog. „High-Water-Marks“) müssen nicht erst wieder erreicht werden, um die Vergütung zu bekommen. Schlechte Jahre für den Anleger bedeuten also nicht gleich schlechte Jahre für das Fondsmanagement bzw. die DWS.

Beim durch Medical Strategy aus München beratenen Fonds Medical BioHealthTrends geht man einen besseren Weg. Hier wird die -auch täglich berechnete- „Leistungsprämie“ nur für absolut positive Ergebnisse über 8% p.a. (sog. „Hurdle-Rate“) gezahlt und der historische Höchstkurs muss wieder überschritten werden. Alles in allem der deutlich fairere Weg für Investoren.

Fazit

Nach wie vor werden teilweise immer noch Äpfel mit Birnen verglichen, Fachbegriffe dem Marketinggedanken geopfert oder mit dem Unwissen der Anleger gute Geschäfte gemacht. Die drei häufigsten Kritikpunkte (Anlageuniversum, Fondsbezeichnung, Kosten) wurden im Artikel beleuchtet und anhand von Beispielen erläutert. Das Scope-Aktienfondsrating kann hier Abhilfe schaffen, da sowohl durch das neuartige Analysetool Macro-Scope als auch durch eine qualitative Analyse viele dieser Punkte transparenter gemacht werden können. 



Tilo Marotz ist Senior Analyst im Bereich Aktienfonds bei der Scope Group in Berlin. www.scope.de


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