2004: Werden die Inflationstendenzen zum Flächenbrand?

Im Mai 2004 erreichte die Inflation in Europa den höchsten Stand seit Anfang 2002. In den USA lag die Inflation im Jahr 2000 auf ähnlich hohem Niveau. Unter langfristigen, strategischen Aspekten lohnt sich der Blick auf Inflationsschutz. Ein Gastkommentar von Josef Falzberger. Funds | 12.07.2004 09:51 Uhr
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Die Details

  • US-Produzentenindex stark gestiegen
    Die Mai-Zahlen zur US-Inflation haben die Anleger und Beobachter an den Finanzmärkten schockiert: Mit einer Steigerung von 5,0% für die letzten 12 Monate beim US-Produzentenpreisindex hatte kaum jemand gerechnet – und auch 3,1% beim amerikanischen Verbraucherpreisindex sind nicht von schlechten Eltern. Als dann auch noch das Amt für Statistik in der Europäischen Union „Eurostat“ bekannt gab, dass die jährliche Teuerungsrate 2,5% beträgt, horchten auch die von einer langen Periode der Niedriginflation verwöhnten Europäer auf. Denn all dies geschieht in einem Umfeld historisch niedriger Zinsen: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung lag der US-Notenbankzins bei 1%, der EZB-Leitzins bei 2%.
  • Öl im Feuer der Inflation
    Ein Blick unter die „Headline“ zeigt, woher die Inflation kommt. Dabei überrascht es nicht, dass der (hohe) Ölpreis eine sehr wesentliche Rolle beim Inflationsthema spielt. Und es überrascht auch nicht, dass sich der hohe Ölpreis stärker auf die Produzentenpreise niederschlägt als auf die Konsumentenpreise. Denn der Warenkorb für die verschiedenen Verbraucherpreisindizes ist breiter aufgestellt als jener für den Produzentenbereich. Die veröffentlichten Teil- und Subindizes geben darüber näheren Aufschluss: So ist beispielsweise der Energieindex in den USA um nicht weniger 14,33% gestiegen, die Teilkomponente Rohstoffe im Energiebereich schlägt sogar mit einem Plus von 28,17% für das letzte Jahr zu Buche.

Der Einfluss des Euro und der Basiseffekt

Zwei Dinge sind im Zusammenhang mit dem hohen Ölpreis bemerkenswert: Zum einen schlagen sich die enormen Preissteigerungen aufgrund des nach wie vor moderaten Dollarkurses nur schaumgebremst auf die Preisentwicklung in Euroland nieder. Damit unterscheidet sich die Situation in Europa grundlegend von jener im Jahr 2001, als der Effekt des hohen Ölpreises noch zusätzlich durch den steigenden Dollarkurs verstärkt wurde. Zum anderen schaffen die aktuell hohen Preise eine hohe Basis, die für die Zukunft sogar inflationsdämpfend wirken kann. Denn um die Teuerungsraten zu halten, müssten die Preise in ähnlichem Tempo weitersteigen wie bisher. Kommt es allerdings zu einer Beruhigung an den Rohstoffmärkten, könnten die Preise im besten Fall sogar sinken und den Preisdruck weiter entschärfen. Man spricht in diesem Zusammenhang vom so genannten „Basiseffekt“. Zumindest in der Vergangenheit war zu beobachten, dass die Märkte dabei die vergleichsweise hohen Inflationsraten aus früheren Perioden relativ rasch „vergessen“ und sich fast ausschließlich an der aktuellen Situation orientieren. Dies zeigt nicht zuletzt die Entwicklung der Inflationserwartung: Als die aktuell veröffentlichten Inflationsraten niedrig waren, war auch die Inflationserwartung für die Zukunft niedrig. Mit dem Ansteigen der tatsächlichen Inflation zog auch die Inflationserwartung an.

Die Zweitrundeneffekte

Natürlich ist es zu einfach und wahrscheinlich auch nur die halbe Wahrheit, alles auf den Ölpreis zu schieben. Denn auch wenn die Kern-Inflationsrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) auf niedrigem Niveau verharrt, sind die Verbraucher doch sehr wesentlich von den Teuerungen, die vom Ölpreis ausgehen, betroffen. Das könnte einerseits zu schwindender Kaufkraft führen (wenn immer mehr Geld bildlich gesprochen bei der Tankstelle bleibt), andererseits auch den Inflationsdruck bei den Löhnen erhöhen. Und dies könnte ein generelles Ansteigen des Preisniveaus über „Zweitrundeneffekte“ nach sich ziehen. Das Phänomen steigender Preise bliebe dann nicht mehr allein auf die Energiepreise beschränkt.

Die Notenbanken und die Anleger

Noch sehen die Notenbanken in der aktuellen Inflationsentwicklung kein zwingendes Problem. Zwar hat die US-Notenbank zum Halbjahr einen ersten Zinsschritt (Leitzins von 1% auf 1,25%) gesetzt, es blieb aber bei der Ankündigung, auch weiterhin nur moderate Anpassungen vorzunehmen. Die EZB sieht sich momentan noch überhaupt nicht veranlasst, ihre Politik zu ändern und verharrt auf dem aktuellen Leitzins von 2%, um den potentiellen Aufschwung nicht zu gefährden.

In der Zwischenzeit sind die langfristigen Zinsen bereits kräftig angestiegen und bieten somit wieder mehr Puffer im Hinblick auf ein mögliches Inflationsszenario.

Vergleichsweise unattraktiv bleibt der kurzfristige Bereich: Einerseits ist das Niveau sehr niedrig (die Geldmarktzinsen liegen aktuell knapp über 2%), andererseits sind kurzfristige Veranlagungen am stärksten von Zinsänderungen betroffen. Der Ertrag, der am Geldmarkt zu erzielen ist, liegt nur etwa halb so hoch wie der bei 10-jährigen Staatsanleihen, die aktuell bei ca. 4,25% rentieren. Natürlich stellt sich die Frage, ob 4,25% Zinsen ausreichenden Schutz bieten, sollte die Inflation tatsächlich anspringen.

Empfehlung

Als Alternative dazu bieten sich inflationsgeschützte Anleihen an, die zwar einen niedrigeren Nominalzins als konventionelle Anleihen aufweisen, dafür aber die vollständige Inflationsabgeltung bieten. Somit liefern sie in jedem Inflationsszenario, egal ob hoch oder niedrig, einen Realzins, der aktuell in etwa auf Geldmarktniveau liegt. Mit dem Unterschied, dass die Inflation noch zusätzlich abgegolten wird.


Josef Falzberger ist Leiter Asset Management Anleihen/Zinsen bei der Schoellerbank Invest AG


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