„Die Welt hat sich verändert und wir sehen uns einem neuen Investmentparadigma für Anleihen gegenüber“, sagt Hubert Keller, CEO von Lombard Odier Investment Managers. „Die Ursachen hierfür liegen auf der Hand: historisch niedrige Renditen, ein erhöhtes Marktrisiko und fehlende Liquidität. Daher ist unserer Ansicht nach inzwischen ein Portfolioansatz notwendig, der die Kerninvestitionselemente ‚Core‘ und die Einzelinvestitionselemente ‚Satellite‘ neu definiert. Damit dürften Portfoliomanager besser in der Lage sein, die spezifischen Ziele von Investoren anzusprechen.
Traditionelle Kombination aus Aktien und Anleihen funktioniert nicht mehr
In der Vergangenheit führten Anleihen vier wesentliche Funktionen aus: Einkommensgenerierung, Kapitalschutz, Diversifizierung von Wachstumsaktiva und Bereitstellung einer Liquiditätsquelle. Das andere Element der Investmentmaschine waren Aktien: zweifellos ein höheres Risiko, aber eben auch eine attraktivere Performance. Heute ist die Ertragskraft von Anleihen jedoch nahezu null. Für anhaltend attraktive Anleihen dürften die Zinsen sogar weiter sinken – selbst wenn das aktuell schwer vorstellbar ist. Zudem leiden Anleihenmärkte heute zunehmend unter einem Liquiditätsengpass, weil Zentralbanken Staatsschulden horten und Geschäftsbanken den Anleihemarkt verlassen haben. Darüber hinaus bieten Anleihen derzeit wegen der historischen Tiefststände bei den Renditen einen deutlich geringeren Schutz in Bärenmärkten. Zu guter Letzt sind inzwischen auch Aktien angesichts der hohen Bewertungen und einem moderaten Wirtschaftswachstum in ihrer Ertragskraft limitiert. Aus diesen Gründen scheint es, dass die traditionelle und durchaus sehr erfolgreiche Kombination der Performancetreiber eines Portfolios aus Aktien und Anleihen heute so nicht mehr funktioniert. Ergo müssen wir, die Asset-Management-Branche und damit auch die Investoren, unsere Asset Allokation überdenken.
Anlageziele präzise allokieren
Wir glauben, dass der Portfolioaufbau heute um einen ‚Core‘ und eine Vielzahl von ‚Satellites‘ strukturiert werden sollte und die Elemente in ihrer Funktion präzise Anlageziele verfolgen müssen. Die Rolle des ‚Core‘ sehen wir zweigeteilt: Zum einen gilt es, eine stabile Performance zu liefern, zum anderen als Liquiditätsreservoir zu fungieren. Die Aufgaben der ‚Satellites‘ bestehen darin, die verbleibenden Ziele wie Rendite, Wachstum und Schutz vor Extremrisiken zu verfolgen. Im Rahmen des neuen Paradigmas ist es möglich, ein ‚Satellite‘-Element so zu konstruieren, dass es eine stabile Rendite liefert und über der eines klassischen Anleiheindizes liegt. Um dies zu erreichen, ist es jedoch unserer Meinung nach notwendig, dass Investoren Anleihen bis zur Fälligkeit halten. Diese Strategie immunisiert unseres Erachtens die Vermögenswerte gegen ein mögliches Verlustrisiko bei einem Anstieg der Zinssätze. Infolgedessen könnten Anleger dann ihre Risikoallokation auf im Weiteren gefasste Fremdfinanzierungsinstrumente konzentrieren, um die Rendite des Portfolios zu steigern. Mögliche Ausfallrisiken müssen aber natürlich dennoch durch eine robuste Kreditanalyse gemanagt werden.
Anlagethemen angemessen diversifizieren
Um vor dem Hintergrund der aktuellen Aktienbewertungen Wachstum zu erzielen, sind wir der Überzeugung, dass das Portfolio in sogenannte ‚High-conviction‘-Assets investiert werden sollte. ‚High-conviction‘ bedeutet nicht zwangsläufig ein höheres Risiko. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Anlagethemen mit einer angemessenen Diversifizierung umgesetzt werden. So kann beispielsweise das Thema Emerging Markets parallel über Aktien – sowohl aus Schwellenländern als auch aus entwickelten Ländern -, Wandelanleihen, Staatsanleihen und sogar über Kredite ausgerollt werden. Das Ergebnis ist ein ‚Satellite‘, der diese Chance nutzt und das Anlagerisiko effektiver verwalten kann als ein einfacher Emerging-Markets-Aktienindex. Falls die Anforderung besteht, ein größeres Anlagerisiko einzugehen, so können hierfür gezielte Strategien in einem zusätzlichen ‚Satellite‘ implementiert werden.
Mit liquiden Wertpapieren Risiken systematisch ausgleichen
Die ‚Satellites‘ bieten viele Vorteile, haben aber aufgrund ihrer spezifischen Ausrichtung einen Nachteil: weniger oder gar keine Liquidität. Investoren haben jedoch immer noch ein wesentliches Liquiditätsreservoir in Form des ‚Cores‘ in ihrem Portfolio. Ein liquider ‚Core‘ muss unserer Ansicht nach zu jeder Zeit in allen wichtigen Anlageklassen investiert sein, genauso wie ein traditionell, ausgewogenes Portfolio. Er muss aber auch das Kapital wirksamer schützen und eine größere Stabilität, als die ‚Satellites‘ bieten. Unsere Erfahrung zeigt, dass es durchaus möglich ist, Risiken systematisch auszugleichen, Markttrends aktiv zu nutzen und – vor allem in schwierigeren Phasen – Risiken zu reduzieren. Hoch liquide Wertpapiere ermöglichen dies.
Abschließend stellt sich noch die Frage, wie Vermögenswerte innerhalb eines Portfolios zwischen langfristigen Positionen und einem liquiden ‚Core‘ allokiert werden sollten? Unsere Antwort ist einfach: Grundlage sollten die angestrebten Ziele des Anlegers sein. Dies muss unserer Auffassung nach übrigens ohnehin der Ausgangspunkt für alle Vermögensverwaltungen sein. Angesichts der aktuellen Herausforderungen am Markt müssen die Ziele der Investoren viel deutlicher als lediglich durch eine Benchmark ausgedrückt werden. Sie müssen nicht nur Liquiditätsanforderungen, wesentliche Einnahmen, Performanceziele und auch die Risikobereitschaft einschließen. Hinzu kommen selbstverständlich auch alle weiteren spezifischen Präferenzen des Vermögensinhabers. Ein solches Vorgehen erlaubt es, die Performancetreiber eines Portfolios konstant zu aktualisieren, sodass einerseits Marktchancen genutzt und andererseits auch besser durch schwierigere Phasen navigiert werden kann.“