Swisscanto verzichtet auf Securities Lending

Swisscanto hat die Vor- und Nachteile der Wertpapierleihe (Securities Lending) für die Anleger der Swisscanto Fonds geprüft. Aufgrund der Schlussfolgerungen wurde beschlossen, die Wertpapierleihe einzustellen. Swisscanto Invest | 26.09.2012 09:09 Uhr
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Anleger können sich deshalb in Zukunft darauf verlassen, dass in ihren Swisscanto Fonds keine Wertpapierleihe getätigt wird. Damit kommt Swisscanto auch den Wünschen von institutionellen Anlegern entgegen, welche zunehmend auf die Wertpapierleihe verzichten wollen, oder zum Beispiel von Krankenkassen, denen die Wertpapierleihe untersagt ist. In den kommenden Monaten werden die entsprechenden Produktdokumente und -prospekte der neuen Situation angepasst. Nachfolgend möchten wir Ihnen unsere Überlegungen zu diesem Entscheid aufzeigen.

Vor- und Nachteile der Wertpapierleihe

Seit dem verbreiteten Aufkommen von Wertpapierleihprogrammen vor rund 30 Jahren hat sich dieses Geschäft zu einer zusätzlichen Ertragsquelle für Banken und Investoren entwickelt. Die Swisscanto Anlagefonds beteiligten sich auch an verschiedenen Wertpapierleihprogrammen, deren Erträge jeweils den Fonds zuflossen. Den Zusatzerträgen stehen jedoch Nachteile entgegen, welche aus Sicht von Swisscanto die Vorteile mittlerweile überwiegen. Die folgenden Punkte geben eine Übersicht über die in Forschung und Öffentlichkeit am häufigsten vorgebrachten Argumente:

(1) Inhärente Interessenkonflikte

Die Interessen des Ausleihers und des Borgers sind entgegengerichtet. So profitiert der Borger beispielsweise bei Leerverkäufen vom Kurszerfall des Titels und damit auch von Informationen, die diesen beschleunigen. Was bedeutet dies? In "normalen" Zeiten bilden die Märkte stets ein Gleichgewicht. In turbulenten Zeiten können jedoch "selbsterfüllende Prophezeiungen" (zum Beispiel starker Anstieg der Leerverkäufe) zu irreversiblen Übertreibungen wie beispielsweise dem Konkurs oder der Übernahme einer Unternehmung führen. Obwohl die Grösse des Effektes umstritten ist, stand deshalb zu Beginn der Finanzkrise 2007/08 auch das Leerverkaufsverbot im Mittelpunkt der politischen Massnahmen. Weitere potenzielle Interessenkonflikte betreffen die Vermittlerparteien (zum Beispiel Depotstelle). Ihnen obliegt das Management der Collaterals, weshalb sie auch an deren Einkünften beteiligt sind, ohne zwingend für deren Sicherheit garantieren zu müssen. Hier besteht ein Anreiz, zu Lasten des Risikos die Rendite der Anlagen zu optimieren. So waren 2007/08 zahlreiche Cash Collaterals in nur vermeintlich sichere Mortgage-backed Securities (MBS) investiert.

(2) Einschränkung der Anlegerrechte

Eng mit der Thematik der Interessenkonflikte ist die Problematik des Übergangs des Stimmrechtes verbunden. Mit der Wertpapierausleihe geht der Stimmrechtsanspruch zum Borger über. Letzterer erhält dadurch die Möglichkeit, mit geringem Kostenaufwand grosse Aktienpositionen aufzubauen und allfällige Unternehmensentscheide in seinem Sinne – und allenfalls zum Nachteil des Ausleihers – zu beeinflussen (sogenanntes "Empty Voting"). Für einen Fondsanbieter wie Swisscanto kommt zudem hinzu, dass die aktive Stimmrechtswahrnehmung ein wichtiger Bestandteil des eigenen Leistungsversprechens gegenüber den Anteilseignern darstellt und von diesen typischerweise auch erwartet wird.

(3) Erhöhte Verlustrisiken

Kann oder will der Borger die Wertpapiere nicht zurückgeben, muss der Ausleiher das Collateral verkaufen und die Wertpapiere am Markt zurückkaufen. Ist das Collateral jedoch nicht von genügend hoher Qualität (Bonitätsrisiko) oder nicht jederzeit liquide, sind Wertverluste während der Leihdauer möglich. Und gerade in Krisenzeiten, in denen die Collaterals besondere Wichtigkeit erlangen, kumulieren sich typischerweise diese und andere Negativfaktoren (zum Beispiel Ausweitung der Spreads, rasche Ratingverschlechterungen). Dazu kommt, dass ein Collateral, welches sich anstelle eines Titels in einem Fonds befindet, schwer einschätzbare steuerliche Risiken haben kann. Allgemein kann deshalb gesagt werden, dass sich im Zuge der Finanz- und Eurokrise die Qualität der hinterlegten Sicherheiten (zum Beispiel Staatsanleihen) bereits merklich verschlechtert hat und bei einer weiteren Verschärfung spürbare Verluste drohen könnten.

(4) Intransparenz

Es ist dem Ausleihenden typischerweise nicht ersichtlich, an wen und zu welchen Kosten ein Wertpapier verliehen wird. So werden Titel heute teils über mehrere Stufen hinweg verliehen, mit entsprechenden Systemrisiken im Falle auch nur eines Ausfalls in der Kette.

(5) Einhaltung der Anlagerestriktionen

Eine zunehmende Anzahl insbesondere institutioneller Investoren möchte aus eigenem Antrieb oder aufgrund regulatorischer Vorgaben auf Anlagen mit der Möglichkeit der Wertpapierleihe verzichten. So untersagt beispielsweise Art. 80i der Verordnung über die Krankenversicherung den schweizerischen Krankenkassen die Effektenleihe gänzlich. Nur ein vollständiger, zeitlich unbeschränkter Verzicht seitens des Fondsanbieters kann diesem Anspruch gerecht werden.

(6) Securities Lending im Fokus der Regulatoren

Auch Politik und Aufsichtsbehörden befassen sich zunehmend kritisch mit den Möglichkeiten der Wertpapierleihe. So verfügte beispielsweise die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) weitreichende Einschränkungen bezüglich Leerverkäufen ab dem 1. November 2012. Ebenfalls werden Vorschriften im Rahmen der UCITS (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities) Richtlinien diskutiert. Die schweizerische Finanzmarktaufsicht FINMA erhöhte letztmals 2009 die Anforderungen an Leihprogramme. Der Bundesrat hat im Bericht über die Zukunft der 2. Säule die Thematik der Gefahren der Wertpapierleihe aufgegriffen, insbesondere wird erwähnt, Zitat: "... zumal die Erträge aus entsprechenden Geschäften meist minimal sind." Obwohl derzeit kein weiterer Schritt kommuniziert ist, werden die internationalen Entwicklungen verfolgt und allenfalls notwendige Schritte ergriffen.

Zusammenfassung und Ausblick

Swisscanto überprüft regelmässig ihre Prozesse und Positionierung. Dabei wurde auch geprüft, ob die Wertpapierleihe unter Berücksichtigung aller Faktoren noch im Interesse der Anleger ist. Aus oben genannten Gründen sieht Swisscanto eine zunehmende Diskrepanz zwischen möglichen Erträgen und allfälligen Risiken. Swisscanto wandelt deshalb den bisherigen temporären Verzicht auf die Wertpapierleihe in einen definitiven um. Die bewusst konservative Positionierung von Swisscanto hat sich in der Vergangenheit bewährt und wir sind überzeugt, dass dies auch für die Zukunft eine nachhaltige und langfristig orientierte Lösung im Interesse unserer Kunden ist.

Anhang – Wertpapierleihe in Kürze

Als Wertpapierleihe wird die Übertragung von Wertpapieren vom Ausleihenden (engl. Lender) an den Borger (engl. Borrower) bezeichnet. Der Borger verpflichtet sich dabei, Wertpapiere gleicher Art, Menge und Güte zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückzugeben. Zusätzlich muss der Borger die während der Leihdauer anfallenden Erträge (zum Beispiel Dividenden) der Wertpapiere dem Ausleihenden überweisen. Zur Absicherung des Geschäftes kann eine Sicherheit (engl. Collateral) hinterlegt werden. Die Sicherheiten sind Wertschriften oder Barmittel. Der Ausleihende erhält vom Borger eine Gebühr für die Ausleihung der Wertpapiere und bezahlt dem Borger einen Zins für das Collateral. Die Differenz bildet den Nettoertrag aus dem Leihgeschäft für den Ausleihenden. Die Wertpapierleihe wird von einem Vermittler (engl. Lending Agent) abgewickelt. Als Vermittler treten Banken oder Depotstellen (engl. Custodians) auf, welche für die Vermittlungsdienstleistungen eine Gebühr erhalten.
Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
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