Update vom Top Value Manager Treffen

Graham French (M&G), Prof. Carlos Jarillo (SIA), Jan-Peter Dolff (Comgest), Damien Lanternier (Financiére de L´Echiquier) und andere diskutierten im Rahmen der 5. Acatis-Value-Konferenz in Frankfurt mit Gastgeber Dr. Hendrik Leber aktuelle Marktentwicklungen. Funds | 02.06.2008 05:00 Uhr
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"Viel Information hilft in den seltensten Fällen, die richtigen Entscheidungen zu finden. Details können den richtigen Blick auf das Wesentliche verstellen." Mit dieser Einschätzung sah sich Acatis- Geschäftsführer Dr. Hendrik Leber zum Abschluss der 5. Acatis-Value- Konferenz in Frankfurt im Einklang mit den meisten seiner Referenten.

Portfolioumschlag von 13 auf 110 Prozent gestiegen

Leber präsentierte zu Beginn Statistiken, wonach seit den 50er Jahren der Portfolioumschlag in Aktienfonds von damals 13 auf heute über 110 Prozent gestiegen sei - "durch häufiges Umschichten vernichten Privatanleger bei der Fondsanlage Geld."

Dass auch die Köche - die Fondsmanager - nicht immer selber essen, was sie für andere anrichten, machte eine Acatis-Umfrage unter 25 Value-Portfoliomanagern deutlich, die im eigenen Portfolio durchschnittlich drei bis fünf Aktien haben, ihre öffentlichen Portfolios für die Kunden aber aus 15 bis 35 Positionen zusammenstellen. Dabei gebe es mit der Kelly-Formel eine einfache Möglichkeit, einen optimalen Investitionsgrad festzulegen. Die Herausforderungen dabei seien die richtige Bestimmung der Renditeerwartung und die der Varianz, also der Unsicherheit. Die Renditeerwartung sei noch recht einfach zu bestimmen; vor allem steige mit zunehmendem Zeithorizont die Prognosequalität selbst einfacher Kennziffern. Schwieriger sei die Bestimmung der Varianz. Wer unsicher ist, muss breiter streuen; historische Volatilitäten nützen nicht viel; doch Szenariomodelle liefern gute Ergebnisse.

Volatilität und Risiko

Prof. Carlos Jarillo von Strategic Investment Advisors (Suisse) S.A. (Schweiz) beleuchtete die Unterschiede zwischen Volatilität und Risiko. So können beispielsweise manche Investitionsprojekte hoch volatil, und dennoch sehr sicher (und profitabel) sein. Ein langfristiger Investor sollte sich wie ein Unternehmer mehr um das effektive reale Risiko, als um die Volatilität der an einer Börse gehandelten Aktie kümmern. "Der Faktor Volatilität beachtet immer nur gemessene Werte der Vergangenheit, hat aber nichts mit dem wahren Risiko zu tun. Niemand kennt zukünftige Volatilitäten."

Wer sich ohne fundamentale Analyse von Unternehmensdaten an den Volatilitäten orientiere, gehe einerseits unnötig hohe Risiken ein, lasse andererseits viele Gewinnchancen außer Acht. Zu den fundamentalen Erkenntnissen, die nie vergessen werden sollten, so Jarillo, gehöre, dass letztlich alle Gewinne aus profitabler Produktion stammten, nie aber aus wie oft auch ineinander verpackten Finanzprodukten. Jarillo: "Es gibt keine Abkürzung zum Gewinn, die an der Realwirtschaft vorbeiführt." Auch der legendäre US-amerikanische Investor Warren Buffett entscheide nicht nach Statistiken, sondern auf der Basis von Geschäftsmodellen, die er nach eigener Darstellung auch versteht und für ausreichend krisensicher hält. "Komplexe Finanzprodukte sind dagegen der Versuch des Outsourcing des eigenen Denkens."

Analystenprognosen: zweifelhafter Wert

Dr. Matthias Stanzel von Ernst & Young Frankfurt zeigte in seinem Referat Forschungsergebnisse, die, so Konferenzmoderator Wilhelm Kötting, "belegen, was wir schon immer wussten: Die Empfehlungen von Emissionshäusern sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind." Stanzel hatte auf breiter empirischer Basis die Qualität des Aktienresearches von Finanzanalysten untersucht und konnte zeigen, dass gerade eben noch die mittelfristigen Analysen (13 bis 15 Monate) unabhängiger Analysten brauchbar sind. Nicht verwendbar sind längerfristige Prognosen von Analysten jeder Art, und vor Analysen von Emissionshäusern sollte man sich immer hüten.

Bessere Informationsquellen: Insiderinformationen

Bessere Informationsquellen als die Analysten sind offensichtlich Insider; das belegten gleich zwei Referate. Dr. Ulf von Lilienfeld-Toal, Stockholm School of Economics, hatte eine empirische Analyse auf Basis von US-Daten von 1992 bis 2003 durchgeführt, warum Manager Aktien der eigenen Firmen halten - ausreichende deutsche Datenquellen dazu fehlen bisher. Die Renditen der Eigentümerfirmen, so das Resultat, sind signifikant besser als der Markt. Wenn Manager mehr als 15 Prozent ihrer Firmen besitzen, so sind die Renditen fast immer 10fach besser als im Marktdurchschnitt, in Einzelfällen auch darüber.

Europäische Datenbank mit Insiderinformationen

Ebenfalls mit Insiderinformationen, diesmal in Form einer eigenen Datenbank mit europäischen Daten, befasste sich Patrick Hable, 2iQ Research, Frankfurt. Einige Ergebnisse daraus: Insider sind Value-Investoren und sie verhalten sich antizyklisch. Vorsicht ist für andere Anleger immer dann geboten, wenn Insider massiv verkaufen. Dennoch lohne es sich besonders in Extremsituationen, auf das Verhalten der Insider zu schauen. Wenn Insider massiv kaufen, dann steigen auch die Kurse. So war es gerade in den vergangenen Monaten zu beobachten.

Globalisierung bedeutet auch Nachfrage der Anderen

Fondsmanager Graham French von M&G International Investments, London, ging auf die dramatischen globalen, politischen und demografischen Verschiebungen der Gegenwart ein. "Seit Anfang der 90er Jahre haben drei Milliarden Menschen vorher nicht gekannte wirtschaftliche Freiheiten erlangt, allein die 1,3 Milliarden Chinesen sind sechsmal mehr Menschen, als die Europäische Union zählt. Wenn alle diese Menschen Auto fahren und Häuser bauen wollen, ist es unausweichlich, dass die Rohstoffpreise weiter steigen müssen." Sein Investmentansatz zielt damit auf unterbewertete Güter der realen Wirtschaft ab - "das sollte Anlegern ausgezeichnete langfristige Renditen ermöglichen." So investiert er in Rohstoffe wie Kupfer, Kohle, Nickel, aber auch Gebrauchsgüterhersteller mit besonderem Markenimage. Chinesische Frauen wollen sich auch gerne mit Beauty-Produkten von Procter & Gamble oder L´Oreal stylen.

French warnt aber davor, in Unternehmen zu investieren, die Produkte anbieten, welche die aufstrebenden Staaten heute schon billiger selber herstellen könnten, also etwa Autos oder Stahl. Bessere Investmentmöglichkeiten sieht er hingegen bei Produkten, die diese Länder noch nicht selber herstellen, aber haben wollen - "die deutschen Moselwinzer wissen gar nicht, was auf sie zukommt, wenn die Chinesen anfangen, ihren derzeitigen Weinkonsum von durchschnittlich einem Teelöffel pro Jahr in Richtung der 70 Liter pro Person zu steigern, die in Deutschland getrunken werden.

Heuristik besser als komplexe Modelle

Prof. Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin, konnte Forschungsergebnisse präsentieren, wonach heuristische Verfahren deutlich bessere und schnellere Ergebnisse bringen als komplizierte mathematische Modelle. Gigerenzer ging zum Beispiel darauf ein, dass ausgerechnet der Nobelpreisträger Harry Markowitz das von ihm entwickelte Anlageoptimierungsmodell nicht für seine eigenen Investmententscheidungen verwendete - weil es für seinen Bedarf zu komplex war.

Die heuristische Anlage in zehn gute Fonds über zehn Jahre brachte nach Markowitz´ Ansicht eine leicht höhere Rendite als komplexe Verfahren - und Gigerenzer sieht diese Einschätzung durch empirische Studien heute bestätigt.

"Ein einfacher Entscheidungsbaum mit drei oder vier Stufen ist robuster und damit tragfähiger als komplizierte Modelle." Das gelte nicht nur für die Klassifizierung von Risikopatienten auf Intensivstationen, sondern auch bei Anlageentscheidungen.

Weitere Vorträge der Konferenz befassten sich mit den Themen "Anlegen mit
Überzeugung": Wie viel Vertrauen brauchen Portfolio-Manager? (Jan-Peter Dolff, Comgest Deutschland, Düsseldorf) und "Konzentration in der ‚Value´- Welt" (Damien Lanternier, Financière de l´Echiquier, Paris).

Dolff machte sich insbesondere die Position zu eigen, dass der antizyklische Einstieg langfristig der richtige sei. "Wir beschränken uns bei unseren Entscheidungen auf die fundamentalen Daten und versuchen, Paniken auszuklammern." So könne aus einem Griff in ein fallendes Messer bei ausreichender Geduld ein Glücksgriff werden.

Lanternier seinerseits griff das Problem der Unsicherheit auf, der nur durch Diversifizierung zu begegnen sei. "Wir beobachten und führen zwar rund zweitausend Unternehmen weltweit in unserer Datenbank und wählen daraus dann rund 50 Unternehmen für das Portfolio unseres Agressor-Fonds aus, achten aber immer darauf, in keine Aktie mehr als vier Prozent des Portfolios zu investieren."

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
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