Rohstoff-Superzyklus als Kriegs-Hedge

Politische Krisen haben einen negativen Einfluss auf Aktien. Rohstoffe erleben dagegen gerade dann einen Aufwind. Zudem weisen diese eine positive Korrelation mit der Inflation aus. Interessierte Anleger stehen aber vor einer verwirrenden Produktvielfalt. Ein Wegweiser durch den Dschungel der Möglichkeiten... Funds | 17.11.2006 06:00 Uhr
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In den letzten Jahren sind zahlreiche Investmenfonds, Exchange Traded Funds (ETFs) oder auch strukturierte Produkte auf den Markt gekommen, die alles das gleiche Ziel verfolgen: Auch bereits dem Privatanleger soll es ermöglicht werden in Rohstoffe zu investieren. Einige, teilweise eher exotische Metalle sind seitdem zwar viel stärker gestiegen als die breiteren Rohstoffe oder Agrarprodukte („soft-commodities“) und auch in der Presse findet sich eine ungewohnte Präsenz des Themas. Die Argumente für einen Rohstoff-Superzyklus mehren sich aber laufend (siehe etwa „Rohstoff-Superzyklus hat erst begonnen“ vom 17.10.2006 / „Anzeichen für Rohstoff-Superzyklus mehren sich“ vom 5.10.2006).

Haben wir überhaupt einen Superzyklus?

Als Gründe führen Experten zumeist das strukturelle Wachstum jenseits zyklischer Schwankungen (China, Indien, etc.) und strukturelle Angebotsschwächen bei Rohstoffen an. „Denn auf der Angebotsseite wurden lange Jahre Investitionen in die Erneuerung und Ausweitung von Kapazitäten vernachlässigt und diese sind erst mit Vorlauf von vielen Jahren verfügbar. Die Lagerbestände sind niedrig, auch aufgrund eines verbesserten Just-in-time Lagermanagements“ berichtet Wolfgang Herold von Innovest, der für das Strategic Commodity Portfolio, den neuen von der Spängler KAG initiierten Rohstoff-Fonds, als Fondsadministrator fungiert. Den endlichen Ressourcen wird zudem die baldige Erschöpfung vorausgesagt. „Der Klimawandel hat einen Einfluss auf die Produktion von Agrarrohstoffen. Das deutet auf ein relativ knappes Angebot hin“, analysiert Herold in einer aktuellen Studie für die Spängler KAG.

In den letzten 200 Jahren wechselte die Führung in der Preisentwicklung jeweils zwischen Aktien und Anleihen und Rohstoffen ab, korrespondierend mit fallenden und steigenden Inflationszyklen. „Das Jahr 2001 markierte einen Wendepunkt, nachdem von 1981 bis 2001 die US-Aktienmärkte um 828 Prozent und der Einkaufspreis für Rohstoffe um 37 Prozent gestiegen sind. Nach diesen Überlegungen müsste mit langfristig steigenden Rohstoffpreisen gerechnet werden“, folgert Herold schließlich.

Rohstoff als Hedge gegen Kriege

In der Vergangenheit - und wohl auch in der Zukunft - gab und gibt es zudem immer wieder politische Krisen, die einen negativen Einfluss auf Aktien ausüben. Viele dieser Krisen hatten aber einen gegenteiligen Einfluss auf die Rohstoffpreise: "Wenn die Versorgung der Weltwirtschaft mit Rohstoffen gefährdet ist, dann behindert das die Wachstumsaussichten und damit auch die Gewinnaussichten der Unternehmen. Für Anleger heißt das, dass bei gestiegenem Risiko und verminderten Ertragsaussichten risikoärmere Assetklassen attraktiver werden", berichtet der Innovest-Rohstoffexperte weiter. Die Umschichtungen aus Aktien in Anleihen oder Geldmarkt drücke dann auf die Aktienkurse. „Bei Rohstoffen tritt dann aber ihre Eigenschaft als Verbrauchsgut in den Vordergrund gegenüber der Betrachtung als Investment und eine drohende Verknappung hat einen preissteigernden Effekt auf die Spotpreise“, reüssiert Herold.

Faber: Klimaerwärmung verstärkt Kampf um Rohstoffe

Auch Marc Faber Managing Director der Marc Faber Limited, Hong Kong und bekannter Börsenguru, betont die Rolle von Rohstoffen in Krisensituationen (siehe: „Krieg: Gold und Rohstoffe als Schutzschild“ vom 10.11.2006). Denn da sich die bedeutendsten Rohstoffvorkommen der Welt sehr oft in politisch instabilen Ländern und Regionen befinden (mit Ausnahme von Kanada und Norwegen) verstärken steigende Rohstoffpreise die Krisen noch. In diesem Zusammenhang würde auch die stattfindende Klimaerwärmung den Kampf um die knappen Rohstoffe weiter anheizen.

Erhardt: Gold führt den Superzyklus an

Auch beim bekannten deutschen Vermögensverwalter Dr. Jens Erhardt dreht sich sektoral derzeit alles um Rohstoffe: „Hier stehen wir erst am Anfang eines Superzyklus. Derzeit legen wir zwar gerade einmal eine Pause ein, die noch einige Monate andauern sollte, dann geht der Aufschwung aber weiter“. Aktuell seien erst 100 Milliarden US-Dollar in Rohstoff-Investments veranlagt. „Im Vergleich zu Aktien oder Anleihen ist das lächerlich wenig“. Besonders bei Gold ist er aber euphorisch: „Die Jahresproduktion der weltweiten Goldminen geht ausschließlich in die industrielle Verarbeitung. Für Anlagezwecke wird derzeit nur das Gold der Notenbanken verwendet“. Der eigentliche Anstieg stehe deswegen noch bevor: „Der Goldpreis weit über 1.000 US-Dollar ansteigen“, so der Experte. So positiv Erhardt für Gold ist, so vorsichtig ist er für den Energie-Sektor: „US-Fonds sind etwa in Ölaktien so stark übergewichtet wie noch nie“.

Rohstoffe & Inflationsabsicherung

Während Rohstoffe zudem eine negative Korrelation mit Aktien und Anleihen aufweisen und so das Gesamtrisiko eines Portfolios vermindern können, weisen sie aber auch eine positive Korrelationen mit der Inflation auf – im Gegensatz zu Aktien und Renten. „Wenn die Kaufkraft des Geldes nachlässt, also die Inflation steigt, dann findet das einen positiven Widerhall in der Preisentwicklung von Rohstoffen und wirkt somit Kaufkraft erhaltend“, so Herold.

Wie man in Rohstoffe investieren kann

Wer mit Investmentfonds das Thema Rohstoffe abdecken will, steht jedoch vor einer nahezu verwirrenden Produktvielfalt. Denn neben einem Investment in Aktien von Unternehmen, die in Rohstoffe investieren, gibt es seit letztem Jahr auch Fonds die direkt in Rohstoffe investieren. Diese Fonds, ob aktiv oder passiv, direkt platziert oder als ETF (Exchance Traded Fund) börsengehandelt, bestehen in der Regel aus Futures-Investments bzw. Swaps, die sich auf Rohstoff-Futures beziehen (die europäischen Fondsgesetze verbieten den direkten Einsatz von Rohstoff-Futures). In der Regel bilden Rohstoff-Indices (eigentlich Indices auf Rohstoff-Futures) dabei die Grundlage für diese Swaps. „Die Auswahl eines geeigneten Index ist damit auch die Festlegung der Investmentstrategie“, bringt es Robert Ensinger, Produktverantwortlicher bei der Spängler KAG für den neuen Rohstoff-Fonds auf den Punkt.

Welche Indizes gibt es?

Bei Rohstoff-Investments, bieten sich laut der Innovest-Studie für Anleger vor allem drei Indizes an:

  • Goldman Sachs kreierte 1991 den Goldman Sachs Commodity Index (GSCI) und rechnete bis 1969 mit einem Startwert von 100 im Jahr 1970 zurück. Er ist seit Juli 1992 investierbar. Als Gewichtungsprinzip orientiert sich der Index an der weltweiten Produktion der letzten fünf Jahre. Die Kritik am hohen Energieanteil (derzeit 75 Prozent) führte aber in den letzten Jahren zu einer Erweiterung der Familie mit geringeren Energieanteilen. So gibt es den GSCI nun in vier weiteren Varianten als „Reduced Energy“ (Energieanteil: 60 Prozent), „Light Energy“ (43 Prozent), "Ultra-Light Energy (27 Prozent) und „No Energy“ (0 Prozent). Dafür liegt der Anteil Industriemetalle, Agrikultur oder lebendes Vieh dementsprechend höher (die genauen Gewichtungen finden Sie hier.) 
  • Dow Jones veröffentlicht den Dow Jones AIG Commodity Index. Seine Gewichtung orientiert sich an Liquidität und Produktionsmengen, prinzipiell darf aber kein Sektor über 33 und kein Rohstoff unter 2 Prozent oder über 15 Prozent liegen. Er besteht aus 19 Rohstoffen, wobei Petroleum und Getreide den größten Anteil haben. Seine Zeitreihe geht bis Januar 1991 zurück und ist seit Juli 1998 investierbar (die genauen Gewichtungen finden Sie hier).
  • Der Rogers International Commodities Index (RICI) wird bis Januar 1984 zurück gerechnet und ist seit August 1998 investierbar. Seine Gewichtung folgt dem weltweiten Verbrauchsmuster. Mit 36 zugrunde liegenden Rohstoff-Futures ist er der am breitesten angelegte Index, obwohl er mit einem Rohölanteil von 35 Prozent gleichzeitig das größte Einzelgewicht aufweist. Sein besonderer Vorteil liegt aber im monatlichen Rebalancing (die genauen Gewichtungen finden Sie hier). 

Welche Performance realistisch ist

Denn Indices mit regelmäßigem Rebalancing bieten Vorteile gegenüber solchen, die sich an Produktionsmengen orientieren. „Um Diversifikations-Vorteile zwischen Indices zu nutzen, sollte ein Mandat aus zwei oder mehr Indices bestehen, die jeder für sich schon breit gestreut sind“, empfiehlt Herold. Der neue Strategic Commodity Portfolio besteht deshalb je zur Hälfte aus dem Rogers International Commodity Index und dem Goldman Sachs Ultra-Light Energy Index. Im Zeitraum 1.1.1999-31.10.2006 erzielte das rückgerechnete Portfolio (vor Kosten) einen jährlichen Ertrag von 10,8 Prozent, bei einer Volatilität von 12,8 Prozent p.a. Zum Vergleich: Der herkömmliche Goldman Sachs Commodity Index kam auf 13,3 Prozent p.a., der Dow Jones AIG Commodity Index kam auf 12,7 Prozent, wobei beide eine höhere Volatilität als der rückgerechnete Spängler-Portfolio hatten (GSCI: 24 Prozent, Dow Jones: 17 Prozent). Rohstoff-Aktien, gemessen am MSCI World/Materials, kamen auf 11,6 Prozent (Volatilität: 16,5 Prozent).

Langfristig rechnet Ensinger bei diversifizierten Rohstoff-Investments mit einer Rendite im höheren einstelligen Bereich pro Jahr. „Denn obwohl diese Assetklasse seit 2001 gut gelaufen ist, dauern die Zyklen bei Rohstoffen länger als bei Aktien oder Anleihen. Während diese sich an der Dauer eines Konjunkturzyklus von 5-7 Jahren orientieren, sind es bei Rohstoffen eher zehn Jahre“.

2006: Rohstoff-Investments unter der Lupe

Dieses Jahr driftet die Performance von Rohstoff-Aktien und Rohstoffen jedoch weit auseinander: Während der MSCI World/Materials seit Jahresbeginn um 12,3 Prozent zulegte, verlor der Dow Jones AIG Commodity Index 5,9 Prozent, der GSCI sogar 20 Prozent.

Dementsprechend enttäuschend auch die Performance der reinen Rohstoff-Fonds seit 31.12.2005 (Performance in Prozent in Klammer):

  • DWS Invest Commodity Plus LC (6,9)
  • Commodity Alpha OP (5,6)
  • AIG Institutional Commodity Fund EUR (-0,2)
  • CSF (Lux) DJ-AIG Commodity Index Plus EUR (-1,4)
  • UBS (CH) Commodity Fund – EUR (-1,6)
  • Credit Suisse Commodity Fund Plus Euro (-16)
  • EasyETF GSCI USD (-20,6)

Hinweis: Alle weitere Rohstoff-Fonds, ebenso wie das Strategic Commodity Portfolio verfügen noch über keine diesbezügliche Historie da sie erst im Laufe des aktuellen Jahres aufgelegt wurden.

„Rohstoff-Aktien bilden nur einen kleinen Teil der gesamten Assetklasse ab, vor allem Öl bzw. Energie bzw. Minen“, erklärt Ensinger. Da diese sich kurzfristig eher so verhalten wie Aktien, kann es über mehrere Monate zu diesem Phänomen kommen. „Denn langfristig stiegen und fallen die Preise von Rohstoffen und die Kurse von Rohstoff-Aktien im Einklang. Wie in diesem Jahr kann es aber vorkommen, dass zum Beispiel fallende Ölpreise sich nicht sofort im selben Ausmaß auf die entsprechenden Aktien auswirken“, schildert Ensinger.

Für das kommende Jahr sei das aber ein Vorteil für Rohstoff-Fonds: „Denn wenn die Rohstoff-Preise weiter niedrig bleiben, ist das kein guter Vorlaufindikator für Rohstoff-Aktien. Die Kurse reiner Rohstoff-Fonds sind aber schon sehr tief und sollten deswegen nicht weiter fallen“.

Fazit

Rohstoff-Investments sind aus rein analytischer Sicht in den Portfolios der meisten Anleger eher noch unterrepräsentiert. Wer langfristig vom Rohstoff-Zyklus profitieren will, kann neben Rohstoff-Aktien seit kurzem auch in Fonds bzw. ETF´s investieren die direkt bzw. über Derivate in Rohstoffe bzw. Rohstoff-Indizes investieren. Der Vorteil gegenüber Rohstoff-Aktienfonds ist die breitere Streuung und die aufgrund der zumeist passiven Ausrichtung geringeren Kostenbelastung. Nachteil ist dagegen die noch sehr geringe Anzahl von Rohstoff-Fonds und die teilweise noch sehr kurze Historie der einzelnen Produkte.

Alle Daten per 14.11.2006 in Euro (außer anders angegeben)
Quelle:  

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