Das Jahr, in dem die Zentralbanken die Welt übernommen haben

Warum 2015 als das Jahr, "in dem die Zentralbanken die Welt übernommen haben" in Erinnerung bleiben wird und wir uns seither in ein turbulenteres Umfeld der „neuen Normalität“ begeben haben, das erklärt Jan Straatman, Global CIO, Lombard Odier Investment Managers, in seinem neuesten Marktkommentar auf e-fundresearch.com. Lombard Odier Investment Managers | 20.01.2016 15:00 Uhr
Jan Straatman, Global CIO, Lombard Odier Investment Managers / ©  Lombard Odier Asset Management
Jan Straatman, Global CIO, Lombard Odier Investment Managers / © Lombard Odier Asset Management
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

"Um diese Zeit vor einem Jahr prognostizierten wir, dass 2015 ein sehr schwieriges Jahr hinsichtlich der Bedingungen für die Wirtschaft und den Kapitalmarkt werden würde und stellten unser Basisszenario unter das Motto „kicking the can forward“, auf Deutsch also  „die Probleme weiter aussitzen“.

Wenn wir das Jahr Revue passieren lassen, dann könnten wir argumentieren, dass es das Jahr war, „in dem die Zentralbanken die Welt übernommen haben“. Wir haben die Schweizer Zentralbank gesehen, die die Bindung des Franken an den Euro fallen ließ; China erlaubte dem Renminbi abzuwerten und sorgte damit für Aufruhr an den Märkten; während die Fed bezüglich der Frage, wann und um wie viel sie die Zinsen erhöhen wird, für ein hohes Maß an Angst sorgte. Zudem haben wir gesehen, wie sowohl Aktien als auch Anleihen in den USA zum ersten Mal seit 2008 simultan eine schwache Performance zeigten. War 2015 also ein Jahr außergewöhnlicher Umstände? Oder sollten wir erwarten, dass es so weiter geht? Bei Lombard Odier IM glauben wir in der Tat, dass die Phase hoher Volatilität und Zyklik an den Kapitalmärkten wahrscheinlich auch 2016 anhalten wird. Wir haben dieses Umfeld „neue Normalität“ (engl. The new normal) getauft und erwarten, dass die Turbulenzen uns noch einige Zeit begleiten werden.   

Wie sieht diese „neue Normalität“ aus?

Jetzt, wo das Neue Jahr begonnen hat, erwarten wir, dass wir uns weiter in einem Umfeld anhaltend niedriger Erträge bei Vermögensanlagen, gedämpfter Inflation in den USA und der Eurozone und einer anhaltenden strukturellen Verlangsamung in China befinden. Dazu kommt eine geopolitische Gemengelage, die sich zur großen Unbekannten in 2016 entwickelt hat. 

Vor diesem Hintergrund haben wir einige Schlüsselthemen identifiziert, von denen wir davon ausgehen, dass sie Auslöser von Verwerfungen in der Wirtschaft und an den Kapitalmärkten sein könnten. Diese Themen könnten unser Umfeld stark beeinflussen und eine Auswirkung darauf haben, wie wir die Portfolios unserer Investoren in 2016 managen werden. 

Wir haben diese Themen in zwei Kategorien aufgeteilt. Aus wirtschaftlicher Sicht haben wir diese (auf Englisch) „die fünf Ds“ genannt, auf der Investmentseite (ebenfalls auf Englisch) „die fünf Ls“:

Ökonomische Themen

Investmentthemen

¤ Disinflation

¤ Low yields (Niedrige Renditen)

¤ Decoupling (Entkopplung)

¤ Low risky asset returns (Niedrige Erträge bei Risikoanlagen)

¤ De-leveraging (Entschuldung)

¤ Lower liquidity (Niedrigere Liquidität)

¤ Differentiation (Differenzierung)

¤ Lower certainty (Weniger Sicherheit)

¤ Political disparity (Politische Ungleichheit)

¤ Lower diversification (Weniger Diversifikation)

Globaler Makro-Ausblick

Basierend auf den “fünf Ds”, haben wir drei wirtschaftliche Szenarien erstellt, die unserem Ausblick auf 2015 nicht so unähnlich sind.

1. Wirtschaftliches Basisszenario – „Japanisierung“ Europas und langsamere Abkopplung der USA (Wahrscheinlichkeit: 60 %)

In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Zinsen in Europa auf absehbare Zeit niedrig bleiben (wie in Japan nach der Krise in der 1990ern), die Wirtschaft sich sehr langsam erholt, die Phase der Disinflation anhält und es einen Stop-and-Go-Effekt, ausgelöst durch Quantitative Easing (QE), geben wird. In diesem Szenario erwarten wir, dass die US-Wirtschaft und die US-Märkte ihre Abkopplung viel allmählicher fortsetzen, was wiederum zu einem sehr langsamen Zinserhöhungszyklus führt.

2. Alternatives wirtschaftliches Szenario (Wahrscheinlichkeit: 30 %)

Dies ist ein sehr positives Szenario, bei dem wir davon ausgehen, dass QE in Europa erfolgreich sein wird. Es führt zu höherer Inflation und ist Antrieb für die Wirtschaft und für eine nachhaltig steigende Nachfrage. Dazu kommen ein fortgesetztes moderates Wachstum in den USA und ein etwas stärker synchronisiertes Verhalten der Geldpolitik in der Welt. 

3.   Extrem-Risiko (Wahrscheinlichkeit 10 %)

Dieses Szenario beinhaltet einen Zusammenbruch von QE, wobei es um Implementierungsthemen geht, die zu einem erneuten Aufbrechen politischer Gräben führen. Die Bundebank hat bereits ihre Sichtweise (nicht zum Vorteil von QE) klar gemacht. Sollte das Wachstum gedämpft bleiben und/oder es Schwierigkeiten bei der Umsetzung von QE geben, dann kann ein scharfer Rückschritt Richtung politischer Polarisierung nicht ausgeschlossen werden.  

Jenseits dieser Szenarien gibt es eine Reihe potenzieller unabhängiger externer Schocks, die das wirtschaftliche Umfeld das gesamte Jahr hindurch beeinflussen könnten:

 

  • Chinesische Finanzkrise – Überkapazitäten/hohe Schuldenlast führen zu einem heftigen Finanzschock
  • Signifikante Wachstumsverlangsamung der US-Wirtschaft – Wechsel im Konjunkturzyklus und/oder ein externer Auslöser
  • Die Fed verleiht den Sorgen um die Finanzstabilität höheres Gewicht bei ihren geldpolitischen Entscheidungen  
  • Ölpreis-Schock infolge geopolitischer Ereignisse/eines kräftigen Einbruchs auf der Angebotsseite

 

Mit dem Start in das neue Jahr sollten wir nicht vergessen, dass wir es mit einer größeren wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit zu tun haben, als in der Vergangenheit. Das kann das Verhalten der Märkte und ihre Tendenz, die Richtung zu wechseln, stark beeinflussen.

Was heißt das für Investoren?

Angesichts der oben beschriebenen wirtschaftlichen Szenarien, der zunehmenden Unsicherheit bezüglich dieser Themen und dem Bedürfnis der Investoren nach Ertrag, Einkommen und Stabilität in ihren Portfolios, erwarten wir, dass das Jahr 2016 einen aktiveren Ansatz beim Portfoliomanagement erfordert, um mit den oben genannten „fünf Ls“ klar zu kommen. Das dürfte eine Abkehr von passiven Investments hin zu einem stärker faktorbasierten und auf starker Überzeugung beruhenden Ansatz nahe legen. Ein solcher aktiver Ansatz, gepaart mit Absolute-Return-Strategien, bietet eine Diversifikation, die allein mit traditionellen Anlageklassen nicht zu erreichen ist. Und das sollte zu einer besseren Sharpe Ratio und einem verbesserten Risiko-Ertrags-Verhältnis beitragen. Dazu kommt bei illiquideren Strategien, dass Investoren sicherstellen müssen, dass der Mangel an Liquidität mit ausreichend zusätzlichen Erträgen kompensiert wird.

2016 – „Die neue Normalität“?

Abschließend erwarten wir, jetzt wo das 2016 begonnen hat, dass die Inflation und das Wachstum weltweit positiv bleiben werden und dass die Geldpolitik so weitergehen wird, wie wir sie das vergangene Jahr hindurch gesehen haben. Sollten die Risiken einer starken Dollar-Aufwertung und negative externe Effekte, die auf die US-Wirtschaft wirken, den Spielraum für die Falken, also für weitere Zinserhöhungen, reduzieren, dann gehen wir davon aus, dass die Fed die Zinsen „graduell“ erhöhen wird.

Differenzierung wird das bestimmende Thema in den Emerging Markets (EM) sein, wobei sich Gelegenheiten ergeben werden, wenn sich Chinas Wirtschaftswachstum weiter abschwächt, es das Land aber zugleich schafft, einen Finanzkollaps zu vermeiden. Da es zunehmend schwieriger wird, die Schwellenländer als eine homogene Assetklasse zu kategorisieren, werden Investoren die EM-Allokation in ihren Portfolios diversifizieren müssen. Wir müssen zwischen einzelnen Ländern wie China, Indien, Brasilien und Indonesien unterscheiden, da sich jedes einzelne in einem anderen ökonomischen Umfeld befindet.  

Niedrigere Liquidität wird ein sehr wichtiger Aspekt in den Investmentportfolios bleiben. Dies, zusammen mit langsamerem Wachstum, politischem Lärm und geopolitischen Risiken, dürfte dafür sorgen, dass wir es, da der Erholungszyklus in eine reifere Phase eintritt, weiter mit hohen Extremrisiken zu haben. Das erfordert ein aktives und dynamisches Denken bei den Investoren."

Jan Straatman
Global CIO
Lombard Odier Investment Managers

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