Aktiv durch die Krise

Nur wenige Fondsmanager schafften im Herbst letzten Jahres eine rechtzeitige Reduktion des Risikos und im März 2009 die Erhöhung der Aktienquote in gemischten Portfolios. Carmignac Gestion in Paris arbeitete sich aktiv durch die Krise und war damit erfolgreich. Eric le Coz, Carmignac, im Gespräch mit e-fundresearch.com in Paris. Funds | 21.07.2009 05:00 Uhr
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e-fundresearch.com: "Die Marktentwicklungen in den letzten Monaten waren sehr herausfordernd. Wo befinden wir uns heute?" Eric Le Coz: "Dazu muß man die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen beleuchten. In den letzten Monaten gab es wichtige Veränderungen. Ein aktueller Lichtblick ist die Abschwächung des Lagerabbaus der globalen Wirtschaft. Das bedeutet zwar noch nicht, dass bereits wieder richtige Nachfrage und ein Aufbau der Lagerbestände stattfinden würde. Um das umfassend zu beurteilen ist es noch etwas zu früh. Im IT Bereich sehr wir jedoch schon wieder einen Anstieg der Aufträge und Lieferungen. Der Aufbau der Lager sollte wieder etwas frische Luft in die globale Wirtschaft bringen und dabei helfen, die globale Wirtschaft zu stabilisieren. In den USA ist das Bankensystem jetzt auf etwas festeren Beinen wie zu Beginn des Jahres. Ein Phänomen, mit dem wir in Europa leider noch kämpfen werden müssen. Die EZB hat den Banken umfangreiche, günstige Liquidität zur Verfügung gestellt aber die Restrukturierungen benötigen sicher noch mehr Zeit. Die Maßnahmen auf der Fiskalseite, die von der Obama Administration gesetzt wurden - und evt. noch nicht ausreichen werden - sollten sich erst im dritten und vierten Quartal auswirken. Ein wirklich positives Signal ist, dass sich große Schwellenländer gut erholen und deren Wachstum ziemlich robust ist und zu einem wichtigen Teil vom Inlandskonsum getrieben ist. Der große Unterschied zwischen den Industrieländern und Schwellenländern ist, dass es strukturelle Probleme in den Industriestaaten und OECD Ländern gibt, weil der generelle Deleveraging Prozess noch anhält. Dies wird die Erholung der Konjunktur noch einbremsen. Wenn sich dann die Wirtschaft erholt hat, werden die Regierungen und Zentralbanken allerdings wieder Schritte setzen um die Verschuldung und die Zinsenbelastung wieder zu reduzieren."

e-fundresearch.com: "Wie beurteilen Sie die bisherigen Maßnahmen der Zentralbanken und Regierungen. In welche Richtung geht die Reise?"

Eric Le Coz: "Das Problem ist, dass wir uns in wirtschaftspolitischer Hinsicht in einem noch unbekannten Territorium bewegen. Wenn noch mehr Liquidität zur Verfügung gestellt wird, riskiert man evt. Währungsabwertungen und höhere Finanzierungskosten wenn sich die Qualität des Schuldners verschlechtert. Man muß hier sicherlich eine Balance zwischen weiteren Stimulierungsmaßnahmen und den möglichen Schäden aus einer Erhöhung der Defizite finden. Hier gibt es sicherlich auch Grenzen wie weit man gehen kann. Wo diese Grenzen sind, kann jetzt noch nicht gesagt werden."

e-fundresearch.com: "Nach welchen Anhaltspunkten suchen Sie als Fondsmanager in diesen unsicheren Zeiten?"

Eric Le Coz: "Wir sind davon überzeugt, dass wir aus dieser Krise rauskommen werden. Wir sind auch davon überzeugt, dass sich die Weltwirtschaft erholen wird und dies sich noch verstärken wird. Das Gravitationszentrum für Wachstum wird sich in große Schwellenländer - wie China und Indien - verlagern. Dies sind strukturelle Trends, die wir sehen. Wir erwarten auch, dass die Kapitalkosten für Haushalte und Unternehmen in Zukunft höher sein werden. Es wird auch weniger Leverage im System geben, weil Konsum auf Kredit eingeschränkt sein wird. Es wird sich auch erst herausstellen, ob sich die Fiskalmaßnahmen in den USA im gewünschten Ausmaß auf den Konsum auswirken werden. Die Aktienmärkte haben sich zu einem gewissen Grad normalisiert. Aber in einem solchen Umfeld sinkt auch die Toleranzgrenze für Enttäuschungen seitens der Unternehmen.

e-fundresearch.com: "Welche konkreten Punkte sind bei der Beurteilung von Unternehmen heute wichtig?"

Eric Le Coz: "Wir müssen auf jeden Fall wieder zurück zur Analyse der Gewinnentwicklung und in einen Zustand wo der Ausblick des Unternehmens wieder ein wichtiger Faktor ist. Wir müssen auch wieder die Wirtschaftsdaten in den USA genau beobachten können - Immobilienmarkt, Einkaufsmanager-Index, Industrieproduktion, etc. Der Faktor Arbeitslosigkeit ist nicht ganz so wichtig, weil er ein nachlaufender Indikator ist."

e-fundresearch.com: "wie sehen sie die aktuelle Diskussion zur Frage Inflation oder Deflation?"

Eric Le Coz: "Bleiben wir pragmatisch. Wir haben es wahrscheinlich geschafft, der Deflation zu entkommen. Es ist jedoch auch zu früh, sich Sorgen über Inflation zu machen. Dies kann vielleicht später einmal zu einem Problem werden aber dazu ist es auf jeden Fall noch zu früh. Wenn Zinsen zu früh erhöht werden um die Inflationsgefahr einzudämmen, kann dies wieder die Gefahr für einen Abschwund Deflation erhöhen."

e-fundresearch.com: "Welche Fundamentaldaten beobachten Sie derzeit am genauesten?"

Eric Le Coz: "Wir beobachten bereits eine ganze Weile lang diverse Indikatoren und Zahlen wieder sehr genau, beispielsweise den Einkaufsmanager-Index in den USA, Kupferpreise und Lagerbestände, Exporte, Interbanken Liquidität, etc. Dies gibt uns ein ziemlich gutes Bild und ermöglicht uns eine Einschätzung."

e-fundresearch.com: "Wie wichtig ist Gold als Investment?"

Eric Le Coz: "Gold ist sehr wichtig als Absicherung. Die Bedeutung von Gold dürfte aktuell etwas geringer sein aber ich würde bei der Beurteilung noch vorsichtig sein. Wenn im Herbst in den USA zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, dann würde Gold bei einer Konjunkturerholung in den USA und einem stärkeren US Dollar etwas von seiner Attraktivität verlieren. Aber Rohstoffe und Edelmetalle sind ein wichtiges Investmentthema und es gibt auch große Nachfrage aus den Schwellenländern."

e-fundresearch.com: "Wie schätzen sie das Potenzial der Aktienmärkte in Europa ein? Gibt es ein Risiko, dass Europa in der Erholung zurückbleibt."

Eric Le Coz: "Das Problem ist, dass es in Europa unterschiedliche Sichtweisen gibt. Im Rahmen des G-20 Treffens in London gab es große Übereinstimmung in Europa und man hat mit einer Stimme gesprochen. Jetzt scheint die deutsch-französische Einigkeit doch nicht so zu funktionieren. Die Antworten auf die Krise waren etwas unterschiedlicher. Die Heterogenität in Europa ist ein Problem. Wenn man jedoch nicht koordiniert vorgeht, dann muß man scheitern. Dies kann sich auch auf die Märkte auswirken."

e-fundresearch.com: "Wie beurteilen Sie Osteuropa?"

Eric Le Coz: "Polen hat gegenüber den kleineren Ländern Vorteile. Insgesamt könnten einige Länder durch Abwertungen kurzfristig profitieren. Ich wäre überrascht, wenn Lettland nicht abwerten würde. Man hat selten schwere Krisen ohne Abwertungen gesehen. Das ist natürlich auch ein gewisses Risiko. Auf der anderen Seite gibt es den IWF, der über die Ressourcen verfügt um diese Länder zu unterstützen."

e-fundresearch.com: "Der Track Record des Carmignac Teams bei globalen Balanced Mandaten ist über längere Zeit ausgezeichent. Wie hat es Carmignac in den letzten Monaten geschafft, mit gemischten Fonds so gut durch die Krise zu navigieren?"

Eric Le Coz: "Wir sind aktive Fondsmanager. Wir sind nicht wirklich risikoavers. Manchmal mögen wir auch Risiko. Aber man muß auch den Mut haben, in bestimmten Situationen Risiko zu reduzieren und aus bestimmten Veranlagungen auszusteigen. Im Herbst letzten Jahres - als die Probleme bei Lehman Brothers sichtbar wurden - haben wir nahezu unser gesamtes Aktienrisiko abgesichert und nur selektive Veranlagungen in Schwellenländern und Rohstoffen behalten."

e-fundresearch.com: Was ist wichtiger: das Risiko zum richtigen Zeitpunkt zu reduzieren oder wieder zum richtigen Zeitpunkt zu investieren?

Eric Le Coz: "Grundsätzlich sind beide Entscheidungen wichtig. Aber das Risiko rechtzeitig zu reduzieren ist wohl noch wichtiger. Es ist weniger kritisch bei einer Erholung etwas zu spät zu sein. Nachdem wir letztes Jahr im Herbst die schwierige Marktphase sehr gut überstanden hatten, konnten wir auch Anfang März 2009 in einem Umfeld, wo extremer Pessimismus vorherrschte, auch wieder suzkessive investieren - wenn auch nur für kürzere Zeiträume. Dies hat sich als sehr günstig herausgestellt. Grundsätzlich sind volkswirtschaftliche Einschätzungen für uns sehr wichtig. Wir gehen sehr pragmatisch vor. Dafür muß man jedoch auch die Möglichkeit haben, unabhängig zu agieren, frei zu denken und seine eigene Strategie umzusetzen. Wir sehen das als einen unserer wirklich großen Voreile."

Eric le Coz ist Head of Product Development und Mitglied des Investment Komittees bei Carmignac Gestion in Paris.

Der Carmignac Patrimoine A (globale Aktien / Anleihen, mind. 50 Prozent in Anleihen und Geldmarkt), Benchmark: 50 Prozent MSCI World, 50 Prozent Citigroup WGBI) erzielte vom 30. 6. 2004 bis Anfang Juli 2009 ein Plus von +57,9 Prozent und konnte sich auch in der Krise sehr gut behaupten. 

 

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