EM-Anleihen als Renditegarant?

Kapitalmärkte unterliegen einer konstanten Veränderung. Besonders augenfällig ist derzeit der Wandel bei Anleihen von Schwellenländern (Emerging Markets). Noch vor kurzem haben diese Länder fast ausschliesslich Anleihen in US-Dollar begeben. Nun geht der Trend zu Emissionen in lokaler Währung, so Marco Engesser. Funds | 14.02.2008 06:00 Uhr
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Heute präsentiert sich ein anderer Markt. Schwellenländer emittieren Staatsanleihen vorwiegend in lokalen Märkten, Risikoprämien sind tief und Unternehmensanleihen dominieren neu auf dem US-Dollar Markt. Bei Anlagen in lokalen Devisen verlief der Wandel ähnlich stark. Ein solches Engagement hat sich innerhalb kurzer Zeit von einer exotischen Investition zu einer Anlageklasse entwickelt, die zur Diversifikation eines Portfolios und zur Renditesteigerung beiträgt. Die Aufwertung gegenüber dem US-Dollar und die hohen Zinsen in Lokalwährungen haben den Anlegern in den letzten zwei Jahren hervorragende Renditen beschert. Lässt sich diese Performance wiederholen?

Erstaunliche Ereignisse

In der zweiten Jahreshälfte 2007 waren wir Zeugen erstaunlicher Ereignisse, welche die Finanzmärkte erschütterten. Bis anhin waren die Volkswirtschaften der Schwellenländer anfällig für Finanzkrisen. Dieses Mal jedoch breitete sich die Krise in vielen Regionen der Welt aus – nur nicht in den Schwellenländern. Sie haben sich von den Industrieländern einem gewissen Masse abgekoppelt. Dafür gibt es gute Gründe. In der Vergangenheit waren diese Staaten auf Geld aus den Industrieländern angewiesen, um ihre chronischen Defizite zu finanzieren. Global gesehen müssen sich die Leistungsbilanzen ausgleichen, da die defizitären Länder nur in dem Masse Geld beschaffen können, wie die Länder mit Überschüssen diese Gelder bereitstellen.

"Heute weisen die Schwellenländer als Ganzes einen Überschuss auf, während vor allem die USA immer höhere Schulden auftürmen", so Marco Engesser, Fondsmanager bei Clariden Leu. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat errechnet, dass der Grossteil des Wachstums der weltweiten Ersparnisse in den vergangenen fünf Jahren auf Asien, den Nahen Osten und Russland entfiel. Die Verschiebungen der Leistungsbilanzüberschüsse waren derart dramatisch, dass Anleger die Emerging Markets mittlerweile schon als «sicheren Hafen» betrachten. Dies war in den vergangenen Wochen augenfällig, als aus dem Nahen Osten und aus Asien dringend benötigtes Kapital einigen der grössten Banken der Welt zur Verfügung gestellt wurde.

Sicherheit gegen den US-Dollar

Wurden Vermögenswerte in Lokalwährungen einst durch den permanenten Abwertungsdruck von den Anlegern verschmäht, sind sie heute eine willkommene Absicherung gegen den sinkenden US-Dollar. "Auf Emerging Markets spezialisierte Fonds verzeichneten in den letzten drei Monaten Rekordzuflüsse. Diese Ströme sorgen kurzfristig für stärkeren Aufwertungsdruck. Aber auch auf mittlere Sicht spricht einiges dafür, dass die Lokalwährungen weiter zulegen werden", so Engesser. 

Dies gilt besonders für einige asiatischen Währungen, wie den Chinesischen Renminbi. Chinesische Regierungsvertreter haben die Forderung nach einer stärkeren Aufwertung des Renminbi zwar abgelehnt, konnten damit jedoch eine noch schnellere Aufwertung der Währung nicht verhindern. Ein Wirtschaftsboom, gekoppelt mit hoher Liquidität aus dem Handelsbilanzüberschuss, hat eine Aktienrally und einen Höhenflug des Immobilienmarktes ausgelöst. Derweil verstärkt die chinesische Zentralbank ihre Bemühungen eine Konjunkturüberhitzung zu vermeiden und erhöhte die Zinsen.

Führende Wirtschaftsmacht China  

China hat sich im Welthandel als eine führende Wirtschaftsmacht etabliert. Wenn das Land jedoch die ökonomischen Ungleichgewichte in den Griff bekommen will, muss es eine flexiblere Wechselkurspolitik betreiben. Dadurch würde sich wahrscheinlich der Aufwertungsdruck auch auf andere asiatische Währungen verstärken. Viele Regierungen verhindern dies, damit die Unternehmen ihrer Länder gegenüber der chinesischen Konkurrenz wettbewerbsfähig bleiben.

Engesser: "Die konjunkturellen Trends in Asien deuten auf ein anhaltend starkes Wachstum hin. Laut Schätzung des Economist Intelligence Unit wird das reale BIP-Wachstum 2008 mehr als 7% betragen."

Urbanisierung in den Schwellenländern

"Der Urbanisierungstrend wird in den kommenden Jahren ein wichtiger Konsummotor in den Schwellenländern sein", so Engesser. "Im Zuge des Wandels von Agrar- zu Dienstleistungs- und Produktionsgesellschaften wird die Industrialisierung rasch voranschreiten. Die Abwanderung von Arbeitern aus ländlichen Regionen in die Fabriken und Büros der Grossstädte wird mit steigendem Tempo weitergehen." Nach Schätzungen der Weltbank strömen dabei jedes Jahr 60 Millionen Menschen in die Städte. Dadurch entsteht eine urbane Mittelschicht mit einem steigenden Pro-Kopf-Einkommen, sodass die Schwellenländer mittlerweile einen beträchtlichen Anteil zum globalen Konsumwachstum beisteuern.

BRIC-Staaten als Gewinner

Gewinner dieser Entwicklung sind die so genannten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Brasilien dürfte dabei weiter positiv Überraschen. Das Land zeichnet sich durch eine stabile Regierung, eine durch die Rohstoffnachfrage florierende Wirtschaft und historisch niedrige Zinsen aus. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass Konsum und Wachstum auf einem hohen Niveau bleiben und positiv auf den Brasilianischen Real wirken.

Neben den BRIC-Staaten hat Goldman Sachs elf weitere viel versprechende Länder ermittelt. Von den «Next 11» wird erwartet, dass sie eine ähnliche wirtschaftliche Erfolgsstory wie die BRIC-Staaten schreiben werden. Zu ihnen gehören Ägypten, Indonesien, Südkorea, Nigeria und die Türkei – alles Länder, die sich durch starkes Bevölkerungswachstum und ausgeprägte Urbanisierungstrends auszeichnen. Engesser: "Diese Entwicklungen sprechen zweifellos für eine verstärkte Abkopplung der Schwellenländer von globalen Wirtschaftszyklen."

Inflationsdruck

Kehrseite des starken Wachstums in den Schwellenländern ist die steigende Inflation. Der Aufwärtstrend der Rohstoffpreise, die hohe Kapazitätsauslastung und der rege Konsum trieben die globalen Verbraucherpreise im 4. Quartal 2007 über die 3%-Marke. Der Inflationsdruck in den Schwellenländern ist höher und weiter zunehmend. JP Morgan erwartet, dass die Teuerung in der ersten Hälfte 2008 bei rund 6% ihren Zenit erreichen wird. Einige EM-Zentralbanken haben mit Zinserhöhungen über die 10%-Marke, wie etwa in Südafrika, reagiert. "Mit Blick auf die fallenden Zinsen in US-Dollar sehen die Nominalzinsen der Schwellenländer für Investoren attraktiv aus. Diese positive Zinsdifferenz dürfte eine eventuelle, vorübergehende Schwäche der EM-Währungen abfedern", so Engesser.

Fazit

Die Aussichten für ein starkes und nachhaltiges Wachstum der Schwellenländer sind nach wie vor positiv. Die in den letzten Jahren immer grösser werdende Bedeutung dieser Länder im Welthandel und in der Vermögensbildung ist bemerkenswert. Urbanisierungstrends bringen eine steigende Kaufkraft hervor und begünstigen so das Entstehen von sich selbsttragenden Konjunkturtrends, welche weiter einen hohen Kapitalbedarf nach sich ziehen. "Anleger finden mit Investitionen in EM-Lokalwährungen attraktive Renditen, welche das Risiko kompensieren. Heute sind Anlagen in Emerging Markets die Trümpfe in einem global ausgerichteten Portfolio", so Engesser abschließend.


Zum Autor: Marco Engesser ist seit Januar 2008 Fondsmanager der Clariden Leu (Gue) Short Term Bond Fund USD, Bond Fund USD, Inflation Linked Bond Fund USD und Inflation Linked Bond Fund EUR. Er managed auch den Clariden Leu (Gue) Local Currencies EMMA Fund. Er trat 2005 in die Abteilung Investment Management bei der ehemaligen Clariden Bank ein. Zuvor arbeitete er drei Jahre als Portfolio Manager für festverzinsliche institutionelle Mandate bei der Zürcher Kantonalbank sowie als Fixed Income Trader bei der Credit Suisse First Boston während mehr als zehn Jahren. Er ist ein Charter holder des CFA Institutes.


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