Nach dem Scheitern der europäischen Ratingagentur als Gegenpol zu den dominanten amerikanischen Ratingagenturen forcieren die Regulatoren die Eigenverantwortung institutioneller Investoren beim Thema Rating beziehungsweise der Einschätzung von Kreditrisiken. "Das ist auch der richtige Weg. Schließlich sind beispielsweise Versicherer und Versorgungswerke für die treuhänderische Verwaltung der ihnen anvertrauten Gelder selbst verantwortlich und sollten sich durch interne oder externe Expertise entsprechend rüsten", sagt René Hermann, Partner von Independent Credit View (I-CV).
"Es ist sinnvoll, dass die Stoßrichtung der Regulatoren hier ansetzt und die institutionellen Anleger sich in der Folge wieder bewusst mit dem Themenkreis Kreditrisiko auseinandersetzen. Denn diese Eigenverantwortung wurde lange Zeit ausgeblendet", so Hermann. Ziel der Regulatoren ist es, dass die Investoren weder in undurchsichtige Finanzkonstrukte, die sie selbst nicht verstehen, investieren und dass sie nicht ungeprüft auf offizielle Ratings vertrauen. "Einfach ausgedrückt: Anleger sollten nicht blindlings auf externe Rating vertrauen, sondern müssen sich kritisch damit auseinandersetzen, um so Anlageentscheide breit abzustützen und nachvollziehbar auszugestalten", sagt Hermann.
Aktiver Prozessaufbau
Hier liegt die große Herausforderung für die bereits angesprochenen Versicherer und Versorgungswerke. Sie müssen für die eigenen Kreditrisikobeurteilungen aktiv das erforderliche Know-how und die notwendigen Prozesse aufbauen, um diese durchaus große Aufgabe bewältigen zu können. Dabei sollten sie nicht nur den regulatorischen Anforderungen gerecht werden, sondern im Idealfall auch solch effiziente Lösungen finden, die unternehmerisch einen Mehrwert liefern. Es handelt sich zudem um einen komplexen sowie fließenden Vorgang, der einer ständigen Berücksichtigung neuer Entwicklungen an den Finanzmärkten bedarf.
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