Osteuropa: Wolken am Horizont

Das rasante Kreditwachstum in Osteuropa war schon lange ein Risiko. Die Subprime-Krise hat die Probleme noch verstärkt. Doch nicht alle Länder in Osteuropa sind gleichermaßen betroffen, und Chancen bietet die Region allemal. Welche Chancen es für Fondsanleger gibt, analysiert e-fundresearch.com. Funds | 11.01.2008 12:15 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU standen am Jahreswechsel im medialen Rampenlicht. Der Fall der Grenzen und die Erweiterung des Schengen-Raums führten symbolhaft die Annäherung von „alten“ und „neuen“ EU-Staaten vor Augen. Wirtschaftlich ist der Weg noch weiter, doch Wachstumsraten um die sechs Prozent lassen die osteuropäischen Länder rasch aufholen.

Aussichten eingetrübt

Seit dem Beginn der Subprime-Krise hat sich das Bild jedoch etwas eingetrübt. Die steigende Unsicherheit ist auch an den osteuropäischen Märkten nicht spurlos vorüber gegangen. Besonders jene Märkte, die bereits zuvor als „überhitzt“ galten, sind unter die Räder gekommen. Die Osteuropa-Experten von Pioneer Investments gehen „kurzfristig weiterhin von sehr volatilen Märkten aus“. Doch während manche Analysten von einer kurzweiligen Korrektur sprechen, sehen andere fundamentale Probleme auf Osteuropa zukommen. Für den britischen „Economist“ stellt Osteuropa gar „eine Gefahrenzone“ für 2008 dar.

Kreditboom und Leistungsbilanzdefizite

Grund dafür ist der Boom bei Konsumentenkrediten in Osteuropa. Das Kreditwachstum in Osteuropa ist das höchste weltweit, nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds ist das Volumen privater Kredite zwischen 2004 und 2006 um bis zu 40 Prozent gewachsen – jährlich. Diese Kredite wurden darüber hinaus zu einem guten Teil in Fremdwährung abgeschlossen, um von den niedrigen Zinsen des Euroraums zu profitieren. Bei einer Abwertung der Währungen in Osteuropa wären die Konsumenten nicht mehr in der Lage ihre Kredite zu bezahlen.

Doch das Problem der Kreditflut betrifft nicht alle osteuropäischen Länder gleichermaßen. Besonders die baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen) sind davon betroffen. Ihre Aktienmärkte waren es denn auch, die in den vergangenen Monaten besonders stark nachgaben. Die Investoren haben zusätzlich zur Unsicherheit rund um die US-Wirtschaft und die internationalen Banken auch die Risiken der baltischen Kreditblase eingepreist. Für die Analysten der Deutschen Bank hat sich die „Wahrscheinlichkeit einer harten Landung erhöht“. Hauptverantwortlich seien neben des Kreditbooms vor allem die großen Leistungsbilanzdefizite von Ländern wie Lettland (-22 Prozent des BIP) oder Litauen (-14,5 Prozent des BIP).

Osteuropa risikoadjustiert top 

Über einen längeren Zeitraum betrachtet, erfreute sich Osteuropa eines Kursbooms. Die Lipper Global Assetklasse „Emerging Markets Europe“ legte in den vergangenen Jahren kräftig zu. Der Mittelwert der Performancezahlen aller Osteuropa-Aktienfonds über den gesamten Zeitraum der letzten fünf Jahre lag bei 289,2 Prozent.  Auch risikoadjustiert, anhand der Sharpe Ratio, gehören sie mit Rang fünf von 247 Assetklassen zu den Top-Fondskategorien der letzten Jahre. „Das strategische Investmentargument für die europäischen Schwellenländer bleibt aufrecht, trotz der Eintrübung des globalen Ausblicks“, ist Martin Majdaniuk, Fondsmanager des Baring Emerging Europe, von der langfristigen Attraktivität Osteuropas überzeugt.

Aktives Management zahlt sich aus

Was gerade der osteuropäische Markt zeigt ist, dass sich aktives Management auszahlen kann. Unter den Top-Fonds befinden sich kaum passiv gemanagte Fonds. Denn die Möglichkeiten in Osteuropa sind vielfältig. In der Türkei wie am Balkan, in den baltischen Staaten wie in Zentraleuropa. Anleger können von zahlreichen Trends profitieren, wenn sie in Osteuropa investiert sind: vom Rohstoffboom über russische Aktien, von Infrastrukturinvestments in Zentraleuropa, von der Entwicklung der Finanzbranche in der Türkei. Auch neue „Frontier Markets“, also junge unerschlossene Märkte, locken mit hohen Renditen, etwa die Ukraine oder zahlreiche Staaten des Balkans.

Doch Investoren dürfen sich nicht blenden lassen. Auch die Risiken in Osteuropa sind zahlreich. So sind die politischen Unsicherheiten in einzelnen Ländern wie der Ukraine oder der Türkei nicht zu unterschätzen. Auch die Volkswirtschaften sind teilweise nicht so stabil wie sie aussehen. Und die Märkte sind aufgrund ihrer geringen Liquidität mitunter sehr volatil.

Die besten Osteuropa-Aktienfonds

Wer einen Blick auf die besten Fonds aus der Assetklasse „Emerging Europe“ wirft (siehe Tabelle), stellt schnell fest, dass sich Fonds mit sehr unterschiedlichen Ansätzen tummeln. Der East Capital Baltic beispielsweise investiert nahezu ausschließlich in die baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen. Er weist dabei die höchste Sharpe Ratio auf, denn obwohl die Performance hinter jener anderer Osteuropafonds zurückbleibt, ist er dank seiner geringen Volatilität risikoadjustiert der beste Osteuropa-Aktienfonds der letzten fünf Jahre – obwohl er 2007 als einziger Top-Fonds einen Verlust zu verkraften hatte.

"Typischer" Osteuropafonds: viel Russland und Türkei

Der zweitbeste Fonds ist schon eher ein „typischer“ Osteuropa-Fonds. Knapp fünfzig Prozent hat der East Capital Eastern European in russischen Aktien investiert, 13 Prozent in türkische Werte. Ein Drittel des Fonds ist breit gestreut und teilt sich auf Aktien in Österreich, Polen, Kasachstan, die Ukraine und zahlreiche andere Märkte Osteuropas auf. Die auf die Region spezialisierte schwedische Fondsgesellschaft ist auch für die Zukunft von den Märkten im europäischen Osten überzeugt. „Dank niedriger Bewertungen und rasanten Wachstums bieten die südosteuropäischen Länder, gemeinsam mit Russland und der Ukraine, derzeit die besten Investitionsmöglichkeiten.“

Auch mit Fokus auf Tschechien Top-Rendite

Der drittbeste Osteuropa-Fonds der letzten Jahre ist dafür wieder ein Sonderfall. Knapp die Hälfte des Fonds sind nur tschechische Aktienwerte, doch Fondsmanager Jaroslav Krabec konnte die meisten breiter diversifizierten Osteuropa-Fonds hinter sich lassen. Bei einer Sharpe Ratio von 1,63 erzielte er in den vergangenen fünf Jahren eine Rendite von 33,0 Prozent pro Jahr.

Der BAWAG P.S.K. Osteuropa Stock folgt mit einer Sharpe Ratio von 1,59 auf Rang vier. Der langjährige Fondsmanager Thomas Farthofer wechselte per 1. Oktober 2007 von der BAWAG P.S.K., bei der er für zwei Top-Fonds, den BAWAG P.S.K. Osteuropa Stock und den DKB Osteuropa Fonds verantwortlich zeichnete, zur Griffin Capital Management nach Gibraltar.

Auf Rang fünf folgt der Morgan Stanley Emerging Europe Middle East & North Africa Equities, der von Paul Psaila und Eric Carlsongemanagt wird. Der Fonds brachte Anlegern in den vergangenen fünf Jahren 38,1 Prozent pro Jahr bei einer Sharpe Ratio von 1,57. Für den Fonds erhielten die beiden Co-Manager vergangenen Monat ein AA-Rating von Citywire.

Der größte Fonds unter den Top 15 ist der MLIIF Emerging Europe Fund, der von Alan Bourrier und Plamen Monovski gemanagt wird. Der mehr als fünf Milliarden Euro schwere Fonds investiert neben Russland, der Türkei und anderen Ländern Osteuropas auch in geringem Maße in Israel und Ägypten. In den vergangenen fünf Jahren brachte er seinen Anlegern eine Rendite von 39,6 Prozent p.a. bei einer Sharpe Ratio von 1,43.

Fazit

Die besten Osteuropa-Fonds zeigen eines deutlich: Osteuropa ist eine vielfältige Region, in der Anleger mit verschiedenen Strategien Rendite erreichen können. Der Fokus auf Einzelmärkte (wie Tschechien), Staatengruppen (Baltische Staaten) oder ein breit gestreuter Fonds ist dabei möglich. Anleger müssen sich dabei jedoch immer bewusst sein, dass Einzelmärkte andere Risikostrukturen bieten als breiter gestreute Fonds – auch wenn sich dies kurzfristig nicht in den Datenbanken ablesen lässt. Investoren in baltischen Fonds mussten so beispielsweise 2007 durch die Finger schauen, Investoren in Türkei-Fonds im Jahr zuvor.

Alle Daten per 2.1.2008
Quelle:

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