Kohle im Fokus von Divestments

Der Wert und die Bedeutung, die Kohle vor allem in der Vergangenheit beigemessen wurden, finden sich nicht zuletzt in der synonymen Bezeichnung für Geld wieder. Ob allerdings auch in Zukunft viel „Kohle“ mit Kohle zu machen sein wird, kann bezweifelt werden. Denn das Thema des „Fossil Divestments“ – des Verkaufs von Investments im Bereich fossiler Energien – fokussiert in letzter Zeit nämlich vor allem auf Kohle. Raiffeisen Capital Management | 05.07.2016 11:00 Uhr
Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management / ©  Raiffeisen Capital Management
Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management / © Raiffeisen Capital Management
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Aus Sicht einer nachhaltigeren Energiezukunft bestehen gute Chancen, dass die Anstrengungen in Richtung Klimaschutz nicht zuletzt nach dem Erfolg von COP 21, der Klimakonferenz in Paris im letzten Dezember, die Bedeutung fossiler Energieträger, nämlich Steinkohle, Braunkohle, Torf, Erdgas und Erdöl, deutlich abschwächen könnten. Kohle als bedeutendste Quelle von CO2-Emissionen weltweit wäre von einer derartigen Entwicklung besonders stark betroffen. Investments in Unternehmen, die Kohle fördern oder zur Energieerzeugung verbrennen, könnten wegen des konzertierten Ausstiegs aus fossilen Energieträgern durch institutionelle Investoren weltweit zu Risiko-Investments werden. Das Nachhaltigkeitsteam von Raiffeisen Capital Management[1] hat die Branche unter die Lupe genommen und Unternehmen nach Standards und Alternativen im Bereich der Energieerzeugung befragt.

Der Hauptgrund der massiven Kritik an Kohle im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist, dass sie im Wesentlichen aus Kohlenstoff besteht. Die Verbrennung ist daher mit vergleichsweise hohen CO2-Emissionen verbunden. Dazu kommen Schadstoffemissionen von Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden und Feinstäuben. Die durch den Tagebau bei Braunkohle entstehenden Umweltschäden können nur durch umfangreiche Rekultivierungen beseitigt werden.

Divestments: massiver Einfluss auf Energiebranche

Der Beginn der „Divestment“-Idee geht bis ins Jahr 2010 zurück. Am Anfang stand eine kleine studentische Initiative in den USA. Mittlerweile hat die Idee eines Abzugs von Investments aus Unternehmen, deren Geschäftsfeld in den Bereich der Förderung oder Verarbeitung fossiler Energieträger liegt, jedoch stark an Bedeutung gewonnen. Eine Vielzahl institutioneller Investoren hat sich inzwischen dazu bekannt, vor dem Hintergrund des Kampfes gegen den Klimawandel Geldanlagen in betroffenen Unternehmen zu reduzieren, zu begrenzen oder gar völlig auszuschließen.

In diesem Zusammenhang ist auch eine finanzielle Argumentation für „Divestment“ zu erwähnen. Auf Basis von Berechnungen von McKinsey und Carbon Trust könnte eine Umsetzung des so genannten „Zwei-Grad-Ziels“ mit umfangreichen Maßnahmen zur Reduktion der weltweiten CO2-Emissionen die Energiebranche massiv treffen und den Börsewert von fossilen Energiekonzernen um bis zu 30 bis 40 Prozent reduzieren. Hinter diesen Berechnungen steht die Annahme, dass ein Teil der Kohle-, Erdöl- und Erdgasreserven dieser Unternehmen nicht mehr genutzt – sprich verbrannt – werden und damit wertlos werden könnten.

Im Dialog mit internationalen Versorgerunternehmen

Im Zusammenhang mit dem Thema Kohle zielt der Unternehmensdialog des Nachhaltigkeits-teams von Raiffeisen Capital Management auf die großen Versorgerunternehmen in den Industriestaaten ab, bei denen Potenzial für einen Teilausstieg oder völligen Ausstieg aus fossilen Energieträgern besteht. Die Antworten zeigen, dass sich die Branche aktuell bereits sehr intensiv mit dem Thema „Divestment“ aus fossilen Energieträgern auseinandersetzt. Dabei hängen die gewählten Ansätze und Strategien der Unternehmen sehr stark vom Umfeld des Landes – respektive der Region – ab, in dem oder der sie tätig sind. Deutsche Unternehmen etwa sind in ihrer Herangehensweise stark durch die „Energiewende“ geprägt, kanadische Unternehmen durch die reichlich vorhandenen Ressourcen an Erdgas.

Die Zukunftsfähigkeit für fossile Energieträger wird von den Unternehmen nur mit Abstrichen bejaht. Im Bereich der erneuerbaren Energien sieht man eine stufenweise Reduktion der – auch länderspezifisch unterschiedlichen – Subventionierungen und ein verstärkt marktorientiertes System. Die Strategien der einzelnen Länder zur Erreichung der Klimaziele gemäß COP 21 sind für die Unternehmen ebenfalls bereits wesentliche Determinanten für ihre Strategie in Bezug auf CO2 und fossile Energieträger. Oft existieren Pläne darüber, welche Anlagen, die mit fossilen Energieträgern befeuert werden, vom Netz genommen werden sollen. Auf der anderen Seite führt die wachsende Bedeutung von nicht laufend zur Verfügung stehenden Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien zu Herausforderungen für die Energienetze einerseits und zu erhöhten Volatilitäten der Energiepreise andererseits. Hohe Einspeisungen aus Windenergieanlagen haben die Spotpreise für Strom in Europa in der jüngeren Vergangenheit sogar in den negativen Bereich fallen lassen.

Unternehmen wie die finnische Fortum sehen in Solar- und Windkraft, neuen Entwicklungszusammenarbeiten für zukunftsweisende Technologien sowie Investitionen in Produktivität und Effizienz auch Wachstumspotenziale für das eigene Unternehmen. Einige Unternehmen setzen sich klare Ziele: Die italienische Enel will 2019 bereits 52 Prozent der Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen erzielen, die diesbezügliche Latte bei der portugisischen EDP liegt bei 75 Prozent. Die mangelnde Bepreisung von CO2 wird von den Unternehmen als großes Manko betrachtet, der Zertifikate – basierte Emissionshandel sollte in seiner Effektivität von der Politik unterstützt werden. 

Die Nachhaltigkeitsfonds von Raiffeisen Capital Management sind derzeit weder in Kohleabbau tätigen Unternehmen noch in einem der im Rahmen des Engagementprozesses adressierten Unternehmen investiert. Die Fondsgesellschaft ist in diesem Zusammenhang auf Unternehmen fokussiert, die auf erneuerbare Energien setzen.

Noch ein Gedanke dazu:

Die Energiewende in Deutschland wird zugleich bewundert und verteufelt. Von einem mutigen Schritt in die richtige Richtung ist da die Rede, von enkeltauglichen Entscheidungen in der Energiepolitik. Auf der anderen Seite ist die Art und Weise der Umsetzung umstritten. Die Kritikpunkte reichen von einem zügellosen, nicht finanzierbaren Ausbau der erneuerbaren Energien bis zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit.

Energiepolitik bedeutet für die Verantwortlichen nicht selten eine „Lose-lose-Situation“. Die Abhängigkeit von Importen aus nicht unumstrittenen Förderländern ist beim Konsumenten und Wähler genauso wenig beliebt wie der Neubau von Kraftwerken in der eigenen Umgebung.
Am einfachsten wäre es also, den eigenen Energieverbrauch im Detail unter die Lupe zu nehmen. Nicht nur die anderen, sondern auch wir selbst können die „klimatische Wende“ einleiten und unterstützen. Klimaschutz bedeutet nicht nur eine neue Verordnung aus der Politik, sondern eine Anpassung der Art und Weise, wie wir selbst Energie verbrauchen. Gefahrene Autobahnkilometer, Flugreisen und die Beheizung der eigenen vier Wände sind genauso wesentliche Themen wie energiefressende Haushaltsgeräte oder exzessiver Fleischkonsum. Die Schuld am Klimawandel liegt also nicht nur bei bösen Kohlekraftwerken, sondern auch beim „unschuldigen“ Wiener Schnitzel daheim …

Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management

[1] Raiffeisen Capital Management steht in diesem Text für Raiffeisen Kapitalanlage GmbH (Raiffeisen KAG).

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