In Deutschland wie auch in Österreich sind die meisten der führenden Gesellschaften schon länger zertifiziert, die erwarteten Folgebewegungen anderer Unternehmen blieben jedoch weitgehend aus (siehe auch "Was wurde eigentlich aus GIPS?" vom 11.5.2004).
Mögliche Gründe
Gründe für die inzwischen nur noch zurückhaltende Umsetzung von GIPS liegen wohl weitgehend in der wirtschaftlich schwierigen Lage, die zu einer Umallokation von Budgets und Ressourcen führte. Projekte wurden neu priorisiert, die Einführung von GIPS oder lokalen Performance-Präsentations-Standards erschien dabei nicht mehr als vorrangig.
Ein weiterer möglicher Grund für das zögerliche Nachfolgen anderer Gesellschaften mag auch darin begründet sein, dass die Unternehmen, die sich in Compliance befinden, dies nicht sehr offensiv kommunizieren oder vermarkten, somit ist auch der öffentliche Druck nicht sonderlich groß. Marketingvorteile können sich aber natürlich nur ergeben, soweit entsprechendes Marketing auch stattfindet....
Im einen oder anderen Fall mag die gezeigte Zurückhaltung darauf zurückzuführen sein, dass die Performance der Composites - also der nach Anlagekategorien zusammengefassten Mandate - nicht wunschgemäß erscheint, aber vielmehr liegt die Ursache nicht selten in fehlender Information und Kommunikation. Es kann durchaus sein, dass Marketingabteilungen gar nicht wissen, dass ihr Unternehmen „GIPS-compliant“ ist, oder es fehlt die Information über die Bedeutung. Insofern ist es wichtig, dass eine Verifizierung nicht hinter verschlossenen Türen lediglich unter der Aufsicht eines verantwortlichen Geschäftsführers durch einen Beauftragten einer Fachabteilung betreut wird. Vielmehr stellt die GIPS-compliance eine Aufgabe und Verantwortung für das gesamte Unternehmen dar und jeder Mitarbeiter sollte sich dessen bewusst sein!
GIPS: Nicht nur für Institutionelle sinnvoll
Entgegen der weitläufigen Auffassung, das GIPS vorwiegend oder ausschliesslich institutionellen Investoren dient, profitieren auch Publikumsfondsanleger von der geforderten Transparenz. GIPS wurden explizit auch mit Augenmerk auf den individuellen Investor geschaffen. Auch hier liegt eher ein Informations- und Nachfragedefizit vor, als das GIPS nicht nützlich wäre. Zwar sind Publikumsfonds durch Publikationspflichten und verfügbare externe Analysen sicherlich transparenter als ein institutionelles Mandat, dennoch können GIPS-Präsentationen wertvolle zusätzliche Informationen zur Beurteilung des Managements und der fraglichen Anlagekategorie beisteuern. So mag beispielsweise der vermeintliche Flagschiff-Fonds sich als Nischenprodukt im Produktportfolio des Managers entpuppen. Ebenso mag es sich zeigen, dass die Compositeperformance signifikant von der des Fonds in dem man investiert ist abweicht – ein Indikator für inkonsistentes Management oder doch zumindest irreführende Information.
Sicherlich ist eine Einführung und Zertifizierung von GIPS nicht trivial, was Zeit und Kosten angeht. Insbesondere die Vorbereitung der Erstzertifizierung, die die Sammlung, Aufbereitung und Durchsicht von Daten der gesamten Firmenhistorie sowie die Definition der Composites erfordert, kann sich lange hinziehen und bindet Personal. Dennoch ist es bei sinnvoller Umsetzung ein lohnenswertes Projekt sowohl für den Manager als auch den Endkunden, auch wenn nicht alle Vorteile sofort klar auf der Hand liegen.
Was könnten die Vorteile sein?
Für die Firma in Compliance:
- Marketingvorteile – sofern Marketing stattfindet, siehe oben....
- Analyse und Dokumentation der Informationsflüsse im Unternehmen
- Standardisierung der Datenflüsse im Unternehmen
- Klare Definition der Produktpalette
- Transparenz und Vergleichbarkeit
- Standardisierung der Kundeninformation
- Sinnvollerweise verbunden mit Standardisierung interner Information
- Reporting gemäss internationalen Standards
Standardisierung bedeutet hier, dass Datenquellen sowie Inhalte eindeutig bestimmt sind, um sicherzustellen, dass nicht verschiedene Abteilungen oder Mitarbeiter abweichende Informationen verwerten oder weitergeben. Nicht wenige Firmen in Compliance verwenden die für die GIPS-Verifizierung verwendeten Daten auch für das Controlling sowie die Beurteilung der Fondsmanager, in manchen Fällen auch für die Bestimmung von deren Boni. Da diese Daten geprüft sind, ist das Vertrauen höher und schwierige Diskussionen werden vermieden.
Somit können sich durch ein Complianceprojekt massgebliche Effizienzsteigerungen ergeben, die die Kosten relativieren. Durch Einsatz am Markt erhältlicher Standardsoftware kann die Prozesssicherheit erhöht werden, der Aufwand für die Implementierung von GIPS sowie die Verifizierung wird dadurch geringer.
Für den Endkunden
- Transparenz
- Umfassende Information über die Gesellschaft sowie die interessierende Produktgruppe
- Bessere Vergleichbarkeit
Insbesondere mit immer komplexer werdenden Produkten steigt der Informationsbedarf für den Investoren. Auch externe Analysehäuser greifen bevorzugt auf GIPS-Präsentationen zurück, um Manager zu beurteilen.
Fazit
Gerade die schwierige Marktsituation und Skandale um einzelne Fonds im Publikumsbereich der vergangenen Jahre lassen GIPS als wichtiges und hilfreiches Instrument zur Beurteilung von Fondsmanagern erscheinen. Auch für den Manager selbst muss GIPS keine Bürde und nur einen Kostenfaktor darstellen, sondern kann signifikant zur Verbesserung von Prozessen und damit zu Produktivitätssteigerungen zum Vorteile aller beitragen.
Hans Groetsch, CEFA, ist Senior Project Manager bei StatPro (Deutschland) GmbH in Frankfurt, e-mail: [email protected]
Gastkommentare werden von anerkannten Finanzmarktexperten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.