Metzler Fondsmanager Veit im Interview: "Die Verlierer des Technologiewandels gilt es zu meiden"

Wie Heiko Veit, Fondsmanager des Metzler European Growth, die jüngste Berichtssaison europäischer Unternehmen einstuft, welche Portfolioanpassungen er in den vergangenen - volatileren - Monaten vorgenommen hat und worauf beim polarisierenden Thema "Technologischer Wandel und Disruption" zu achten ist, konnte e-fundresearch.com in einem Interview mit dem Metzler Co-Aktienchef diskutieren. Managers | 02.08.2018 10:44 Uhr
Heiko Veit, Portfoliomanager, Co-Head Portfolio Management Equities, Metzler Asset Management GmbH / ©  zur Verfügung gestellt von der Metzler Asset Management GmbH
Heiko Veit, Portfoliomanager, Co-Head Portfolio Management Equities, Metzler Asset Management GmbH / © zur Verfügung gestellt von der Metzler Asset Management GmbH
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e-fundresearch.com: Mit Blick auf den europäischen Aktienmarkt: Welches Resümee ziehen Sie aus den bisherigen Marktentwicklungen 2018?

Heiko Veit: Die fundamentale Ausgangslage zu Jahresbeginn war sehr positiv: ein weltweit synchrones Wirtschaftswachstum, zum Teil ein selbsttragender Aufschwung. Im Jahresverlauf zogen dann zunehmend dunklere Wolken auf: Das Momentum schwächte sich ab, die geopolitischen Unsicherheiten – allen voran der von den USA initiierte Handelskonflikt – sowie eine wieder stärker auseinanderdriftende Europäische Union rückten mehr und mehr in den Fokus. Vor diesem Hintergrund hat sich der europäische Aktienmarkt nach einem schlechten Start ins Jahr insgesamt relativ gut entwickelt, eine etwaig sich abschwächende Konjunktur oder größere geopolitische Verwerfungen hat der Markt aber nicht eingepreist. Die Berichtssaison der europäischen Unternehmen ist insgesamt sehr solide verlaufen, aber die vorsichtigen Kommentare zum Ausblick nehmen zu – alles in allem ist das eher ein nervöses Umfeld, das aber Chancen für Stock-Picker bieten sollte.

e-fundresearch.com: Von Handelskriegen, dem Ölpreisanstieg bis hin zum weiter gestiegenen Zinsniveau in den USA: Ist es im Zuge des veränderten Kapitalmarktumfelds zu nennenswerten Portfolioanpassungen gekommen? Wo haben Sie in den vergangenen sechs Monaten am signifikantesten eingegriffen?

Veit: Wir haben 2018 im Portfolio des Metzler European Growth bislang wenig verändert. Unser Fokus liegt auf europäischen Unternehmen mit strukturellem Ertragswachstum, soliden Bilanzrelationen und starkem Management. Zudem suchen wir für unsere Investments gezielt nach Unternehmen, die von disruptiven Trends profitieren. Zwar ist das Makroumfeld volatiler geworden, aber es gibt eine Reihe struktureller Trends, die dessen ungeachtet eine hohe Dynamik zeigen. Wir haben die Volatilität an den Aktienmärkten mehr dazu genutzt, Teilgewinne auf Positionen antizyklisch mitzunehmen oder aber in Schwächephasen aufzustocken. Strategisch sind wir im Vergleich zum Jahresanfang praktisch unverändert aufgestellt.

e-fundresearch.com: Welche Positionierungen haben sich in diesem Zeitraum als erfreulichste Performancetreiber herausgestellt? Wo haben sich Allokationen eher als belastend erwiesen?

Veit: Die größten positiven Performancetreiber sind allesamt Unternehmen, die von starken unternehmensspezifischen Faktoren profitierten. So übertraf der dänische Medizintechnikspezialist Ambu die Erwartungen des Marktes deutlich, und die Aktie performte stark. Der französische Spezialist von CAD-Software Dassault Systemes ist Nutznießer der strukturell steigenden Investitionen in Simulations- und Product-Lifecycle-Management-Software. Mit unserem Investment in den größten Produzenten von Batterie-Kathodenmaterial, Umicore aus Belgien, profitierten wir vom starken Trend hin zur Elektromobilität.

Negativer Kontributor war zum Beispiel Wacker Chemie: Die aktuelle Schwäche bei Polysilizium für Solarpanels übertüncht das strukturelle Wachstum bei Silikonen sowie die insgesamt hervorragende Kostenstruktur des Unternehmens. Enttäuschend entwickelte sich auch die Aktie des französischen Internetdienstanbieters und Mobiltelefoniebetreibers Iliad: Hier lasteten insbesondere die Unsicherheiten hinsichtlich des Markteintritts in Italien auf dem Aktienkurs.

e-fundresearch.com: Welche Teilbereiche Ihres Investmentuniversums empfinden Sie im derzeitigen Umfeld als besonders vielversprechend und um welche Segmente machen Sie derzeit ganz bewusst einen „großen Bogen“?

Veit: Es geht ganz grundsätzlich darum, in „robuste“ Geschäftsmodelle zu investieren, das heißt in Unternehmen, die einerseits mit ihrer Bilanzstärke etwaigen Makrovolatilitäten trotzen können und andererseits den massiv an Dynamik gewinnenden technologischen Wandel für sich zu nutzen wissen. Kurz gesagt: Wir suchen das Risiko (und damit auch die Chance) auf der G+V, nicht aber auf der Bilanz. Und wir haben großen Respekt vor den technologischen Veränderungen, die praktisch alle Segmente erfassen. Technologischer Wandel und Disruption führen einerseits zu neuen erfolgreichen Unternehmen, andererseits werden etablierte Geschäftsmodelle infrage gestellt. Hier gilt es, die Verlierer des Technologiewandels zu meiden. Wir gehen in der Analyse zwar sehr stark unternehmensspezifisch vor, grenzen jedoch grundsätzlich keinen Sektor aus. Dennoch kann man in der aktuellen Portfoliostruktur sehen, dass wir zum Beispiel weder in Banken noch in Ölwerten, klassischen Retailunternehmen und etablierten Automobilunternehmen investiert sind.

e-fundresearch.com: Wir befinden uns in einem fortgeschrittenen Stadium des Wirtschaftszyklus: Welche Rolle spielt der Schutz beziehungsweise die Limitierung der Downside in Ihrem Portfoliomanagementansatz? Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Portfolio auch in Abwärtsphasen relative Outperformance gegenüber Ihrer Peer-Group und Benchmark generieren kann?

Veit: Wir streben eine Diversifikation des Fonds über Länder, Sektoren und Geschäftsmodelle an. Mit unserem Fokus auf Wachstumsunternehmen haben wir zudem eine stärkere Neigung zu Bilanzqualität und weniger zu Ertragszyklizität. In der Vergangenheit hat uns dies in schwierigen Börsenphasen per saldo zum Vorteil gereicht, und wir haben im Vergleich zu vielen anderen Wachstumsfonds weniger Downside gezeigt. Was die Zukunft bringt, wird sich weisen – aber wir denken, dass wir mit unserem Fokus auf Bilanzqualität und hoher Sensibilität für die Auswirkungen des technologischen Wandels gut gerüstet sind – auch für Zeiten mit Gegenwind von der volkswirtschaftlichen Seite.

e-fundresearch.com: Was sollte Fondsselektoren vor einem quantitativen Fondsvergleich und einer Analyse Ihres Track-Records bewusst sein? Worin bestehen die Einzigartigkeiten des Metzler European Growth?

Veit: Wir investieren stringent in europäische Wachstumswerte, das heißt in Unternehmen, die aufgrund struktureller Faktoren ein überdurchschnittliches Ertragswachstum erwarten lassen. Wir analysieren unternehmensspezifisch fundamental und bottom-up und selektieren mit einem konsistenten Investmentprozess, der seit über 12 Jahren vom selben hauptverantwortlichen Fondsmanager erfolgreich implementiert wird. Investmentideen entwickeln wir grundsätzlich durch intensiven Austausch mit dem Management der Unternehmen und Industrieexperten. Unsere Investoren schätzen die Stiltreue und Stringenz unseres Investmentprozesses, die Stabilität des Teams über einen langen Zeitraum sowie die relativ stetige Outperformance unseres Portfolios bei moderatem Risikoprofil.

e-fundresearch.com: Chancen & Risiken: Welche Entwicklungen und Events sollten Investoren mit Blick auf Ihre Assetklasse im weiteren Jahresverlauf besonders genau im Fokus behalten?

Veit: Entscheidend für den Ausblick ist die Entwicklung der Weltwirtschaft. Der Aufschwung steht auf einem stabilen Fundament, kann aber durch eine Eskalation des Handelskonflikts in Gefahr geraten. Auch könnten politische Spannungen zwischen der EU und Italien und/oder ein ungeordneter Brexit im März 2019 den Aufschwung ausbremsen. Die Volatilität an den Aktienmärkten dürfte somit hoch bleiben bei einem jedoch intakten langfristigen Aufwärtstrend für europäische Aktien. Gleichzeitig sind europäische Aktien derzeit in etwa fair bewertet, sodass die fundamentale Perspektive grundsätzlich positiv ist.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Veit!

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