Wolfgang Pinner über medizinische Versorgung: "Ein Grundrecht für alle?"

Was darf ein Medikament, das Heilung bringen kann, letztlich kosten? Und wie stark dürfen wirtschaftliche Interessen die Berechnung eines Maximalpreises bestimmen? In der neuesten Ausgabe der Kolumne "Nachhaltig Investieren" geht Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management, der Frage auf den Grund, ob "gesund zu sein" ein Grundrecht des Menschen darstellt. Raiffeisen Capital Management | 18.04.2016 11:00 Uhr
Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management / ©  FNG Österreich
Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management / © FNG Österreich
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"In vielen Entwicklungsländern ist der Zugang der Menschen zur Gesundheitsversorgung keine Selbstverständlichkeit. Dies hat auch Implikationen für die großen Pharmakonzerne. Bei der Diskussion rund um die medizinische Versorgung und deren Finanzierung muss man sich generell die Frage stellen, ob gesund zu sein quasi ein Grundrecht des Menschen darstellt. Was darf ein Medikament, das Heilung bringen kann, letztlich kosten? Und wie stark dürfen wirtschaftliche Interessen die Berechnung eines Maximalpreises bestimmen?

Die Auffassung von einer guten medizinischen Versorgung kann absolut oder relativ definiert werden. Während eine absolut schlechte Versorgung in der Regel mit geringem Einkommen und tiefen Sozialstandards in den jeweiligen Ländern verbunden ist, geht in einzelnen entwickelten Staaten die Schere zwischen dem allgemeinen Krankenkassensystem und privater Zusatzversorgung immer weiter auf. Das Verhältnis zwischen den Gesundheitsausgaben der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherungen liegt im deutschsprachigen Raum bei rund 7:1.

Bekämpfung extremer Armut und ausufernde Medikamentenpreise

Der absolut ungenügende Zugang zur Gesundheitsversorgung in den ärmsten Ländern der Welt war Auslöser dafür, dass sich vier der insgesamt acht Millennium-Entwicklungsziele („Millennium Development Goals“) der Vereinten Nationen mit der Verbesserung der Gesundheitsstandards in diesen Regionen auseinandersetzen. Dabei geht es um die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger; die Senkung der Kindersterblichkeit; die Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern und die Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und anderen schweren Krankheiten.

Relativ gesehen sind aber auch den Behandlungskosten in den „reichen“ Industrieländern Grenzen gesetzt. Die öffentlichen Gesundheitsregime sind bei hohen Einzelkosten oft überfordert. Der Anteil der Ausgaben für Arzneimittel an den Gesundheitskosten liegt in Österreich und in Deutschland bei rund 20 Prozent. Öffentliche Systeme der Gesundheitsversorgung stehen vor dem Thema, ob extrem teure Medikamente mit hohen Heilungschancen für seltene Krankheiten angeschafft werden können und sollen. Ein Beispiel dafür ist die Diskussion rund um eine neue Hepatitis-C-Therapie mit dem Medikament „Sovaldi“ des Herstellers Gilead. Die Gesundheitsbehörden in Großbritannien und Spanien haben sich entschlossen, das Medikament nicht, oder nur rationiert, abzugeben. Die Aufwendungen einer großen österreichischen Gebietskrankenkasse für „Sovaldi“ betrugen in einem Jahr rund 30 Mio. Euro für die Behandlung von 600 Patienten. Im gleichen Zeitraum wies diese Krankenkasse einen Verlust in Höhe von 60 Mio. Euro aus.

Verbesserter Zugung zu medizinscher Versorgung in den ärmsten Ländern.

In den ärmsten Ländern wurde eine Erleichterung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung einerseits durch die genannten Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, andererseits durch die Doha-Deklaration unterstützt. Diese relativiert – im Krisenfall – das TRIPS-Abkommen – eine Regelung für Urheberrecht, Markenrecht und Patente, z.B. bei der Bekämpfung von HIV/Aids. Die Doha-Deklaration hat zu einer Verbesserung der Position der Entwicklungsländer gegenüber den Pharmakonzernen geführt. Vor allem in Schwarzafrika haben Seuchen und ansteckende Krankheiten einzelne Länder in eine teilweise ausweglose Situation für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung gebracht. Die durch internationale Initiativen gestärkten Regierungen in den betroffenen Ländern einigen sich mit den Pharmaunternehmen daher zunehmend auf „Entwicklungszusammenarbeit“ – im Wesentlichen also Marktzugang gegen Kostenreduktion. 

Unternehmensdialog: Preisgestaltung in Abstimmung mit Märkten

Raiffeisen Capital Management hat einige Pharmaunternehmen unter die Lupe genommen und das Thema der Preisfindung für relativ wie absolut hochpreisige Medikamente im Rahmen eines Unternehmensdialogs in den Mittelpunkt gestellt. Die befragten Unternehmen gaben an, dass das Pricing der Medikamente in Zusammenarbeit mit Regierungen, Gesundheitssystemen und denjenigen, die letztlich für die Kosten aufkommen müssen, erfolgt. Prinzipiell versuchen die Pharmaunternehmen, die Preise adäquat zum jeweiligen Markt zu gestalten. Dies ist aber in Ländern mit niedrigem und teils auch in solchen mit mittlerem Einkommen schwierig. In ärmeren Ländern kommen mitunter Systemineffizienzen, hohe Logistikkosten oder Einfuhrzölle hinzu. Viele Regierungen sehen innovative Medizin eher als Kostenfaktor denn als Chance.

Roche – im Branchenvergleich Primus in Sachen Nachhaltigkeit

Roche schneidet im Hinblick auf das Thema medizinische Versorgung im Branchenvergleich überdurchschnittlich gut ab. So verzichtet das Unternehmen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, wo mehr als 22,5 Mio. Menschen von HIV/Aids betroffen sind, auf die Anmeldung der Patente auf antiretrovirale HIV-Medikamente. Patentrechte werden nicht durchgesetzt, was den betroffenen Ländern die Herstellung und den Vertrieb von Generika ermöglicht. Zudem soll die Erschwinglichkeit der Medikamente verbessert werden. Im Sinne einer wertorientierten Preisbildung arbeitet Roche bei der Markteinführung eines Produkts mit Regierungen, Versicherungen und anderen Gesundheitsdienstleistern zusammen, um den Wert eines Präparats festzulegen. Roche unterstützt auch die Stärkung der Infrastruktur im Gesundheitswesen und fördert u.a. die Ausbildung und Schulung von Gesundheitsfachkräften sowie den Aufbau von Kliniken und Labors.

Fazit:

„Access to healthcare“ ist ein Terminus, der sich historisch auf die medizinische Versorgung der ärmsten Länder bezog. Doch er betrifft – in Hinblick auf die öffentliche Versorgung – letztlich uns alle: über eine immer weiter aufgehende Schere zwischen Kosten und Beitragszahlungen."

Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung Nachhaltige Investments, Raiffeisen Capital Management

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