Hoher Ölpreis ohne Einfluss auf Portfolio

Hans-Peter Schupp, Manager des MainFirst Classic Stock Fund, gilt als Substanzwertanleger schlechthin. Seit Auflage im Oktober 2002 überzeugte sein Fonds mit einem Wertzuwachs von mehr als 28 Prozent. e-fundresearch sprach mit ihm u.a. über die Details im Investmentprozess und seine Favoriten in den einzelnen Sparten. Funds | 18.08.2004 14:11 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der am 18.10.2002 aufgelegte MainFirst Classic Stock Fund erzielte seit damals kumuliert +28,4 Prozent. Den Dow Jones Euro Stoxx mit +14,2 Prozent schlug er damit um Längen. Neben dem Schroder ISF EURO Active Value von Adriaan de Mol van Otterloo (+38,8 Prozent) und dem dit-Wachstum Euroland (+32,4 Prozent) liegt Schupp damit auf Platz drei von insgesamt 57 Euroland-Aktienfonds. 


Hohe Ölpreise durch Lieferengpässe keine nachhaltige Erscheinung

e-fundresearch/Frankfurt: Herr Schupp, alle großen Märkte bewegen sich derzeit seitwärts. Als überzeugter Stockpicker sollten Sie gerade jetzt punkten können.

Schupp: Im Moment kommt es zu starken Übertreibungen. Wir tun uns immer schwer, wenn die Märkte aus rein emotionalen Gründen stark schwanken. Eine ähnliche Situation wie im Moment hatten wir auch schon im letzten Jahr. Mal werden Ergebnisse gefeiert, dann treten wieder Inflationsängste in den Vordergrund. So wird der hohe Ölpreis oft als Grund herangezogen, dass einige Werte derzeit so schwach laufen. Die hohen Ölpreise sind zum großen Teil eine Folge von Lieferengpässen, ein Beispiel ist hier Yukos. Das Öl ist allerdings nicht weg, es kann nur im Moment nicht geliefert werden. Wir haben es also nur mit einer temporären und nicht mit einer nachhaltigen Entwicklung zu tun. Am schönsten sind für uns daher Märkte, bei denen auf die Fundamentaldaten geachtet wird.

e-fundresearch/Frankfurt: Welche Auswirkungen hat der hohe Ölpreis auf Ihre Anlageentscheidungen?

Schupp: Wir investieren nicht in Märkte, sondern in Unternehmen. Ob der Ölpreis steigt oder nicht, ist dabei sekundär. Der steigende Ölpreis hat somit keinen nachhaltigen Einfluss auf unser Portfolio.

e-fundresearch/Frankfurt: Es gibt keine eindeutige Benchmark für den MainFirst Classic Stock Fund  Wo liegen die Gründe?

Absoluter Wertzuwachs als Anlageziel

Schupp: Wir managen nicht gegen eine Benchmark. Ich nenne als Beispiel Nokia. Nur weil Nokia im MSCI Europe oder EuroStoxx 50 prominent vertreten ist, ist das noch kein Beleg dafür, ob es sich um eine gute oder schlechte Aktie handelt. Unser Anlageziel ist der absolute Zuwachs. Wir glauben daran, dass wir langfristig mit unserem Managementansatz einen Mehrwert zu den Indizes schaffen können.

e-fundresearch/Frankfurt: Wie gehen Sie beim Investmentprozess vor?

Schupp: Zu unserem Anlageuniversum gehören alle börsennotierten Werte in Euroland. Der erste Schritt im Auswahlprozess ist ein Screening, bei dem die Aktien je Land nach klassischen Value-Kriterien wie Preis zu Buchwert und Kurs-Gewinn-Verhältnis ausgewählt werden. Nicht alle günstig bewerteten Unternehmen sind interessant, mittels Fundamentalanalyse schauen wir uns pro Land im Schnitt 25 Unternehmen an. Bei den Kandidaten für das Portfolio werden Treffen mit dem Management vereinbart, dies sind manchmal aber nur eine Handvoll Unternehmen. Wir haben einen langfristigen Ansatz. Hierbei reicht es aus, pro Monat eine Idee für ein neues Unternehmen zu haben.

Derzeit kein Telekom-Wert im Portfolio

e-fundresearch/Frankfurt: Also ein typischer Bottom-Up-Ansatz?

Schupp: Die Bottom-Up-Selektion ist nur ein Teil unseres Ansatzes. Denn der klassische Bottom-Up-Ansatz hat den Nachteil, dass sich Unternehmen aus bestimmten Branchen häufen können und andere nur gering oder gar nicht vertreten sind. So sind zum Beispiel herausragende positive Merkmale in einigen Branchen häufiger als in anderen zu finden. Wenn auf diese Weise  90 Prozent der Unternehmen aus dem Maschinenbau stammen, ist das nicht das, was wir wünschen. Wir schauen daher noch einmal von oben auf das Portfolio und die Branchenaufteilung. Beispielsweise hatten wir zunächst keinen Versorger im MainFirst Classic Stock Fund. Also haben wir bewusst aus Diversifikationsüberlegungen im Versorgersektor gesucht und sind dann erst im zweiten Schritt fündig geworden. Anders verhält es sich im Sektor Telekoms, wo wir bis jetzt kein Unternehmen gefunden haben, das unseren Kriterien entspricht.

Fungibilität des Fondsvolumens als feste Restriktion

e-fundresearch/Frankfurt: Welchen Restriktionen sind Sie beim Investmentprozess unterworfen? 

Schupp: Wir haben uns eine eigene Restriktion im Portfolio auferlegt, dass 30 Prozent des Fondsvolumens von heute auf morgen verkauft werden können. In einem Publikumsfonds ist die Fungibilität ein wichtiger Faktor, da auch mit Rückflüssen gerechnet werden muss und wir nicht unter Druck verkaufen wollen. 
  
e-fundresearch/Frankfurt: Nach welchen Kriterien schauen Sie sich einen Wert an?

Schupp: Wir setzen im Portfolio Gewichtungen nach dem Kurzpotenzial und nicht nach der Marktkapitalisierung. Hierbei schauen wir uns die einzelnen Sparten des Unternehmens gezielt an. Bei Bayer zum Beispiel liegt die Marktkapitalisierung bei 14 Milliarden Euro. Bayer macht etwa 30 Milliarden Euro an Umsätzen, davon zehn Milliarden im Healthcare-Bereich, sechs Milliarden im Pflanzenschutz und 14 Milliarden bei den Polymeren sowie in der Chemie-Sparte. Bei der Prüfung, welche Margen in den einzelnen Teilen erwirtschaftet werden, kommt man im Healthcare-Bereich auf 18 Prozent EBIT-Marge. Meine Zielgröße liegt hier bei 20 Prozent. Bei den Polymeren liegt diese bei zehn Prozent und im Chemiebereich sollten acht Prozent EBIT-Marge erreicht werden. Wir können also damit rechnen, dass Bayer mittelfristig 4,4 Milliarden Euro an EBIT erwirtschaften kann. In Bezug auf den Unternehmenswert haben wir bei Bayer somit ein Potenzial, das bei 32 bis 33 Euro pro Aktie liegen sollte.

Versicherer nach Ertragswert billig bewertet

e-fundresearch/Frankfurt: Haben Sie ein Beispiel aus dem Finanzdienstleistungsbereich, mit 22 Prozent die größte Position im Fonds?  

Schupp: Bei Aegon ist sehr viel Negatives hineininterpretiert worden. Das Unternehmen hat keine Prognose abgegeben. Nach unserer Philosophie liegt der Wert eines Unternehmens im Maximum aus Ertrags- und Substanzwert. Bezogen auf den Ertragswert sind Versicherungen absolut billig bewertet. Wir sehen bei Aegon ein Kurspotenzial von weit über 50 Prozent.

e-fundresearch/Frankfurt: Wie sehen Sie die Problematik, dass viele Versicherer derzeit in Bonds überinvestiert sind?

Schupp: Wir haben in der Tat einen Wertberichtigungsbedarf im Bondbestand bei Versicherungen. Auf der anderen Seite erhalten Versicherungen aber kontinuierlich frisches Geld, das zu einem höheren Wert und einem höheren laufenden Ertrag angelegt werden kann. Das heißt, steigende Zinsen sind zwar kurzfristig negativ für die Bilanz einer Versicherung, wirken sich aber sehr positiv auf die Ertragsrechnung aus.

Großes Kurspotenzial bei Nokia

e-fundresearch/Frankfurt: Wie sieht es mit Nokia aus? Nokia hat den Trend zu den aufklappbaren Handys verschlafen.

Schupp: Die große Frage ist, ob Nokia nur einen Trend verschlafen hat oder es hier einen grundsätzlichen Strukturbruch gibt. Bislang konnte das Unternehmen mit überdurchschnittlichen EBIT-Margen zwischen 17 und 21 Prozent glänzen. Der Aktienmarkt bewertet Nokia jedoch wie einen Commodity-Hersteller. Wir glauben nicht an einen Strukturbruch. Der Unternehmenswert liegt bei 32 Milliarden Euro, das ist in etwa so viel wie der Umsatz. Wir haben daher Nokia gekauft, weil wir ein entsprechend großes Potenzial sehen.      

e-fundresearch/Frankfurt: Vielen Dank für das Gespräch!


Über die Person:

Hans-Peter Schupp ist seit Juli 2002 Portfoliomanager beim Investmenthaus MainFirst. Davor war er bei Julius Bär Kapitalanlage AG Leiter im Aktienfondsmanagement und als Portfoliomanager für den JB-German-Value-Stock-Fund sowie den JB-Euroland-Value-Stock-Fund verantwortlich. Schupp begann seine berufliche Laufbahn als Aktienfondsmanager bei Schröder Münchmeyer & Hengst Investment GmbH und verfügt über mehr als 13 Jahre Berufserfahrung im Portfoliomanagement.



Performancedaten per 16.8.2004 in Euro
Datenquelle: 
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