Barings: Handelskrieg und Handelsfrieden

Christopher Smart, Head of Global Macroeconomic and Geopolitical Research bei Barings, wirft einen Blick auf den fragilen Waffenstillstand in den transatlantischen Handelsbeziehungen. Barings | 13.08.2018 11:55 Uhr
Christopher Smart, Head of Global Macroeconomic and Geopolitical Research, Barings / © Barings
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Trotz all des Geredes über einen Handelskrieg, das diese Woche zu hören war, überreichte Jean-Claude Juncker, der Präsident der Europäischen Kommission, Präsident Trump ein Foto des amerikanischen Friedhofs in seinem Heimatland Luxemburg, auf dem General George S. Patton begraben liegt. Es sollte an die gemeinsame geschichtliche Vergangenheit von Amerika und Europa erinnern.

Letztendlich lösten sich die jüngsten Handelsscharmützel in Wohlgefallen auf, und beide Seiten veröffentlichten positive Schlagzeilen. Doch die wirtschaftliche Beziehung bleibt angespannt. Investoren sollten sich darauf gefasst machen, dass der verbale Austausch sich in den nächsten Monaten weiterhin schärfen könnte. Präsident Trumps unverblümte Redeweise hilft, Tarifkonzessionen für einige amerikanische Güter zu sichern. Doch dieses Verhalten wird unserer Meinung nach kommende Gespräche über die Ausweitung der Dienstleistungsmärkte, die Regulierung des Datenflusses und die Verbesserung von Investitionschancen verkomplizieren.

Der weitere Verlauf wird sich durch Beobachten der transatlantischen Investitionsströme herauskristallisieren. 

Diejenigen, die die Vorgehensweise des Präsidenten begrüßen, sehen in ihm eine starke Führungsperson. In ihren Augen schreckt er nicht davor zurück, die festgefahrenen Verhandlungen zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) aufzumischen.  Er weiss, dass die USA für importierte Kleintransporter einen Importtarif von 25 % verlangen. Dennoch drängt er Brüssel in die Defensive, indem er die 10%-igen Tarife Europas auf Automobile anprangert. 
 

Beide Seiten haben zwar ehrgeizige Vorschläge für TTIP auf den Tisch gelegt, durch die fast alle Tarife aufgehoben werden sollen, doch die Verhandlungen über einige der schwierigsten nichttariflichen Themen bleiben ungelöst:

 

  • Haben die Europäer das Recht, ohne solide wissenschaftliche Beweise die Importe genveränderter Lebensmittel zu beschränken?
  • Werden die USA mehr europäische Firmen an Ausschreibungen für lukrative Regierungsaufträge teilnehmen lassen?
  • Und wie steht es mit den immer häufiger werdenden Straßendemonstrationen auf beiden Seiten des Atlantiks, bei denen es um ein abstruses Rechtsverfahren namens „Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Investoren und dem Staat“ (ISDS) geht?

Dieser Mechanismus schützt ausländische Investoren seit langem vor willkürlicher Behandlung. In jüngster Zeit ist er jedoch ins Fadenkreuz von Handelskritikern geraten, die darin einen Freifahrtschein für multinationale Unternehmen zur Umgehung der ordentlichen Gerichte sehen.

In der Zwischenzeit sind die Europäer aus ihrer Erstarrung erwacht. Möglicherweise war es die Kombination aus tatsächlichen Tarifen für europäischen Stahl und europäisches Aluminium und die angedrohten Tarife für die viel größere Automobilindustrie, die sie zu den Verhandlungen nach Washington kommen ließ. Es wäre durchaus vorstellbar, dass die unverblümten Forderungen des Präsidenten tatsächlich für ein besseres TTIP sorgen werden, das er und sein Wirtschaftsminister offenbar unterstützen wollen.
Ein Masterplan scheint jedoch nicht in Sicht. Obwohl sich Trump seit Wochen auf den Automobilsektor konzentriert, gaben er und Juncker jetzt bekannt, sich bei ihren Gesprächen auf „Nichtautomobil-Industriegüter“ konzentrieren zu wollen. Die Tarife für Stahl und Aluminium bleiben unangetastet, und tatsächlich werden neue Gebühren für Automobile in Betracht gezogen. 
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, liegen die Industrietarife tatsächlich bereits bei durchschnittlich 2 %. Das bedeutet, dass die wahren Verhandlungen mit Europa wesentlich verzwicktere Regeln für die Behandlung von Gütern der Gegenseite aufweisen werden.

Von besonderem Interesse ist die Art und Weise, wie beide Seiten Regulierungen einführen werden, die sich auf ausländische Importe auswirken. 

 

Der enge Fokus auf das Defizit im Warenhandel scheint angesichts der Tatsache, dass die Dienstleistungsexporte der USA nach Europa im Überschuss liegen, verfehlt. Der wachsende Anteil des transatlantischen Handels verlangt nach dauerhaften Beziehungen, die von gutem Willen getragen sind und auf verlässliche politische Unterstützung von beiden Seiten zählen können. Wie werden wir Finanzdienstleistungen regulieren, um die nächste globale Krise zu vermeiden? Wie werden wir mit dem wachsenden Fluss personenbezogener und wirtschaftlicher Daten umgehen, die in immer stärkerem Maß einen schwierigen Spagat zwischen Privatsphäre und nationaler Sicherheit erfordern?

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Schließlich ist anzumerken, dass Handelsströme zwar einen wichtigen Faktor darstellen, jedoch von den Investitionsströmen in beide Richtungen in den Schatten gestellt werden. Diese Ströme spiegeln ein langfristiges Vertrauen (beziehungsweise mangelndes Vertrauen) sowohl in die Wirtschaft als auch in die Politik eines Landes wider. Dieses Vertrauen basiert auf der Wahrnehmung, dass sich die Regierung des entsprechenden Landes für dauerhafte Beziehungen engagiert, anstatt einmalige Siege einfahren zu wollen.

Für ein Urteil mag es noch zu früh sein, doch Adam Posen vom Peterson-Institut für Weltwirtschaft hat hinsichtlich der jüngsten globalen Trends bereits Alarm geschlagen. Das längerfristige Bild, das der folgenden Tabelle zu entnehmen ist, könnte sogar noch beunruhigender sein. 

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Trotz all des Wachstums und der Dynamik in Asien kommen nahezu 60 % der ausländischen Direktinvestitionen in den USA aus Europa (Quelle: BEA/Factset; Stand: 31.3.2018). Diese wirken als wesentlich stärkerer Wachstumsmotor für den amerikanischen Arbeitsmarkt, als Tarifkürzungen es sein könnten. Trump‘s Politik setzt auf eine Kombination aus niedrigen Steuern, eine Lockerung der Regulierungen und unverhohlene Tarifdrohungen. Um die Effektivität dieser Politik am besten beurteilen zu können, sollte man diese Zahl im Auge behalten. 

Christopher Smart, Head of Global Macroeconomic and Geopolitical Research, Barings

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