Der Ölpreis zählt

Ölschwemme oder emotionale Reaktion? Verschiedene Investmentexperten von Natixis Global Asset Management erläutern, welche Konsequenzen die niedrigen Ölpreise ihrer Meinung nach für Aktien- und Anleiheninvestoren sowie für das Verhältnis von Angebot und Nachfrage haben werden. Natixis Investment Managers | 01.03.2016 14:53 Uhr
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Ölschwemme oder emotionale Reaktion?

Anfang des Jahres sind die Ölpreise auf unter 30 US-Dollar pro Barrel gesunken. Grund hierfür waren Befürchtungen im Zusammenhang mit einem Überangebot auf dem Ölmarkt. Dazu hat auch die rückläufige Nachfrage aus China, wo die Konjunktur zurzeit an Fahrt verliert, beigetragen. In der Folge rutschten die Finanzmärkte weltweit praktisch in eine Baisse-Phase ab. Nachfolgend erläutern verschiedene Investmentexperten von Natixis Global Asset Management, welche Konsequenzen die niedrigen Ölpreise ihrer Meinung nach für Aktien- und Anleiheninvestoren sowie für das Verhältnis von Angebot und Nachfrage haben werden. Darüber hinaus erläutern sie, welche Anlagechancen die jüngste Verkaufswelle am Markt eröffnet hat.
Jörg Knaf, Natixis
Jörg Knaf, Natixis


"Wie es mit der Achterbahnfahrt an den Börsen weitergeht, kann keiner voraussagen. Gemessen an anderen Märkten und mit Blick auf die Konjunktur steht Europa aber besser da als andere Regionen. Egal in was man investiert, man muss starke Nerven haben – oder ein standfestes Portfolio, gespickt mit nicht korrelierenden alternativen Anlagen. Jetzt ist also aktives Management gefragter denn je."

David Herro, CFA®, CIO International Equities Harris Associates

"Neben dem nachlassenden Wachstum in China sorgt man sich an den Aktienmärkten weltweit vor allem um die weitere Entwicklung des Ölpreises. Aber ist es für die Märkte wirklich so schrecklich, dass der Ölpreis buchstäblich eingebrochen ist? Wir schenken den Ökonomen vermutlich deshalb keine Aufmerksamkeit mehr, weil sie einige Jahre zuvor noch einen Ölpreis von bis zu 200 US-Dollar pro Barrel prophezeit hatten. Mittlerweile liegt der Ölpreis aber nur noch bei rund 30 US-Dollar pro Barrel und das Pendel neigt sich offenbar ins andere Extrem.

Niedrige Preise lassen die Ölnachfrage ansteigen

Die Nachfrage nach Öl ist allerdings nicht so massiv eingebrochen, wie es das aktuelle Preisniveau vermuten lässt. Vielmehr zieht die Ölnachfrage mittlerweile sogar wieder an. So ist die Zahl der durchschnittlich gefahrenen Meilen in den USA nach Angaben des US-Verkehrsministeriums um über 4% gestiegen. Als die Öl- und Benzinpreise noch hoch waren, ging die Zahl der gefahrenen Meilen hingegen zurück. Gleichzeitig reißen sich die Kunden momentan um spritfressende SUVs, während Hybridmodelle bei den Händlern Staub ansetzen. Man passt sich also an das derzeitige Preisniveau an, denn sei es nun zu Recht oder zu Unrecht: Die Menschen fahren mehr und kaufen außerdem größere Fahrzeuge.

Falls die Weltwirtschaft in den nächsten fünf Jahren also tatsächlich so kräftig wachsen sollte, wie die Weltbank erwartet, werden wir auch in Zukunft immer mehr Öl benötigen.

Offshore-Förderung geht zurück

Die kostspieligsten Ölvorkommen und -reserven liegen vor den Küsten und repräsentieren etwa 20% des gesamten Ölangebots. Falls die Unternehmen aber nicht mehr Geld in die Offshore-Förderung investieren, wird dieses Segment um 8% bis 12% pro Jahr schrumpfen. Angesichts eines Ölpreises von deutlich unter 80 US-Dollar pro Barrel wird die Offshore-Förderung jedoch praktisch unerschwinglich. Deshalb rechnen wir damit, dass das Angebot an Offshore-Öl noch rasanter zurückgehen wird. Dadurch wird dann auch das Ölangebot insgesamt sinken.

Volatilität bietet Anlagechancen

Im Januar sind die Aktienkurse weltweit deutlich gefallen. Nach unserer Meinung wird der Wert hochqualitativer Unternehmen dadurch aber langfristig nicht beeinträchtigt. Vielmehr eröffnet diese Entwicklung sogar eine attraktive Kaufgelegenheit, um von den Wertschwankungen am Markt, die durch diverse nichtfundamentale Faktoren ausgelöst worden sind, zu profitieren.

Darüber hinaus muss man sich auch vor Augen führen, dass niedrige Energiepreise den Konsumenten sehr zugutekommen können. Schließlich bezahlen sie nun weniger Tank- und Heizkosten. Die Verbraucher haben also mehr Geld in der Tasche, das sie ausgeben können, um damit die Wirtschaft anzukurbeln."

Chris Wallis, CFA®, CEO, CIO
Vaughan Nelson Investment Management

"Trotz der stark gesunkenen Ölpreise sowie anderer volkswirtschaftlicher Probleme, die im Januar an den Märkten eine Verkaufswelle ausgelöst haben, sollten langfristig ausgerichtete Investoren nicht übermässig besorgt sein. Vielmehr hat diese Entwicklung sogar Anlagechancen, die der Markt zurzeit noch unterschätzt.

Einer der aktuell weltweit preiswertesten Vermögenswerte ist das Barrel Öl. Wir sind der Ansicht, dass die gesamte E&F-Branche, also die Exploration und Förderung der Öl- und Gasindustrie, den Betrieb einstellen müsste, wenn der Ölpreis dauerhaft bei 30 US-Dollar pro Barrel verharren würde. Es muss sich also zweifellos etwas ändern. Deshalb rechnen wir damit, dass die Ölpreise im Jahr 2016 wieder anziehen werden. Darüber hinaus gibt es in diversen Sektoren – von der Ölbranche über die Industrie bis hin zum Einzelhandel – momentan beträchtliche Überschussbestände. Sobald diese Lagerbestände abgebaut worden sind, dürfte der Preis wieder nach oben gehen.

Ausblick für den Energiesektor

Obwohl wir es derzeit weltweit mit einem Überangebot an Öl zu tun haben, geht dieses allmählich deutlich zurück. In den USA etwa sind bereits genügend Förderanlagen stillgelegt worden. Nach unserer Meinung beläuft sich das aktuelle Überangebot auf lediglich rund 1,5 Mio. Barrel und ist damit wesentlich niedriger als noch in den 1980er Jahren, als die OPEC-Staaten und Saudi-Arabien deutlich mehr Überschusskapazitäten hatten. Seinerzeit konnten diese Länder über Jahre hinweg zu viel Öl fördern und so ihre Mitbewerber verdrängen. Inzwischen verfügen diese Staaten jedoch nicht mehr über ein derartiges Überangebot.

Darüber hinaus bedarf es übrigens gar keiner grundlegenden Veränderung beim Nachfragewachstum, um die weltweiten Lagerbestände abzubauen. Schließlich kann gar nicht so viel Öl gefördert werden, wie bei einem Preis von 35 US-Dollar pro Barrel benötigt wird. Den Wirtschaftsdaten zufolge ist die Ölnachfrage nämlich ungebrochen hoch. Deshalb gehen wir ganz grundsätzlich davon aus, dass wir es in einem bis anderthalb Jahren wieder mit einem knappen Angebot an Öl zu tun haben werden – vorausgesetzt natürlich, die Nachfrage bricht nicht massiv ein.

Bei sinkenden Ölpreisen zieht die Nachfrage tendenziell an. Deshalb nimmt die Nachfrage zurzeit auch wieder langsam zu und das recht kräftig. Nach unserer Ansicht kann man die weltweite Energienachfrage auch bei einem Preis von rund 90 US-Dollar pro Barrel decken. Und bei 80 bis 90 US-Dollar je Barrel muss man wahrscheinlich nicht einmal auf Offshore-Vorkommen zurückgreifen. Aus diesem Grund könnten Offshore-Förderer ebenso wie ihre Zulieferer vermutlich aus dem Geschäft gedrängt werden. Dies aber wird das Ölangebot dann natürlich noch zusätzlich einschränken.

Anlagechancen in ausgewählten Small Caps

Kleinere Unternehmen aus ausgewählten Segmenten des Energiesektors bieten momentan vielversprechende Anlagechancen. So rechnen wir damit, dass sich etwa Raffinerie-Dienstleister positiv entwickeln dürften. Allerdings macht der Markt auf Einzeltitelebene im Moment einfach keine Unterschiede und differenziert nicht genug. Angesichts der jüngsten Verkaufswelle sind die Aktien dieser Unternehmen deshalb mittlerweile attraktiv bewertet. In Houston gibt es ein Sprichwort: „Geh im Westen short, im Osten long.“ Die Raffinerien befinden sich im Osten der Stadt.

Im Allgemeinen denken wir bei Vaughan Nelson aber in Zeiträumen von drei Jahren – und nicht von drei Monaten. Deshalb sind die kurzfristigen Auswirkungen der Ölpreise für uns eher nachrangig."

David Lafferty, CFA®, Chief Market Strategist Natixis Global Asset Management

"Unter Berücksichtigung aller Wirtschafts- und Fundamentaldaten am Markt sind wir nicht der Ansicht, dass die aktuelle Tendenz der Ölpreise für eine globale Rezession spricht.

Der Preisverfall beim Öl von über 100 US-Dollar pro Barrel von Mitte 2014 auf fast 28 US-Dollar je Barrel (Stand: 20. Januar) ist vielmehr durch einen komplexen Mix von Faktoren ausgelöst worden. Dazu zählen:

  • eine schleppende Nachfrage,
  • ein steigendes Angebot,
  • ein stärkerer US-Dollar.

Natürlich ist die weltweite Nachfrage derzeit zwar keineswegs robust, aber sie steigt nach wie vor an. Insgesamt gehen wir davon aus, dass der aktuelle Rückgang der Ölpreise nicht auf eine unzureichende Nachfrage zurückzuführen ist: Er ist im Wesentlichen eine Folge des Überangebots. Der zunehmende Einsatz der Fracking-Technologie in den USA hat in Verbindung mit dem Widerwillen der OPEC-Staaten, ihre Förderung zu drosseln, zu einem Überangebot geführt, das die Preise nach unten treibt. Und da wir den Preiseinbruch beim Öl in erster Linie der Angebots- und nicht der Nachfrageseite zuschreiben, handelt es sich dabei kaum um einen Vorboten einer weltweiten Rezession.

Außerdem rechnen wir mit einem moderaten Konsumwachstum, weil die Arbeitnehmer wegen der gesunkenen Ölpreise im Vergleich zu 2015 mehr Geld in der Tasche haben, das sie ausgeben können.

Schwäche der Ölpreise wird nicht ewig anhalten

Wir halten Öl auf dem aktuellen Preisniveau für deutlich unterbewertet. Obwohl die Grenzkosten für die Förderung sowohl auf regionaler Ebene als auch je nach Förderanlage variieren, dürfte ein Preis von unter 40 US-Dollar pro Barrel letztlich zu einer sinkenden Produktion führen.

Derzeit sind einige Förderer aber noch abgesichert, weil sie ihre zukünftigen Fördermengen bereits zu höheren Preisen verkauft haben. Wir gehen davon aus, dass einige Staaten die Produktion sogar noch weiter erhöhen werden, weil die niedrigeren Preise große Löcher in ihre Staatshaushalte reißen und die Sozialausgaben beeinträchtigen. Außerdem liegen die aktuellen Lagerbestände beim Öl auf einem historischen Hoch.

Dieses Umfeld wird jedoch nicht auf Dauer anhalten. Wir rechnen auf lange Sicht mit einer sinkenden Ölförderung, sodass das Angebot irgendwann auch wieder der schleppenden Nachfrage entsprechen wird. Im Rahmen dieses neuen Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage sollte der Ölpreis dann wieder auf 45 bis 65 US-Dollar pro Barrel anziehen. Das aber könnte durchaus noch sechs bis 18 Monate dauern."

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