Gröschls Mittwochskommentar: 14/2019

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 03.04.2019 12:24 Uhr
Florian Gröschl, Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Die bestimmenden Themen dieser Woche waren einmal mehr der Brexit bzw. die offensichtliche Unfähigkeit, sich zu einem solchen durchzuringen, und die chinesisch-amerikanischen Handelsgespräche. Zumindest in letztere scheint durchaus Bewegung rein zu kommen. Wenn man Myron Brilliant (was für ein Name – must be a bright guy J) vom US Chamber of Commerce, den die FT heute morgen zitiert, glauben darf, sind zwar 90% geschafft, aber die letzten 10% dürften wohl die schwierigsten werden. Außerdem kann, wie wir ja bereits gelernt haben, DJ Trump, auch in der letzte Minute noch alles zu Fall bringen, wenn er beim Händewaschen vor der Unterzeichnung auf den falschen Einflüsterer trifft oder, noch viel schlimmer, er nicht ausreichend hofiert wird. Grundsätzlich gilt natürlich beides auch für die chinesische Seite, wobei es hier einerseits eher um die Form, als um´s Ego geht und, andererseits bei der Umsetzung und letztendlich bei der Durchsetzung des Vertrags, wenn man mit dem Ergebnis dereinst unglücklich sein sollte, durchaus auch Flexibilität gefragt sein könnte.

Bei den Briten geht´s derweil nur mehr um´s Ego, jegliche Form wurde bereits vollkommen über Board geworfen. Strategie und Zusammenspiel einzelner Mannschaftsteile sind dabei vollkommen verloren gegangen. Das Bild einer vollkommen kopflos herumrennenden Fußballmannschaft drängt sich dabei irgendwie auf. Auf irgendeinem Leiberl (T-Shirt ;-)) ist einmal drauf gestanden: If you lose, don´t play! Möglicherweise ein Muttertagsgeschenk für Frau May?

Tatsächlich gibt es, wie wir aus leidvoller, österreichischer Erfahrung wissen, keinen Gegner gegen den man nicht verlieren kann, auch wenn er aus 27 Mitspielern besteht, die sicher eines nicht sind, nämlich ein gutes Team. Wobei um hier nicht unfair sein zu wollen (ein bisserl vielleicht schon ;-)), wo die EU als Gemeinschaft wirklich gut ist, ist kicking the can down the road, also sich unter Beibehaltung des Status Quo so lange vor einer Entscheidung zu drücken bis sich das Problem vermeintlich von selbst löst und sei es nur dadurch, dass jemand anderer eine Entscheidung trifft. In der GFC nannten wir das muddling through, also durchwurschtln. Hat funktioniert. Bis jetzt… Der Nachteil dabei ist, dass strukturelle Unwegbarkeiten nur selten einer finalen Restrukturierung zugeführt werden und die vermeintliche Ruhe nur bis zum nächsten Sturm andauert… Sämtliche blöden Schmähs rund um Olivenöl, Paradeiser und Schafkäs spar ich mir hier ganz aktiv! :-)

Die Mutter aller strukturellen Probleme ist dabei zweifelsohne das derzeitige Niedrigzinsumfeld. Die zehnjährigen deutschen Staatsanleihen haben inzwischen wieder eine negative Rendite! Sämtliche Aspekte von Assetprice Inflation bis hin zu Marktverzerrungen sind ja schon derartig ausreichend beleuchtet, dass wir uns das getrost sparen können. Sämtliche kurz bis mittelfristigen Voraussagen eigentlich aller Beteiligter lagen immer wieder gänzlich daneben, insbesondere was die Inflationsentwicklung anbetrifft. Was aber, wenn die Volkswirtschaftslehre doch eine valuable Quelle der Prognose ist und wir uns nur auf der Zeitachse vollkommen vertan haben? Natürlich ist ein japanisches Szenario auch für Europa denkbar, nur wahrscheinlich ist es meiner Ansicht nach nicht.

Tatsächlich gibt es in der Demographie der endogenen europäischen Bevölkerung gewisse Parallelen zu Japan. Völker die aussterben wollen, tun das ja ohnehin. Allerdings ist Europa zum einen keine Insel, eine gewisse Migration wird es also weiterhin geben, geordnet oder nicht, und andererseits waren weite Teile der EU vor wenigen Jahren noch unter dem Begriff „emerging Europe“ zusammengefasst, zumindest dort sollte also noch was gehen. Glauben wir also Keynes im Grundsatz, weil in the long run hat er zweifelsohne recht, dauert der derzeitige Zyklus eventuell tatsächlich deutlich länger als die vorausgegangenen, da der Neustart 2009 von einem extrem tiefen Niveau stattgefunden hat. Sollten wir es also schaffen, die Karren nicht politisch in eine Katastrophe zu führen, wobei die Geschichte hier leider auf wenig positive Beispiele zurückgreifen lässt, werden wir am Ende des Tages eventuell doch noch mit Inflation und steigenden Renditen konfrontiert sein, die Frage ist nur wann. Schau mer mal! :-)

Ansonsten dreht sich der Ball einfach weiter, wobei auch in Ö.Reich verschiedene durchaus interessante Dinge passieren. Die Verquickung zwischen dem australischen Terroristen, der in Neuseeland amokgelaufen ist, dem Berner Club und dem österreichischen Innenminister, so es denn eine gibt, möchte ich lieber nicht kommentieren. Man weiß ja nie wer mitliest. ;-) Die Idee mit der digital Steuer, als fiskalpolitisches Lenkungsinstrument halte ich aber für nicht ganz blöd, auch wenn ich damit Gefahr laufe fälschlicher Weise ins Lager der Globalisierungsgegner gesteckt zu werden.  Allerdings bin ich überzeugt davon, dass in einer durchaus regulierten Ökonomie ein level playing field (so ein schöner Terminus! :-)) hergestellt werden muss. Der Staat kann nicht einerseits durch unendliche Komplikation Innovation verhindern, aber dann Innovation die woanders offensichtlich stattfindet unbesteuert wirtschaften lassen.

Und aus! :-)

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH


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