e-fundresearch.com hat bei den besten Fondsmanagern der Assetklasse nachfragt, wie sie die Entwicklungschancen im aktuellen konjunkturellen Umfeld einschätzen.
Kreditkrise hatte keinen starken Einfluss
„Der direkte Einfluss der Kreditkrise auf den Bereich Pharma und Biotech hat sich stark in Grenzen gehalten“, so Noushin Irani, Managerin des DWS Zürich Invest Life Science. So sei der Absatz von Medikamenten von der Konjunkturentwicklung nicht beeinflusst gewesen. Profitiert hat die Assetklasse zweifellos auch von der traditionellen Klassifizierung als defensiv und nicht-zyklisch. So haben sich im Laufe des Jahres bekanntlich viele Anleger aus Rohstoff-, Energie- und Versorgeraktien zurückgezogen, um auf Pharma und Biotech zu setzen. Gerd Philippaerts, ING Investment Management: „Vor allem im zweiten Halbjahr zeigte sich eine Outperformance der sicheren großen Pharma-Unternehmen gegenüber anderen Segmenten des Healthcare-Sektors. Die Kreditkrise hat zu einer Umschichtung in defensivere Qualitätsunternehmen geführt. Vor allem europäische Unternehmen standen wir auch im Fokus.“
Finanzierung bereitet einigen Unternehmen Probleme
Ganz konnte sich die Pharma- und Biotechbranche freilich nicht von dem negativen Marktumfeld abkoppeln. „Während Pharmaunternehmen ablaufende Patente und der zunehmende Wettbewerb seitens Generika zu schaffen machten, haderten Biotechfirmen zunehmend mit der Finanzierung“, so Robert Hodgson, Manager des BGF World Healthscience Fund. Vor allem kleineren Unternehmen würde der Kapitalbedarf im Zuge der Kreditklemme zu schaffen machen. Auch bei Fortis Investments (siehe Grafik: relative Stärke Healthcare Indizes vs. S&P 500) will man eine gewisse Krisensensibilität festgestellt haben. „Der Absatzrückgang bei Arzneimitteln, Implantaten oder bei Hörgeräten weist darauf hin das die Konsumenten derzeit bestimmte Ausgaben für medizinische Zwecke aufschieben“, so Anne Underhill, Senior Portfolio Manager, Global Equities. Angesichts der Krise liegt der Vorteil jetzt ganz klar bei Firmen, die unabhängig von der Konjunkturlage einen starken Cash Flow generieren können.
Ringen um Patente erhöht den Wettbewerb
Die großen Themen, die die Branche mittelfristig prägen werden bleiben nach Ansicht von Experten Innovationen und M&A. Vor allem das alljährliche Auslaufen von Patenten dürfte weiterhin für ein kompetitives Marktumfeld sorgen. Da die Produktentwicklung nur selten von Erfolg gekrönt ist, brechen vielen Unternehmen über kurz oder lang die Umsätze weg, was zwangsläufig Fusionen und Übernahmen zur Folge hat. Dazu kommen der zunehmende Preisdruck seitens der billigeren Generika sowie neue regulatorische Anforderungen. Positiv auffallend ist für viele Experten hingegen, dass sich Biotechfirmen zunehmend als der Forschungs- und Entwicklungsmotor für Pharmaunternehmen etablieren.
Während viele Beobachter davon ausgehen, dass das Börsegeschehen in den ersten Monaten des neuen Jahres von negativen Nachrichten aus fast allen Branchen geprägt sein wird, könnte das im Bereich Healthcare anders sein. Bei UBS erwartet man etwa angesichts von mehr als 800 Produkten, die sich in klinischen Studien befinden eine Reihe von Markteinführungen, die sich positiv auf den Sektor auswirken können. Nichtsdestotrotz müsse man auch hier damit rechnen, dass Gewinneinschätzungen nach unten revidiert werden, heißt es seitens der Schweizer Großbank.
Positive Aussichten für 2009
Ein Schlüsselfaktor für die Performance des Sektors im kommenden Jahr werden die Erwartungen der Investoren hinsichtlich der Konjunkturentwicklung sein. Gerade in Phasen des Aufschwungs wenden sich Anleger bekanntlich gerne eher zyklischeren Werten zu. „2009 wird der Gesundheitssektor sicherlich die Märkte weiter outperformen, wenn man davon ausgeht, dass die konjunkturelle Situation weltweit angespannt bleibt“, ist DWS-Managerin Irani überzeugt. Von der zu erwartenden neuen Welle von M&A-Aktivitäten dürften vor allem Biotechunternehmen profitieren. Wachstum ist vor allem auch in Schwellenländern zu erwarten. Fidelity Fondsmanagerin Hilary Natoff: „In Ländern wie China oder Brasilien und auch in Afrika werden steigende Bevölkerungszahlen bzw. wachsende Einkommen zu höheren Ausgaben im Gesundheitsbereich führen.“ Hans Leitner, Manager des ESPA Stock Pharma, ist für die Entwicklung der Assetklasse positiv gestimmt. „Im Pharmabereich könnte es 2009 insgesamt ein leichtes Plus werden, bei Biotech-Aktien könnte die Performance sogar deutlich zulegen, da hier der Obama-Effekt zum Tragen kommen könnte“, so Leitner.
Mögliche Gesundheitsreform der USA wird Pharmasektor beeinflussen
Der künftige US-Präsident Barack Obama hat tatsächlich ambitionierte Pläne das Gesundheitssystem umfassend zu reformieren. Sein Vorhaben eine allgemeine Krankenversicherung einzuführen würde zweifellos für eine positive Entwicklung für den Pharmabereich sprechen. Bei Union Investment rechnet man ebenfalls mit Auswirkungen auf den Sektor: „Vor allem die Gesundheitsreform in den USA unter Obama wird den Sektor natürlich beeinflussen. Gleichzeitig wird die Spitze der amerikanischen Zulassungsbörde in den USA im Laufe der kommenden Monate neu besetzt werden. Es werden auch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen für biotechnologische Medikamente eingeführt werden. Bisher traf dies nur für traditionelle Medikamente zu. Gleichzeitig werden allerdings in der westlichen Welt die Budgets für die öffentliche Gesundheitsversorgung knapp.“ Fraglich ist somit, ob die schlechte Konjunktursituation Obamas Plänen nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Auch könnte die politische Diskussion mehr Zeit in Anspruch nehmen als erwartet. Black Rock-Fondsmanager Hodgson erwartet etwa, dass das kommende Jahr von einer Reformdebatte geprägt sein wird, die zu keinen nennenswerten Gesetzesbeschlüssen führt.
Alle Daten per 10.12.2008 in Euro
Quelle: