Gibraltar: Steuerschonende Fonds in Europa

Kürzlich durchgeführte Reformen in der Steuer- und Fondsgesetzgebung haben Gibraltar zu einem der attraktivsten Plätze Europas für die Errichtung von Hedge-, Private Equity- und Immobilienfonds gemacht. Funds | 12.07.2007 06:00 Uhr
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Auf Grund eines Kompromisses mit der EU-Kommission haben Firmen aus dem EU-Mitglied Gibraltar nun Zugang zur Nutzung der europäischen Mutter-Tochtergesellschaften Richtlinie erhalten.

EIF als einfache Alternative

Der Experienced Investor Fund (EIF) hat sich in kürzester Zeit als einfache und effiziente Fonds-Alternative für erfahrene Investoren und vermögende Privatkunden in Europa etabliert. Die Kombination aus einer steuerschonenden Gesetzgebung und der flexiblen Normen des EIF haben Gibraltar in den Blickpunkt der europäischen Fondsindustrie gebracht. Dies zeigt sich besonders an der rasch wachsenden Zahl der EIFs und der immer höheren Milliardenbeträge, die über gibraltische EIFs weltweit investiert werden.

Es stellt sich wie bei allen Investitionen die schon klassische Frage, wie man Dividenden aus den europäischen Unternehmen, in die der Fonds investiert hat, ohne Opfer von Quellen- und Doppelbesteuerung zu werden, entnimmt. Auf der einen Seite gilt es, eine Quellensteuer auf Ebene des Unternehmens, das die Dividende ausbezahlt, zu vermeiden und auf der anderen Seite die Besteuerung auf Ebene des Holdingunternehmens. Ersteres kann oft durch die Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen und vor allem der Mutter-Tochtergesellschaften Richtlinie vermieden werden. Es ist jedoch äußerst schwierig dem Fiskus auf Ebene der Holding zu entkommen. Länder wie etwa Luxemburg, die Niederlande und die Kanalinseln bieten Lösungen für dieses Problem, doch sind diese verhältnismäßig kostspielig und vor allem kompliziert.

So wurde bisher oft das sogenannte "Niederländische Antillen Sandwich" verwendet, um die besagten Steuern zu vermeiden. Dies ist jedoch auf Grund von Gesetzesänderungen in den Niederlanden und den Niederländischen Antillen nicht mehr ohne weiteres möglich. Über Luxemburg sind gewisse Lösungen immer noch möglich, jedoch sind diese extrem komplex (entweder müssen zwei bis drei Gesellschaften oder untergeordnete Kredite verwendet werden) und langwierig - Wartezeiten bis zu einem Jahr müssen in Kauf genommen werden. Die Kanalinseln, die nicht Teil der EU sind, können nicht auf die Mutter-Tochtergesellschaften Richtlinie zurückgreifen, was wiederum zu umständlichen und komplizierten Lösungen führt.

Gibraltar: Interessante Möglichkeiten für Private Equity- und Immobilienfonds

Die Verhandlungen mit der EU-Kommission über das Auslaufen des bisher geltenden Nullsteuersatzes in Gibraltar führten dazu, daß die Kommission eine Mitteilung an die Mitgliedstaaten richtete, in der sie festhielt, daß die Mutter-Tochtergesellschaften auf Gesellschaften, die in Gibraltar ihren Steuersitz haben, genauso wie in jedem anderen Mitgliedstaat anzuwenden ist. Dies wird in Zukunft noch interessanter, da eine generelle Flat-Tax im 10% Bereich für die nächste Zeit geplant ist. Gibraltar ist als einziges von Großbritannien abhängiges Territorium Mitglied der EU (Artikel 299.4 Vertrag von Nizza), wobei jedoch die Bestimmungen bezüglich Mehrwertsteuer, gemeinsame Agrarpolitik und Zollunion nicht zur Anwendung kommen. Deshalb müssen in Gibraltar alle EU-Richtlinien von der lokalen Regierung umgesetzt werden und sind von den anderen Mitgliedstaaten auch anzuerkennen.

Bis vor kurzem war diese Anerkennung noch nicht in allen Mitgliedstaaten implementiert, wobei sich dies nun zu ändern beginnt. Viele der anderen EU-Mitgliedstaaten anerkennen Gibraltar nun als vollwertiges EU-Mitglied. Luxemburg zum Beispiel erlaubt es nun, Unternehmen aus Gibraltar, die eine Tochtergesellschaft in Luxemburg haben, Dividenden quellensteuerfrei nach Gibraltar zu transferieren. Diese Entwicklung eröffnet interessante Möglichkeiten v.a. für Private Equity- und Immobilienfonds. Ist der Fonds in Gibraltar ansässig und hält dieser eine Tochtergesellschaft, z.B. in Luxemburg, kann der Fonds sowohl die Vorteile des luxemburgischen Netzwerks von Doppelbesteuerungsabkommen als auch der Mutter-Tochtergesellschaften Richtlinie nutzen.

So kann der Fonds beispielsweise in eine deutsche Tochtergesellschaft der luxemburgischen Gesellschaft investieren. Nach Begleichung der deutschen Unternehmenssteuern kann die deutsche Gesellschaft ihre Dividenden quellensteuerfrei nach Luxemburg überweisen. Von Luxemburg geht dieselbe Dividende an den gibraltischen Fonds, ebenso quellensteuerfrei – diesmal unter Ausnutzung der Mutter-Tochtergesellschaften Richtlinie. In Gibraltar angekommen fällt dann keine weitere Steuer mehr an, da es dort weder eine Kapitalertragssteuer, noch Vermögens- oder Immobiliensteuern gibt. Als zusätzlichen Anreiz bietet Gibraltar auch noch die Tatsache, daß es keine Quellensteuer auf Dividenden gibt, die an Aktionäre, die nicht in Gibraltar ansässig sind, ausbezahlt werden. Der Gewinn aus der Investition in Deutschland wurde auf diese Weise effektiv an die Fonds-Investoren nach Gibraltar zurückgeschickt, ohne daß Quellen- oder Doppelbesteuerung angefallen wäre (außer der in Deutschland anfallenden Körperschaftssteuer).

Gibraltar als die „europäische Karibik“

Eine Fondsgründung in Gibraltar hat auch noch andere Vorteile. Mindestfondsvolumen wie Luxemburg oder Kapazitätsprobleme bei den Administratoren wie in Irland gibt es nicht. Der Kosten- und Zeitaufwand für einen Fonds in Gibraltar ist wesentlich geringer als in anderen Ländern. Die lokale Aufsichtsbehörde ist international anerkannt und geachtet, ohne dabei ihre Flexibilität und Kundenfreundlichkeit zu verlieren. Ständig wird versucht die Gesetzeslage im Sinne der Fondsindustrie und des Anlegerschutzes zu verbessern, um so Gibraltar als die „europäische Karibik“ zu fördern. Zahlreiche Hedge Fonds haben dies schon erkannt und haben sich in Gibraltar niedergelassen (oder Feeder-Fonds gegründet).

Auf diese Weise bieten sie ihren Kunden in Bezug auf die verwalteten Gelder die Sicherheit eines europäischen Landes und profitieren selber von der Nähe und derselben Zeitzone. Es sind keine Nachtschichten mehr nötig, um mit den Ablegern in der Karibik zu kommunizieren. Ein Hegde-Fonds Manager, der in Gibraltar tätig ist, hat mir gegenüber dies so ausgedrückt: „Ich weiß nicht wieso jemand, der in Europa einen Hedge Fonds gründen will auch nur eine Minute an Karibik denkt, wenn man hier alles vor der Haustür hat“. Dazu kommen noch die Vorzüge der Costa del Sol, wie 300 Sonnentage im Jahr, 60 Golfplätze, Poloplätze, reichhaltiges Kulturangebot und beste Verkehrsanbindungen.

Bestimmte Voraussetzungen für EIF´s müßen gegeben sein

Der Gibraltar EIF ist ein einfacher und schneller Weg, um eine Fonds aufzusetzen, unbeachtet dessen, ob es sich um einen Hedge Fonds oder um einen Private Equity- / Immobilienfonds handelt, sofern sich der Fonds an erfahrene Investoren oder vermögende Privatkunden richtet. Als erfahrene Investoren werden in Gibraltar all jene (natürliche oder juristischen) Personen angesehen, die nachweisen können Erfahrung am Kapitalmarkt zu haben oder die ein Nettovermögen von über 1 Mio. € besitzen. Ohne jeden weiteren Nachweis ist der EIF all jenen zugänglich, die mehr als 100.000 € in denselben investieren.

Der EIF muß zudem über zwei in Gibraltar ansässige Aufsichtsräte verfügen. Dies ist insbesondere vorteilhaft, da auf diese Weise vermieden wird, daß der Fonds zu Steuerzwecken in einem anderen Land als ansässig betrachtet wird. Weitere Voraussetzungen sind ein gibraltischer Fondsadministrator und eine jährliche Rechnungsprüfung durch einen gibraltischen Rechnungsprüfer. Eine Depotbank ist nicht immer notwendig und muß auch nicht in Gibraltar ansässig sein.

Die Verbindung zwischen dem EIF und der Anwendung der Mutter-Tochtergesellschaften Richtlinie bietet eine ausgezeichnete Lösung für Private Equity- und Immobilienfonds, um in Europa investieren wollen. In den vorangegangenen Monaten wurden in Gibraltar Fonds im Wert von über 6 Mrd. € aufgelegt, was nur der Anfang einer ganzen Welle von Investitionen ist, die in Zukunft über Gibraltar kanalisiert werden. Auch in Hinblick auf die neue deutsche Abgeltungssteuer wird auf Grund dieser flexiblen Regelungen ein Ansturm auf gibraltische Fonds erwartet, um so der Anwendung dieser neuen Abgabe durch sogenannte Millionärsfonds zu entkommen.


Zum Autor: Mag. Robert Koller ist als europäischer Anwalt beim Obersten Gerichtshof in Gibraltar zugelassen, wo er bei einer der weltweit führenden Off-shore Kanzleien, Hassans, im Fondsbereich spezialisiert ist. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften sowohl in Österreich als auch in Spanien, wurde  Mag. Koller als spanischer Anwalt zugelassen. Herr Koller war zuvor bei einer der größten spanischen Anwaltskanzleien in deren Kapitalmarktabteilung tätig. (www.hassans.gi)


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