Schwellenländer im globalen Kontext

Dilek Capanoglu, CIO Emerging Markets Allianz Global Investors, im Gespräch mit e-fundresearch über Inflations- und Blasengefahr in den Emerging Markets und wann Sie ihren derzeit positiven Ausblick für die Türkei überarbeiten würde. Funds | 17.12.2010 04:30 Uhr
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Die Expertin spricht von einem neuen Selbstbewusstsein der globalen Emerging Markets, das unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass sie nicht mehr Liquiditätsnehmer, sondern vielmehr –geber für die entwickelten Länder sind.

 

e-fundresearch: Frau Capanoglu, die Gründe, die für Schwellenländer sprechen sind hinlänglich bekannt, was ist für Sie derzeit das größte Risiko im Zusammenhang mit den aufstrebenden Märkten?  

Capanoglu: Nicht gut wäre ein globaler Abschwung. Viele vergessen, dass wir zwar mehr und mehr Decoupling zwischen den Emerging Markets und den Industrienationen sehen, es sich dabei aber um einen langsamen Prozess handelt. An eine vollständige Trennung zwischen den Schwellenländern und den Industrienationen glaube ich nicht.

e-fundresearch: Glauben Sie, dass sich die Probleme der PIGS-Staaten auf die Emerging Markets auswirken werden?

Capanoglu: Als direkte Folge könnte auch in den Emerging Markets die Risikoaversion kurzfristig zunehmen. Investoren, die die jüngste Rallye verpasst haben, könnten kurzfristige Rückschläge jedoch als Einstiegschance nutzen. Auf längere Sicht werden die Probleme der PIGS-Staaten jedoch nichts am Wachstumspotenzial der Emerging Markets ändern. Ich bin überzeugt davon, dass die Schwellenländerkapitalmärkte jene der Industrienationen einholen werden.

e-fundresearch: Viele Experten sprechen von einer unmittelbaren Inflationsgefahr in den Emerging Markets, wie schätzen Sie dieses Szenario ein?

Capanoglu: Die Inflation angeheizt haben zuletzt die Nahrungsmittelpreise, die unter anderem wegen schlechten Ernten gestiegen sind. Ich China geht beispielsweise die Inflationsentwicklung zu 70 Prozent auf die Nahrungsmittelpreise zurück. Die Kerninflation ist in den Schwellenländern allerdings noch nicht angesprungen, da nach der Krise die Kapazitäten noch immer nicht vollständig ausgelastet sind. Würde die Kerninflation steigen, wäre das ein Alarmsignal. Auch wenn ich derzeit keine akute Inflationsgefahr sehe, sollte man die Inflation stets im Auge behalten.

e-fundresearch: Sie haben China erwähnt – das Land hat bekannterweise eine Reihe von Problemen. Die akute Blasengefahr im Immobiliensektor ist sicher nicht abzustreiten?

Capanoglu: Die Blasengefahr besteht in China eher in den Tier-1-Städten Peking, Shanghai und Hongkong, in anderen dagegen nicht. Die geringe Zinserhöhung – die nicht hoch genug war, dass es zu einer Verlangsamung bei der Kreditvergabe kommen könnte – sehen wir allerdings als Zeichen, dass die Probleme der Regierung durchaus bewusst sind.

e-fundresearch: Mit der Türkei ist ein weiteres aufstrebendes Land ins Rampenlicht gerückt. Aber auch hier können gewisse Probleme wie etwa das Leistungsbilanzdefizit nicht verleugnet werden.

Capanoglu: Solange das Leistungsbilanzdefizit bei fünf Prozent liegt, sehe ich für die Türkei keine Probleme. Übersteigt es sieben Prozent wäre das allerdings ein schlechtes Signal. Es ist jedenfalls wichtig die Verschuldung runterzubringen. Man darf nicht vergessen, dass die Türkei früher ein High-Beta-Markt war – haben andere Märkte korrigiert so auch die Börse in Istanbul. Zuletzt war das nicht der Fall. Kaum ein anderes Schwellenland hat heuer so stark performt. Heuer wird das BIP-Wachstum acht Prozent oder mehr ausmachen. Mein Ausblick für die Türkei bleibt jedenfalls positiv. Sollte allerdings nach den 2011 anstehenden Parlamentswahlen keine Einheitsregierung an der Macht sein, würde ich meine Einschätzung überarbeiten.

e-fundresearch: Was sind für Sie die wichtigsten Schwellenländermärkte?

Capanoglu: In den BRIC-Ländern sollten Investoren keineswegs untergewichtet sein – obwohl bekanntlich seit Jahresbeginn kleinere Schwellenländer stärker performt haben. In unserer Gesamtaktienauswahl haben die BRIC-Unternehmen ein Gewicht von 70 Prozent. Die Länder sind nicht nur wegen ihrer Größe wichtig, sondern zunehmend auch wegen der Rolle, die sie im globalen Kontext spielen. Das merkt man nicht zuletzt daran, dass sich die Regierungen immer mehr dazu äußern was in den Industrienationen passiert.

e-fundresearch: Welche Schwellenländerunternehmen sind für Ihre Gesamtaktienauswahl ein Thema?

Capanoglu: Grundsätzlich suchen wir Unternehmen, die vom Binnenwachstum profitieren, solide aufgestellt und gleichzeitig Marktführer in ihrer Branche sind. Das Management muss darüber hinaus gewisse Mindestkriterien der Corporate Governance erfüllen. Wichtig ist für uns zu verstehen wie Wachstum und Profitabilität zustande gekommen sind.

e-fundresearch: Gibt es Sektoren, die Ihnen besonders gefallen?

Capanoglu: Wir verfolgen keinen Sektorenansatz, die Gewichtung ist vielmehr das Ergebnis der Aktienauswahl. Gut gefallen uns aber Financials. Sie sind eine gute Möglichkeit um am Konsum-Boom in den Schwellenländern teilzunehmen und sind insgesamt sehr stabil aufgestellt. Der durchschnittliche ROI ist höher als in den entwickelten Ländern. Auf längere Sicht sehen wir auch das Rohstoffthema sehr positiv. Wir glauben, dass die Preise weiter steigen werden.

e-fundresearch: Frau Capanoglu, wir bedanken uns für das Gespräch!

 


Zum Emerging Markets Portfolio von Allianz Global Investors gehören unter anderem der Allianz RCM Brazil AT (LU0511871054) und der Allianz RCM Global Emerging Markets Equity (IE0000597124). Beide Fonds sind stark in klassische Schwellenländersektoren wie Financials sowie Rohstoff- und Energiewerte investiert. Der Allianz RCM Global Emerging Markets Equity hat auf Einjahressicht ein Plus von +23,08 Prozent zu Buche stehen. Der Allianz RCM Brazil wurde Anfang Oktober gelauncht und hat bislang eine Performance von -1 Prozent aufzuweisen.

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