Am US-Bondmarkt fand in den vergangenen Wochen eine regelrechte Rally statt. So stieg die Nachfrage nach zehnjährigen US-Staatsanleihen so stark, dass die Rendite auf unter vier Prozent sank. Und damit so tief wie seit 40 Jahren nicht mehr. "Die Stimmung der Anleger hat sich zugunsten von Aktien zu Renten verändert", sagt William D. Dawson, Chefstratege für Anleihen bei der US-Fondsgesellschaft Federated.
Konjunkturangst beflügelt Anleihen
Renten verzeichnen eine Hausse, weil ein neuerliches Abgleiten der US-Konjunktur in die Rezession befürchtet wird. Double Dip heißt dies im Jargon der Ökonomen. Die Rentenfondsmanager hoffen deshalb auf weiter sinkenden Zinsen am Kapitalmarkt. Dies würde Anleihen weitere Kursgewinne bescheren. Spekuliert wird bereits nicht ob, sondern wann US-Notenbankchef Alan Greenspan die Leitzinsen ein weiteres Mal senkt.
Angst vor japanischen Verhältnissen
Das Problem: Die US-Leitzinsen notieren bereit auf dem niedrigen Niveau von 1,75 Prozent – und damit auf einem 40-Jahrestief. "Senkt Greenspan die Zinsen weiter, könnte das Thema japanische Verhältnisse hoch kommen. Das wird er sicher vermeiden wollen", sagt Bernd Früh, Fondsberater des Rentenfonds BW-Renta-Universal. Denn das Beispiel Japan stimmt nicht hoffnungsfroh: Niedrige Zinsen, ohne das die Konjunktur anspringt.
Experten warnen vor Deflation
Zudem verbindet sich mit Japan die Furcht vor einer Deflation. Also einem Szenario fallender Kosumentenpreise. Investmentbanken wie Credit Suisse First Boston und UBS Warburg warnen bereits vor einer Deflation auch in den USA und Europa. Würde dies eintreten, müssten die Notenbanken rasch die Zinsen senken, um ein Abwürgen der Konjunktur zu verhindern.
Düsteres Szenario für die USA
Zumindest haben die Notenbanken derzeit wenig Anlaß, die Zinsen zu erhöhen. Sinken die Leitzinsen und kommt eine Deflation, ist dies gut für Anleihen, nicht aber für Aktien. Bernd Früh zählt zu denen, die sagen: "Anleihen dürften Aktien in den nächsten Jahren schlagen." Ohnehin malt er für die USA ein düsteres Szenario an die Wand: Die Verschuldung von Unternehmen ist so hoch, dass jetzt der Abbau der Verschuldung ansteht. Und auch die US-Haushalte leben auf Pump, so dass diese jetzt sparen müssen.
Greenspan und Bush können nicht helfen
"In diesem Szenario, das ich für sehr wahrscheinlich halte, wird eine Kreditdeflation eintreten, das heißt die Kreditvolumina werden zurück gefahren", sagt er. Und er glaubt nicht, dass Alan Greenspan oder die Bush-Administration hier helfen können. "Die Verschuldung der Unternehmen und der privaten Haushalte sind strukturelle Ungleichgewichte. Diese lassen sich nicht kurzfristig mit Leitzinssenkungen oder sinkenden Steuersätzen bekämpfen. Der Aufbau der Ungleichgewichte hat lange gedauert, und der Abbau wird ebenfalls lange dauern", sagt er.
Kein Ende der Bond-Rally
Dieses düstere Szenario spricht gegen ein Ende der Bond-Rally. "Wir sind aufgrund des Konjunkturzyklusses in einer positiveren Phase für Anleihen als noch im Frühjahr", bestätigt denn auch William D. Dawson. Nur mit welchen Bonds sind die höchsten Renditen zu holen? "Wir rechnen damit, dass Anleihen mit langen Laufzeiten besser laufen werden", sagt William D. Dawson. Seine Begründung ist technischer Natur: die Renditen bei kurzen Laufzeiten sind so gering, dass der Renditeabstand der langen Laufzeiten historisch gesehen viel zu hoch ist.
Fünf Prozent Rendite mit Bonds
Pessimist Bernd Früh ist ebenfalls im Langfrist-Bereich engagiert. "Das die Langfristzinsen steigen, halte ich für unwahrscheinlich", sagt er. Hintergrund: Bei sinkenden Zinsen winken dort die höheren Kupons und höhere Kursgewinne. Nachteil für Rentenanleger: Die Zinskupons sind niedrig. Bernd Früh meint jedoch: "Entscheidend für den Rentenmarkt sind die Realzinsen. Und diese liegen derzeit bei drei Prozent und damit über dem langjährigen Durchschnitt. Das niedrige Nominalzins täuscht hier. Eine vergleichsweise sichere Rendite von fünf Prozent sollte mit Rentenfonds möglich sein."