Comgest-Fondsmanager Weis über Europa: "Wachstum ist als Performancemotor wieder zurück"

"2017 fühlt sich für den breiten europäischen Markt nach fünf sehr dürren Jahren wie eine Wende an", erklärt Franz Weis, Fondsmanager des Comgest Growth Europe Opportunities und Teamleiter Europa bei Comgest, im Interview mit e-fundresearch.com. Managers | 20.12.2017 16:40 Uhr
Franz Weis, Comgest / ©  Comgest
Franz Weis, Comgest / © Comgest
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e-fundresearch.com: Herr Weis, welche persönlichen Erkenntnisse ziehen Sie aus den Marktentwicklungen 2017?

Franz Weis: Als Quality Growth Stock Picker mit einem Active Share von 90% schauen wir natürlich zuvorderst auf unsere Portfoliounternehmen und weniger auf Marktentwicklungen. Unsere Unternehmen haben die neuerdings verbesserten Perspektiven in Europa auch wahrgenommen und profitieren vom verbesserten Umfeld, insbesondere in den globalen Schwellenländern. 2017 fühlt sich für den breiten europäischen Markt nach fünf sehr dürren Jahren wie eine Wende an. Das Gewinnwachstum wird dieses Jahr für den MSCI Europe um die 20% liegen, getragen von einem sehr gesunden Umsatzwachstum von mehr als 6%. Konsumenten und Unternehmen sind optimistischer. Die Arbeitslosigkeit sinkt weiter. Der Markt ist günstiger geworden, denn die Performance des Aktienmarktes im Jahresverlauf hat mit dem dynamischen Gewinnwachstum nicht Schritt gehalten. 

e-fundresearch.com: Sind Sie heute optimistischer oder pessimistischer als am Jahresende 2016 und warum?

Franz Weis: Wir sind als Stock Picker für Qualitätswachstum zuvorderst Unternehmensspezialisten. Und unsere Unternehmen, selbst relativ wenig konjunktursensitiv, sind heute optimistischer als vor 12 Monaten. Die Inflation springt an. Das eröffnet Preiserhöhungsspielräume, die lange Zeit nicht mehr da waren. Das politische Umfeld in Kerneuropa hat sich u.a. durch die Wahlen in Frankreich stabilisiert, auch wenn in Deutschland noch nach einer Regierung gesucht wird. Im Vereinigten Königreich sieht die Situation anders aus. Das war aber vor einem Jahr bereits klar. Die kräftige Erholung in den globalen Schwellenländern ist gerade für Europa ein wichtiger Rückenwind, denn diese sind als Exportmarkt ebenso wichtig für Europa wie die Vereinigten Staaten.

Fondsperformance 2017: Von welchen Trends konnten Sie besonders profitieren, wo gab es Herausforderungen?

Franz Weis: Die sehr gute relative Performance des Fonds ist weit überwiegend durch Aktienselektion zustande gekommen. Zwar hat uns die hohe IT Exposure geholfen. Auf der anderen Seite ist der Fonds auch stark im Gesundheitsbereich investiert, der 2017 nicht zu den Favoriten gehörte. Als Einzeltitel ist Wirecard hervorzuheben, der ein Viertel der absoluten Performance getragen hat. Das Unternehmen ist nach dem Jahr 2017 kein europäischer Player im bargeldlosen Zahlungsverkehr mehr, sondern ein globaler Player. Damit hat sich das Wachstumsprofil nochmals verbessert. Auf der negativen Seite fiel Criteo auf, dessen Geschäftsausblick sich durch das Blockieren von Cookies auf dem Apple Browser Safari stark eingetrübt hat. Bei Criteo halten wir jedoch nur eine kleine Position im Gegensatz zu Wirecard, wo wir trotz Gewinnmitnahmen eine hohe Exposure halten. 

e-fundresearch.com: Auf welchen Trade beziehungsweise welche Positionierung blicken Sie besonders gerne zurück?

Franz Weis: Wirecard (siehe oben). Als Qualitätswachstumsinvestoren sind wir langfristig in Einzelwerte investiert. Auch wenn uns Wirecard im Jahr 2017 große Freude bereitet hat, so sind wir seit Beginn des Fonds im Jahr 2009 stark in diesen Wert investiert. Sogenannte „Trades“ von sehr kurzfristiger Natur kennen wir als langfristige Long-Only-Investoren nicht. In der Positionierung fällt das starke Exposure hin zu IT und Gesundheitsunternehmen auf. Diese Positionierung hat uns auch im Jahr 2017 wieder geholfen, denn beide Sektoren sind nach wie vor von starken Wachstumstrends durchsetzt. 

e-fundresearch.com: Welche Konsensus-Views bereiten Ihnen im aktuellen Umfeld die größten Sorgen?

Franz Weis: Auch hier möchten wir unterstreichen, dass unsere sehr konzentrierten Portfolios auf unseren eigenen Analysen und Bottom-Up Überzeugungen beruhen. Wir wenden keinerlei Sektor- oder Länderallokation an. Deswegen ist der Blick auf Konsensuserwartungen nicht so unser Ding. Uns fällt auf, dass der Healthcare-Sektor in Ungnade gefallen ist. Das freut uns, da wir dann konträr zum Markt gute Qualitätswachstumsunternehmen zu etwas günstigeren Bewertungen einkaufen können.  Die Gewinnwachstumserwartungen von rund 10 Prozent für den MSCI Europa bereiten uns trotz Eurostärke kein großes Kopfzerbrechen, denn die konjunkturelle Entwicklung hat sich nicht nur stabilisiert, sondern verbessert sich. Europa ist zum Beispiel einer der Kontinente mit dem größten Stellenzuwachs. Das wird sicher auch den Unternehmen zu Gute kommen und damit dem Gewinnwachstum. Bei den Zinsen wird es eher im Trippelschritt gehen. Das wird zwar täglich thematisiert, wir sehen es aber nicht als riesige Klippe für den Markt, denn das Wachstum ist als Performancemotor ja wieder zurück.

e-fundresearch.com: Mit Blick in die Zukunft: Was sind 2018 die zentralen Themen für Ihre Assetklasse und wie beeinflussen jene Ereignisse die Positionierung Ihres Portfolios? 

Franz Weis: Unsere Positionierung ist immer bottom-up getrieben. An Sektorrotationen beteiligen wir uns nicht. Selbstverständlich sollte die konjunkturelle Situation in Europa im Jahr 2018 weiter nach oben zeigen. Zwar hat sich der Markt 2017 erheblich vergünstigt, denn die Performance ist hinter dem Gewinnwachstum zurückgeblieben – er ist jedoch trotzdem kein Schnäppchen. Es muss also weiter dynamisches Gewinnwachstum am Markt vorherrschen. Gewinnwachstum von 15% bis 20% hat der Comgest Growth Europe Opportunities in den vergangenen Jahren regelmäßig geschafft. Wir sind also optimistisch, dass wir diese Hürde auch 2018 nehmen können. Es ist absehbar, dass der Fonds seine starke Positionierung in den Bereichen Technologie und Gesundheit beibehalten wird. Wir sind etwa in einen Altersheimbetreiber, mit Genmab in ein erfolgreiches Biotechunternehmen, in den diversifizierten Gesundheitsanbieter Fresenius oder in den Einmalendoskop-Erfinder Ambu investiert. Unsere hohe Exposure hin zu Healthcare-Unternehmen ist breit aufgestellt. Man muss sich von der Vorstellung lösen, dass es bei Gesundheit nur um verschreibungspflichtige Medikamente, sondern auch um sehr viele langfristige Anlagethemen geht.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Weis!

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