JPMF Europe Small Cap vs. Wanger European Smaller Companies

Die vergangenen Wochen ließen selbst überzeugte Aktienanleger verzweifeln. Immer neue Skandale aus den USA und aufkeimende Rezessionsängste führten zu einer scharfen Korrektur, der sich keiner der etablierten Märkte entziehen konnte. Im Gegensatz dazu erwiesen sich Aktien kleinerer Unternehmen als relativ stabil. Funds | 09.09.2002 13:57 Uhr
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Für viele Anleger ist es besonders schmerzlich, die Talfahrt von einst grundsoliden Blue Chips beobachten zu müssen. Große europäische Versicherungswerte wie Aegon oder Allianz, Industriewerte wie ABB oder defensive Konsumwerte wie Unilever kamen aus den unterschiedlichsten Gründen unter die Räder. Es bleibt die Erkenntnis, dass es an den Aktienmärkten schon lange keine „Witwen- und Waisenpapiere“ mehr gibt. Doch welche Alternativen gibt es?

Beinahe unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit konnten sich die Aktien kleinerer Unternehmen in dem schwierigen Marktumfeld insgesamt besser behaupten als die europäischen Standardwerte. Gemessen an den anerkannten Indizes HSBC Smaller European (-17,29%) und MSCI Europe (-25,91%) erzielten die kleineren Werte im laufenden Jahr eine Outperformance von mehr als 8%.

Der Vergleich der beiden Indizes soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es signifikante Unterschiede innerhalb der Anlagekategorie „Nebenwerte Europa“ gibt. Das Angebot umfasst viele Produkte, die stark in wachstumsorientierten Unterneh-men engagiert sind und darüber hinaus auch Fonds, die ausschließlich in Aktien des Neuen Markt investieren. Deshalb ist bei der Auswahl eines Small Cap Fonds die qualitative Analyse des Portfolios mindestens genauso wichtig wie bei den Standardwertefonds.

e-fundresearch.com stellt im folgenden Fondsduell zwei Produkte vor, die sich im Small Cap Segment seit längerem sehr gut behaupten können, aber durchaus unterschiedliche Akzente set-zen: JPMF Europe Small Cap Fund vs. Wanger European Smaller Companies

Langjährige Erfahrung im Fondsmanagement

Die Fondsgesellschaft Wanger Asset Management (WAM) ist im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unbekannt. Doch zu Unrecht: Die Gesellschaft mit Sitz in Chicago wurde 1992 von dem erfahrenen Fondsmanager Ralph Wanger gegründet und verwaltet derzeit ein Gesamtvolumen von mehr als 8,8 Mrd. USD.

Das Unternehmen ist auf US-amerikanische und internationale Small und Mid Caps spezialisiert und bietet auch in Österreich zwei Produkte an, den US Smaller Com-panies bzw. den European Smaller Companies. Für das Fondsmanagement ist Ralph Wangers Frau Leah Zell zuständig. Nach dem Studium und der anschließen-den Dissertation an der Harvard University begann sie ihre Karriere im Jahre 1979 bei Lehman Brothers im Bereich Corporate Finance. Als Analystin war sie später für Kridel Securities und Harris Associates tätig, bevor sie 1992 als Fondsmanagerin zur neu gegründeten Wanger Asset Management wechselte. Seit mittlerweile zehn Jah-ren ist Zell ununterbrochen für internationale Small Caps und speziell für den Wanger European Smaller Companies Fund verantwortlich.

Der Fondsmanager des JP Morgan Fleming Fonds, der Schotte James Campbell, ist ebenfalls seit vielen Jahren auf das Management von Small Cap Produkten speziali-siert. Vor seinem Wechsel zu Flemings im Jahre 1995 – das angesehene britische Investmenthaus wurde nach der Übernahme durch JP Morgan in das neue Unter-nehmen JP Morgan Fleming integriert – war Campbell in ähnlicher Funktion bei Ivory and Sime tätig.

Wie findet man die Perlen?

Ein Fonds ist grundsätzlich immer nur so gut wie sein Research. Für kein Anlage-segment trifft diese Aussage mehr zu als für Small Cap Fonds. Gilt es doch, aus dem schier unüberschaubaren Universum von kleinen, börsennotierten Unternehmen die erfolgreichsten zu identifizieren. Die Chancen, dabei auf wahre „Perlen“ zu stoßen, sind prinzipiell höher als bei den sog. Blue Chips. Während letztere von Dutzenden von Analysten bis ins kleinste Detail untersucht werden, so dass kaum neue Er-kenntnisse zu erwarten sind, entwickeln sich viele Small Caps eher im Verborgenen.  Dieser Mangel an Informationen ermöglicht es den Spezialisten, einen entscheiden-den Informationsvorsprung zu erzielen, der sich früher oder später in einer Neube-wertung des Unternehmens widerspiegeln sollte. Ralph Wanger formuliert es bildlich: „Am Rande der Herde ist das Gras grüner“.

Managed in Chicago: Ein Nachteil für den Wanger Fonds?

Interessanterweise managt das Team um  Leah Zell den rund 85 Mio. Euro schweren Fonds von Chicago aus. Dennoch ist sich die Fondsmanagerin sicher, dass sie damit im Vergleich zu den in Europa domizilierten Kollegen keinen Standortnachteil besitzt. Zell sieht vielmehr die direkte und unkomplizierte Zusammenarbeit mit ihren Team-mitgliedern als ausgesprochen positiv an und hält dies für operativ besser als eine dezentrale Verteilung des Teams auf mehrere Büros an den unterschiedlichsten Standorten.

Sie verweist darauf, dass ihre Teammitglieder etwa drei Monate im Jahr in Europa unterwegs sind, um Unternehmensbesuche abzuhalten und so insgesamt etwa 1000 Gespräche pro Jahr mit Managern führen können. Darüber hinaus hält Zell und ihr Team einen sehr intensiven Kontakt mit den jeweiligen Unternehmen, der dank mo-derner Kommunikationsmedien auch über eine größere Entfernung hinweg problem-los aufrechterhalten werden kann.

Der Selektionsprozess von Wanger steht auf drei Säulen und beinhaltet Wachstums-potenzial, Finanzkraft und Bewertung. Der Ansatz ist somit am besten als „GARP (Growth at a reasonable price)“ zu bezeichnen. Als Kaufkandidaten kommen für das Fondsmanagement Unternehmen in Frage, die noch nicht im Fokus der breiten Öf-fentlichkeit stehen, jedoch von einem unternehmerisch denkenden Management ge-führt werden und in einer Nische mit hohem Wachstumspotenzial sehr gut positio-niert sind. Die Bewertung wird mit einem Modell zur Diskontierung von Dividendener-trägen gemessen.

Die Gründe, die zur Kaufentscheidung für einen Titel geführt haben werden archiviert und ständig einer strengen Überprüfung unterzogen. Sollte ein Titel den vorher er-rechneten Zielkurs erreicht haben oder aufgrund fundamentaler Probleme an Attrak-tivität verlieren, wird er konsequenterweise verkauft.

Managed in London: Ist JPMF näher am Markt?

Mit einem Volumen von rund 500 Mio. Euro (per 30.06.02) gehört der Fonds zu den größten Produkten seiner Anlagekategorie. Das European Smaller Companies Team von JPMF mit dem Fondsmanager James Campbell, seinem Kollege Francesco Conte sowie weiteren auf Großbritannien spezialisierten Fondsmanagern und etwa 25 Mitarbeiter im Research trägt die Verantwortung für Small Caps im Wert von knapp 2 Mrd. Euro. Die europäische Wirtschaftsmetropole London wird hierfür als idealer, weil zentraler Standort gesehen, der von vielen Managern von Unternehmen regelmäßig aufgesucht wird.

Die Anlagephilosophie des JPMF Small Cap Teams berücksichtigt sowohl Elemente eines wertorientierten als auch eines wachstumsorientierten Anlagestils und ist damit ebenso als „GARP“ zu bezeichnen.

Im Rahmen der Aktienauswahl stellen die Analysten zunächst ihre Investmentideen vor, die sie nach den Unternehmensbesuchen (mehr als 1000 pro Jahr) gewonnen haben. Entscheidende fundamentale Kriterien, die potenzielle Kaufkandidaten erfül-len müssen, sind die Marktführerschaft in einem bestimmten Segment sowie die Möglichkeit, hohe Eintrittsbarrieren für Konkurrenten zu schaffen, um dadurch die Verkaufspreise bestimmen zu können. Darüber hinaus sollten die Unternehmen in der Lage sein, in einem gesamten Konjunkturzyklus nachhaltige Erträge zu erwirt-schaften. Größter Wert wird auf die Fähigkeiten des Managements gelegt, das die Interessen der Anteilseigner in besonderem Maße berücksichtigen sollte.

Für die Analyse der angemessenen Bewertung der in Frage kommenden Aktien be-nutzt das Fondsmanagement Discounted Cash-Flow Modelle und beurteilt das Kurs-Gewinn-Verhältnis im Vergleich zur Branche und zum Gesamtmarkt. Außerdem wer-den Indikatoren für das Wachstum und das Momentum der Aktie wie z.B. die Ge-winnrevisionen und das Gewinnwachstum in der Anlageentscheidung berücksichtigt. Eine Verschlechterung der fundamentalen oder quantitativen Rahmendaten führt entsprechend zu einer Verkaufsentscheidung für den Titel.

Die Portfolios

Leah Zell geht bewusst große Wetten gegenüber ihrer Benchmark HSBC Smaller European Companies ein und versucht dadurch Mehrwert für die Anleger zu generie-ren. Einen vorher festgelegten maximalen Tracking Error gibt es nicht. Im Risikoma-nagement steht folglich das absolute Verlustrisiko im Vordergrund, das durch eine breite Streuung und den Einsatz derivativer Instrumente in schwachen Marktphasen reduziert werden soll. Das Portfolio besteht aus ca. 70 Werten.

Der JPMF Europe Small Cap ist deutlich stärker reglementiert als das Wanger Pro-dukt und beachtet seine Benchmark (ebenfalls HSBC Smaller European) sehr genau, obwohl es keine Obergrenze für den Tracking Error gibt. Allerdings gibt es Vorgaben für die maximale Über- und Untergewichtung eines Landes und eines Sektors (je-weils +/- 5%). Für eine breite Streuung des Fondsvermögens sorgt die Einschrän-kung, eine neue Position im Fonds nur mit max. 1,5% zu gewichten. Insgesamt um-fasst das Portfolio in der Regel 120 bis 160 Positionen.

Ein Blick auf die größten Positionen der beiden Fonds ist sicherlich weniger aussa-gekräftig als bei den Fonds für Standardwerte, da viele Werte relativ unbekannt sind. Bemerkenswert ist allerdings die hohe Diversifikation bei diesen Produkten. Die größ-ten Werte sind beim Wanger mit 2,5%, beim JPMF sogar nur mit 1,5% gewichtet.  Beim JPMF Produkt fällt die größte Fondsposition „Fleming Frontier Fund Europe“ ins Auge. Hierbei handelt es sich um einen Fonds für „Micro Caps“ aus dem Hause JPMF, der in wachstumsstarke Werte mit einer Marktkapitalisierung unter 150 Mio. USD investiert. Diese Titel unterliegen großen Schwankungen und sind daher relativ riskant, bieten jedoch auch ein großes Wachstumspotenzial.

Die Performance im Vergleich

Eine Analyse der Wertentwicklung zeigt, dass das Team um Leah Zell in den ver-gangen drei Jahren den JPMF um 35% und ihren Index gar um 60% outperformen konnte. Der Fondsmanagerin des Wanger European Smaller Companies gelang es wesentlich besser, den enormen Wertzuwachs zu Beginn des Jahres 2000 zu vertei-digen. Auch der JPMF Europe Small Cap verdoppelte sich Anfang 2000 innerhalb weniger Wochen, wovon heute allerdings kaum noch etwas übrig geblieben ist.

Das striktere Risikomanagement des JPMF gelangte in diesem Zeitraum, als viele Werte binnen Wochenfrist dreistellig zulegen konnten, an seine Grenzen. Sämtliche Programme zur Risikosteuerung hatten keine empirischen Daten für einen derartigen Hype. In der Folge verpasste das Fondsmanagement den richtigen Verkaufszeit-punkt für die Wachstumswerte, auch der Anteil der Micro Caps wurde zu lange zu hoch gehalten. Die Umstellung auf defensivere Werte half anschließend, die Perfor-mancekontinuität zurückzugewinnen.

Der relativ defensiv konstruierte Index (mehr als die Hälfte der Werte sind als zykli-sche Valuewerte zu charakterisieren) nahm an der Rallye im Frühjahr 2000 kaum teil, brach allerdings auch in der Folgezeit nicht in demselben Maße ein. Im Jahr 2001 gelang es keinem der beiden Fonds, die Benchmark zu schlagen. Der Wanger Fonds lag in diesem Zeitraum sogar noch hinter dem JPMF Produkt.

Fazit

Wer an eine Fortsetzung der relativ guten Performance von europäischen Small Caps glaubt, findet in beiden Produkten eine gute Anlagemöglichkeit. Allerdings soll-te sich der Anleger auch der Unterschiede bewusst sein.

Mit dem Wanger Fonds kauft er einen „Exoten“, der von der ausgesprochen guten Expertise des Small Cap Teams um Leah Zell profitiert. Die Spezialisten gehen be-wusst eine hohe Abweichung gegenüber der Benchmark ein und suchen nach den „verborgenen Schätzen“ im Anlageuniversum. In der Vergangenheit gelang ihnen dies außerordentlich gut und der am häufigsten genannte Nachteil dieses Fonds fiel nicht ins Gewicht: die mangelnde Präsenz in Europa. Wir denken, dass dies aufgrund der engen Vernetzung mit den europäischen Unternehmen auch in Zukunft kein gro-ßes Problem darstellen dürfte. Vielleicht bietet der Standort Chicago sogar Vorteile: Viele Trends aus den USA kommen mit Verzögerung nach Europa. Ein Fondsmana-gement in den Vereinigten Staaten kann diese u.U. schneller erkennen und auf die Profiteure in Europa setzen.

Der JP Morgan Fleming Fonds gehört sicherlich zu den etablierten Produkten seiner Anlagekategorie. Besonders hervorzuheben ist bei diesem Fonds, dass das Fonds-management nach einer längeren Underperformance den Fonds wieder auf Kurs gebracht hat. James Campbell ist zwar in seinen Anlageentscheidungen stärker ein-geschränkt als Leah Zell, kann sich aber auch auf ein fundiertes Research und Risi-komanagement bei JPMF stützen. Gerade die stärkere Anlehnung an die Benchmark HSBC Smaller European unterscheidet den Fonds deutlich vom Wanger Produkt.

Generalist oder Spezialist – beide zeigen ihre Qualitäten. 

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