DJE: Börsenaussichten für 2010

Dr. Jens Ehrhardt, CEO der DJE Kapital AG präsentierte im Rahmen der 25. Kapitalanleger-Tagung in Zürich-Regensdorf kürzlich seine Einschätzungen zur US Volkswirtschaft, zu China und den wichtigsten Märkten. Der Aufschwung ist noch nicht in Sicht. Funds | 05.02.2010 04:30 Uhr
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Stimulierung: Keynes-pur Dr. Jens Ehrhardt, CEO der DJE Kapital AG: "Die Ankurbelung durch Konjunkturprogramme hat natürlich zuerst einmal gewirkt. Eine Stimulierung in der Höhe von fünf Prozent des Welt-BIP gab es noch nie in dieser Größenordnung. Das ist ´Keynes pur´. Der gute Keynes hätte dabei sicher auch Angst bekommen, weil er selbst auch in den Dreißiger-Jahren vor zu großen Stimulierungen in Deutschland gewarnt hatte, weil dies zu Inflation führen würde." Die große Frage für Dr. Jens Ehrhardt ist aktuell, ob die Stimulierung zu einem selbsttragenden Aufschwung führt.

Verschuldung der Staaten

Die große Frage ist aktuell, ob diese Stimulierung in einen selbsttragenden Aufschwung übergeht. Dr. Jens Ehrhardt: "Was natürlich aufgrund der Defizite passiert ist, dass die Verschuldung einzelner Staaten nach oben geschossen ist. Die Gesamtverschuldung der USA in Prozent des BIP beträgt aktuell 369 Prozent. Wir haben geschätzt, dass dies eher bei 600 Prozent liegt, wenn man auch die Verpflichtungen von Medicare, Medicaid, Pensionen etc. auch noch mitberücksichtigt werden. In Griechenland wäre ein vergleichbarer Wert bei 900 Prozent. China liegt hier bei 130 Prozent, hat eine wesentlich gesündere Situation und kann dadurch auch mehr stimulieren. Es ist natürlich schwierig, die Verschuldungssituation als Einflussfaktor zu timen. In den Jahren 2007 und 2008 war die Baisse vor allem in der Verschuldungskrise begründet. Die anderen Faktoren waren eigentlich nicht so negativ."

Auslandskredite als Problem

Dr. Jens Ehrhardt weist darauf hin, dass es auch bereits in der Vergangenheit Phasen mit hoher Verschuldung gab. "In UK betrug der Verschuldungsgrad 250 Prozent während der napoleonischen Kriegen im 19. Jahrhundert, rund 170 Prozent im 1. Weltkrieg und zur Zeit des zweiten Weltkriegs rund 230 Prozent. Verglichen mit weniger als 100 Prozent heute war das natürlich ein deutliches Stück mehr. Aber das Problem ist, dass das damals relativ geschlossene Volkswirtschaften waren und diese nicht auf Auslandskredite angewiesen waren. Auch in Deutschland kamen nach dem 1. Weltkrieg die meisten Kredite aus Amerika und als sich dann die Weltwirtschaftskrise entwickelte und die Zeiten schlechter wurden, hieß es ´alles Geld zurück´. Die Deutschen saßen dann ohne jedes Kapital da und dann kam auch in Deutschland der dicke Konjunktureinbruch und letztlich auch Hitler usw. Es ist immer gefährlich, wenn die Ausländer das Geld geben. In den USA sind es heute zum großen Teil die Chinesen, die das Geld geben - und wehe wenn die einmal den Hahn abdrehen. Man sagt zwar, das käme nicht, weil sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden würden, wenn sie den US Dollar drücken und ihre eigenen Guthaben im Wert drücken. Vielleicht hätten sie jedoch dann Vorteile mit dem Renminbi, der ja an den US Dollar gekoppelt ist, wenn der Export besser läuft. Man weiß natürlich nicht, ob die Chinesen auf die Dauer so brav auf ihren Währungsreserven hocken bleiben. In der Zwischenzeit sind dies bereits 2.400 Milliarden US Dollar - also eine ganze Menge - verglichen mit den Gesamtschulden der USA in Form von Treasuries in der Höhe von 8.000 US Dollar."

Die Kapitalzuflüsse nach China halten auch an, aufgrund der positiven Handelsbilanz und nicht zuletzt aus Gründen der Spekulation auf eine Renminbi Aufwertung.

Hohe Schulden führen zu höheren Steuern

Es spricht für Dr. Jens Ehrhardt doch einiges dagegen, dass die Staaten mit Ihrer Schuldenpolitik wie bisher weitermachen können. "Da spricht doch einiges dagegen - zunächst mal politisch. Die Bevölkerung in den meisten Ländern wehrt sich langsam gegen hohe Schulden, weil danach höhere Steuern befürchtet werden. Auch in den USA erinnert man sich, dass nach dem zweiten Weltkrieg die Verschuldung in den USA hochging. Um das wieder abzutragen, hatten die Amerikaner dann sehr hohe Steuern eingeführt - in der Spitze bis zu 94 Prozent. Die marginale Steuerquote war bis vor 15 Jahren bei 70 Prozent." Höhere Steuern würden jedoch die Konjunktur stark bremsen und Präsident Obama hätte mit seinen Konjunkturprogrammen nur etwas Zeit gekauft.

Japan

Dr. Jens Ehrhardt: "Bei steigender Neuverschuldung müssen natürlich auch immer neue Anleihen aufgelegt werden um die Schulden zu finanzieren. Wenn natürlich in einem Land wie Japan, wo viel gespart wird und die Postbank nahezu alle Staatsanleihen kauft - und den Rest kauft der Staat seit einiger Zeit schon selbst - dann können sie den Zins bei 1,5 Prozent halten. Nachdem dies jedoch im Falle des US Dollar eine weltweite Geschichte ist, und viele Marktteilnehmer involviert sind, kann man sich vorstellen, dass die Gesetze von Angebot und Nachfrage eine Rolle spielen und die neuen Anleihen auf den Bondmarkt drücken werden. Alleine in diesem Jahr werden für rund 2.500 Millliarden US Dollar neue Anleihen ausgegeben. Das ist das Fünffache des Schnitts der letzten Jahre. Zusätzlich wurden die Laufzeiten gekürzt, weil die kurzfristigen Zinsen niedrig sind."

Dr. Ehrhardt weist in diesem Zusammenhang auf die Finanzierungsprobleme einiger Problembanken in Deutschland hin. Insgesamt sollten in diesem und nächsten Jahr 7.000 Milliarden US Dollar - das halbe US BIP - auf den Markt kommen, und zwar neue Anleihen, Zinsen auf die alten Anleihen und Tilgungen für die alten Anleihen. Zudem sei es nicht sicher, ob alle alten Anleihen-Investoren auch wirklich wieder die neuen Anleihen zeichnen, da die Renditen niedriger sind und evt. auch stärker diversifiziert wird - entweder in Immobilien, Gold oder Sachwerte. Bisher war noch nicht viel passiert, weil das Federal Reserve Anleihen in der Höhe von 2.000 Milliarden gekauft hatte.

Anteil von Anleihen in Depots erhöht

Dr. Jens Ehrhardt: "Der Anteil von Anleihen in Depots müsste sich zuletzt erhöht haben, weil sich die Aktienkurse im Durchschnitt in der Welt halbiert haben und somit deutlich weniger Aktien und dafür mehr Anleihen in den Depots sind. Wenn sich die Staaten jetzt ständig neu verschulden, nimmt das noch zu. Ich bin da etwas skeptisch, ob sich diese Defizite auf die Dauer finanzieren lassen."

Derzeit sei das Kaufen von Anleihen auch ein gutes Geschäft für Geschäftsbanken, die sich kurzfristig zu niedrigen Zinsen finanzieren und zu mehr als drei Prozent Staatsanleihen kaufen. Doch irgendwann sollte sich diese Situation auch umdrehen und die Anleihen müßten auch wieder verkauft werden. Die Savings & Loan Krise in den USA und das Katastrophenjahr 1994 auf den Rentenmärkten ist ein Hinweis auf diese Gefahr - jedoch damals noch mit vergleichsweise geringem Volumen. Vor diesem Hintergrund würden die Zentralbanken die Zinsen gar nicht wirklich erhöhen können. Die Geldmenge M1 war durch das Aufkaufen von Anleihen durch das Federal Reserve sehr stark angestiegen. Durch die Verringerung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wurde das Problem noch nicht ernst, aber auf der anderen Seite mußte man auch feststellen, dass die Massnahmen auch nicht sonderlich gewirkt hatten.

Wirtschaft läuft nicht gut

Dr. Jens Ehrhardt: "Meiner Meinung nach läuft die Wirtschaft trotz dieser riesigen Stimulierung nicht so gut, wie man das immer in den Zeitungen lesen kann." Die Daten zum amerikanischen Arbeitsmarkt zeigen, dass sich auf Basis von diversen Umfragen - payroll survey und household survey - derzeit unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Beide Datenserien sind noch im negativen Bereich, wobei die Daten aus den Haushalten derzeit deutlich schlechter sind und anzeigt, dass pro Monat immer noch 400.000 zusätzliche Arbeitslose gemessen werden. Insgesamt sind diese Umfragen auch eine ganz andere Art der Erfassung als in Deutschland, wo vom IFO-Institut von 3.000 Unternehmen genaue Daten erfasst werden.

Dr. Jens Ehrhardt: "Ich wüßte auch gar nicht, woher der große Aufschwung kommen sollte. Bei den niedrigen Kapazitätsauslastungen werden die Unternehmen nicht sehr viel neue Leute einstellen." Wichtig sind auch die verschiedenen Zeitreihen zur Arbeitslosenrate, einerseits die offizielle Zahl (10 Prozent), dann jene Arbeitslosenrate, die auch Personen umfaßt, die sich nicht mehr um eine neue Stelle bemühen (mehr als 17 Prozent) und geschätzten, nicht offiziellen Zahlen, die bei rund 22 Prozent liegen. Aus diesen Arbeitslosendaten wäre der Konjunkturaufschwung noch nicht sichtbar.

Gewinnsituation kleiner und mittlerer Unternehmen

In den USA ist es auch ein großer Unterschied, ob man große Unternehmen, die an der Börse notieren, betrachtet oder kleinere Unternehmen. Wie auch in Deutschland, wo der Mittelstand eine große Rolle spielt. In den USA sind ungefähr die Hälfte der Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen tätig und die andere Hälfte in Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten. Dr. Jens Ehrhardt: "Bei den kleineren Unternehmen sind die Gewinne nach wie vor im Keller. Bei den großen Unternehmen sieht es besser aus. Dabei ist jedoch sehr oft auch viel kreative Buchhaltung zu beobachten - vor allem im Bereich der Abschreibungen."

Immobilienpreise als Indikator  

Dr. Jens Ehrhardt: "Es hat mich immer wieder erstaunt, wie gering der Anteil des Arbeitseinkommens am Konsum war. Es stammen beträchtliche Mittel auch aus Steuergutschriften, Belehnung von Immobilien, etc. Diese Mittel lassen sich jedoch nicht mehr ausdehnen, sondern werden eher zurückgefahren. Der Aufschwung am Immobilienmarkt ist entweder schon wieder vorbei, oder es gibt auch schon wieder einen neuen Rückschlag. Zu beachten ist auch, dass der Anteil der Konsumenten, die jetzt mehr Hypothekenzinsen zahlen, zunimmt - auch aufgrund der ursprünglich sehr günstigen Teaser-Zinsen, die zu Beginn sehr niedrig waren. Die spätere Erhöhung der Zinsen ist auch ein Grund dafür, dass die Zwangsvollstreckungen immer noch durch die Decke gehen. Ein Viertel der Amerikaner weisen ein negatives Eigenkapital auf."

Dr. Jens Ehrhardt sieht weder von Seiten der Arbeitslosenrate noch bei der Entwicklung der Immobilienpreise Anzeichen für einen Aufschwung. Die Neubaubeginne sind sowohl in den USA als auch in Japan und in Deutschland auf historischen Tiefstständen. Der Mehrkonsum der letzten Jahre kam nur durch die Beleihung der Immobilien. Die Löhne sind real gesehen in den USA seit 20 Jahren nahezu unverändert. Der Immobilienmarkt wird wohl nicht der Konjunkturmotor sein.

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Lesen Sie mehr im 2. Teil dieses Artikels "Positive Einschätzungen für China" am Montag, dem 08. 02. 2010!

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