Fidelity-Kunden fragen sich nun, was aus ihrem Fonds wird. Schließlich verdankt er seine Erfolge in erster Linie dem eigenwilligen Management von Fidelity-Star Anthony Bolton. Der überzeugte Value-Investor bezeichnet sich selbst als „Contrarian“, der „gegen den Strom schwimmt, um Gewinne zu machen“. Und er ist mit Abstand der erfahrenste Fondsmanager bei Fidelity in London, was es ihm ermöglichte, erfolgreich nach Aktien zu suchen, „die nicht im Investoren-Fokus liegen und an der Börse zu niedrig bewertet sind“.
Wer ist Graham Clapp?
Graham Clapp, ein in Deutschland weitgehend unbekannter Fondsmanager, wird am 1. Januar 2003 Boltons Nachfolge antreten. Allerdings ist Clapp kein Neuling. Fidelity hat sein Aushängeschild, den European Growth Fund, an den Manager mit nach Bolton längsten Erfahrung gegeben. Mittlerweile kann Clapp nämlich auf eine 18-jährige Tätigkeit bei Fidelity zurückblicken. Er startete 1984 als Research-Assistent, wechselte 1986 in des Investment-Team und übernahm 1988 seinen ersten Fonds. Dass er relativ unbekannt ist, liegt indes daran, dass er 1992 ins Spezialfonds-Team überwechselte, das das Kapital institutioneller Kunden verwaltet.
Anleger bangen, ob Clapp Bolton ersetzen kann
Fidelity ist sicher, dass Clapp nahtlos an Boltons Leistungen anknüpfen kann. Zumal er sich neben britischen Portfolios seit 2000 auch kontinentaleuropäischen Titeln widmet. Gleichwohl ist sich die Geschäftsleitung des Risikos bewusst. Bolton wird Clapp deswegen sechs Monate lang „einarbeiten“. Aber dessen Stil will Clapp nicht kopieren. Dafür ist er zu lange dabei und zu selbstbewusst. Er würde sich selbst nicht als Contrarian bezeichnen, „aber sicherlich suche ich ebenfalls Unternehmen aus, von denen ich denke, dass ihr Potenzial höher ist, als der Aktienkurs widerspiegelt“.
Fidelity will Erfolgsstory fortsetzen
Clapps großer Vorteil: Er kann auf das gleiche Experten-Team zurückgreifen, das auch Bolton zu Diensten war. Und das ist mit 50 Analysten und 20 Portfoliomanagern sehr gut ausgestattet. Und er kann notfalls auch Boltons Rat einholen, der sich nicht vollständig zurückzieht. Er will nur mehr Zeit verwenden, Nachwuchsmanager auszubilden und zu beraten. Zwei seiner kleineren, relativ unbekannten Fonds, den Fidelity Special Situations und den Fidelity Special Values, will er weiterhin betreuen.
Wie reagieren die Anleger?
Clapps größtes Problem könnte mangelndes Vertrauen der Anleger werden. Entschließen sie sich, den Fonds zu verkaufen, weil sie ihm ein erfolgreiches Fondsmanagement nicht zutrauen, kann es schnell eng werden. Denn dann zwingen sie ihn eventuell, seine zum Teil recht marktengen Titel zu verkaufen. Wodurch er sich gegebenenfalls selbst die Kurse verdirbt, was wiederum neue Verkäufe auslösen könnte. Ein Teufelskreis.
Was denken die Profis?
Doch soweit muss es nicht kommen. „Clapp ist uns noch unbekannt“, äußerte sich Hermann-Josef Hall von Sauren-Fondsresearch recht zurückhaltend. Und er will dessen Leistung erst noch beobachten, zumal der Fidelity-Fonds in keinem Sauren-Dachfonds zu finden ist. Weniger zurückhaltend reagierte Ulrich Harmssen von Fonds-Select: „Bolton hat ein sehr persönliches Konzept und ist nicht so leicht zu ersetzen.“ Harmssen fürchtet überdies, dass Clapps Vergangenheit als Spezialfondsmanager durchschlagen könnte: „Nach meiner Erfahrung tendieren Manager, die von institutionellen Fonds kommen, eher dazu, sich am Index zu orientieren.“ Für Bolton bis dato kein Thema. Bei ihm ergab sich die Portfoliostruktur immer aus den gekauften Einzeltiteln und nicht andersherum. Jedoch: „Niemand übernimmt solch ein Flaggschiff, ohne dem Fonds seinen persönlichen Stempel aufdrücken zu wollen“, bringt Harmssen seine Skepsis zum Ausdruck.